FriedwaldDie Bestattungsstätte in Lohmar ist schon viermal so groß wie zu Beginn
Lohmar – Durchdringend ertönte der Kuckucksruf, ein Kaltblüter-Rückepferd schnaubte, ein Reh erschien auf der Lichtung, und einmal trabte an einer Trauergemeinde sogar eine Rotte Wildschweine vorbei: In dieser Kulisse erscheint Axel Horn als Regisseur, doch muss der Förster kein Tonband mit Vogelstimmen abspielen, wie ein Besucher vermutete, und auch sonst nichts inszenieren.
Der Bestattungsort lebt. Vor zehn Jahren startete der Friedwald auf einem kleinen Areal im Lohmarer Stadtwald. Heute ist er rund viermal so groß, und er soll weiter wachsen, das hat unlängst der Stadtrat beschlossen.
4900 Urnen wurden im Friedwald bislang bestattet
Rund 4900 Urnen wurden seit Beginn am Fuß der Bestattungsbäume etwa einen Meter tief in der Erde versenkt, mehr als doppelt so viel wie prognostiziert. Weitere 8800 Plätze sind bereits reserviert. „Viele Menschen suchen sich zu Lebzeiten ihren Ort der ewigen Ruhe aus“, erzählt Axel Horn, der die Menschen führt und begleitet.
Großstädter, Kleinstädter, Dörfler, die vielleicht die besondere Stimmung anspricht, vielleicht das greifbare Werden und Vergehen. Neben der Liebe zur Natur gebe es durchaus praktische Gründen, weiß er: „So mancher hat jahrelang ein Grab gepflegt und möchte das seinen Angehörigen ersparen.“
Der Friedwald
Familienbäume gibt es (blaues Band) und Gemeinschaftsbäume (gelb) für bis zu 20 Urnen. Die Preise variieren zwischen 770 und 6990 Euro, abhängig von Stärke, Art und Lage. Die „Sternschnuppenbäume“ für Kinder bis zum dritten Lebensjahr werden nicht verkauft, die Eltern tragen lediglich die Beisetzungskosten.Die Nutzung ist vertraglich begrenzt, Silvester 2090 wird die letzte Beisetzung stattfinden, 2110 ist der letzte Tag des Friedwaldes. Trotz weltanschaulicher Neutralität steht am Andachtsplatz ein großes Kreuz, es finden auch kirchliche Trauerfeiern statt, einmal im Jahr eine ökumenische Gedenkfeier für alle Verstorbenen der vergangenen zwölf Monate.Einzugsgebiet: Köln, Leverkusen, Bergisch Gladbach, Gummersbach bis zum Westerwald. (coh)
Wie seine Westentasche kennt der 56-Jährige sein 750 Hektar großes Revier, das er seit fast drei Jahrzehnten betreut. Seit zehn Jahren ist der Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz zur Hälfte im Friedwald tätig. Sieben weitere Kollegen teilen sich die anderen 50 Prozent. Lohmar – 65 Hektar groß – war Nummer 37, inzwischen gibt es 76 Friedwälder. Nicht mitgezählt die Nachfolger wie Ruheforst und Trostwald.
Friedwald in Lohmar: Nicht jeder Baum ist ein Bestattungsort
Horn, gekleidet in Trekkinghose, Uniformhemd und derben Schuhen, setzt fast lautlos seine Schritte auf den elastischen Boden. Ein urwüchsiges Gelände mit Bächen, teils matschigen Wegen, mit vom Windbruch gezeichneten Flächen, mit Schößlingen und Baumriesen, wie die schätzungsweise 250 Jahre alte Buche, die der Förster noch nicht einmal halb umarmen kann: Ihr Umfang beträgt bis zu 4,4 Meter, 30 Meter ist sie hoch, auf halber Höhe geteilt in zwei schlanke Stämme. „Wie ein Dom“, schwärmt er. Die Buche hat kein Schildchen und kein Bändchen, das die künftigen Bestattungsorte ausweist. Ein Baum mit „Sollbruchstelle“, zu anfällig für Wind, Wetter und Gewitter.
Nur 16 Friedwald-Bäume, die Horn „unsere Lieblinge“ nennt, fielen bislang Stürmen zum Opfer. Sie wurden abgesägt und mit einem Bagger wieder aufgerichtet, daneben neue, junge gepflanzt. Zu zart noch für die Plaketten mit der Nummer, die erst mal an eigens gesetzten Pfählen hängen.
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Einen anderen führte Axel Horn nach dem ersten Telefonat direkt zum passenden Stamm, „sicher schon vor 20 Jahren umgekippt“, teils ins Erdreich eingesunken, fast ohne Rinde. Markant und imposant. Der Mann Mitte 50, der sich vorgestellt hatte als „schräger Typ“, war begeistert: „Der passt.“