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Teures HobbyClaus Ihm aus Lohmar sammelt und vermietet alte Kutschen

Lesezeit 4 Minuten
Claus Ihm

Claus Ihm kaufte in den 80er Jahren seine erste Kutsche. Heute hat er 30, mehr geht aus Platz­grün­den nicht.

  1. Seit mehr als 30 Jahren sammelt Claus Ihm Kutschen.
  2. Der 59-Jährige vermietet sie an an Filmproduzenten, Karnevalsgesellschaften oder Hochzeitspaare.
  3. Doch am meisten Spaß macht ihm das Restaurieren der alten Wagen.

Lohmar – Wenn Kinder an der Gammersbacher Mühle Geburtstag feiern, sitzen sie auf einer alten Feuerwehrkutsche, die bei der Schlacht von Worringen im Einsatz war. Nicht in der tatsächlichen Schlacht natürlich, denn diese fand vor mehr als 700 Jahren statt, aber bei den Dreharbeiten zu einem Film über jene Schlacht um den Kölner Norden.

Claus Ihm hatte den Fernsehleuten die Kutsche geliehen. Nachdem Teile des Wagens beim Dreh gebrannt hatten, baute er ihn um. Wo sich früher die Drehleiter einklappen ließ, steht heute ein Tisch, an dem sich Geburtstagskinder und ihre Gäste auf zwei Querbänken gegenübersitzen.

Brauereiwagen

„Trink Sester, mein Bester.“ Der Werbespruch prangt auf einem ehemaligen Fassbierwagen der Kölner Brauerei Sester. Ihm kaufte den Wagen, als die Brauerei übernommen wurde. Dem Braumeister sei es wichtig gewesen, dass der Wagen erhalten bleibt, erinnert er sich. Ähnlich war es, als das Brauhaus der Küppers-Brauerei in Köln-Bayenthal abgerissen wurde.

Ein Klassiker ist die weiße Landauer Hochzeitskutsche, deren Dach sich abmontieren lässt. Darin fahren Hochzeitspaare im Kutschen-Cabrio. Informationen zur Vermietung der Kutschen im Internet oder unter 02205/84197.

Seit mehr als 30 Jahren sammelt der 59-jährige Claus Ihm Kutschen und vermietet sie an Filmproduzenten, Karnevalsgesellschaften oder Hochzeitspaare. In mehreren Scheunen stehen sie eng nebeneinander geparkt: filigrane weiße Hochzeitskutschen und elegante Beerdigungskutschen, historische Ackerwagen und frühere Bierwagen Kölner Brauereien. Draußen auf dem Hof stehen vier Planwagen, für die in den Scheunen kein Platz mehr war. Mehr als 30 Kutschen hat der Sammler.

Am meisten Spaß macht ihm das Restaurieren der alten Wagen. „Ich bin ein Tüftler“, sagt Ihm. „Wenn ich so ein Ding fertig habe, ist es fast schon uninteressant.“ Die handwerklichen Fertigkeiten dafür hat er sich selbst beigebracht. Reich sei er damit nicht geworden, sagt Ihm und lacht. „Zum Geld zählen werde ich wohl nie jemanden einstellen müssen.“

Als Krankenwagenfahrer gearbeitet

Claus Ihm ist in Köln aufgewachsen und hat dort in den 80er Jahren als Krankenwagenfahrer gearbeitet. Über seine damalige Lebensgefährtin kam er zum Reiten. „Mir ist aber schnell aufgefallen, dass Kutschefahren viel angenehmer ist“, erinnert er sich. Daran hatte er so viel Spaß, dass er ein Pferd mit einer kleinen Kutsche kaufte, zunächst für sich selbst und für „Blödelsfahrten“ mit Freunden. Aus einer Kutsche wurden drei, ein erster Planwagen kam dazu.

Es ist ein teures Hobby: Eine klassische Hochzeitskutsche kostet etwa 12.500 Euro, ein guter Planwagen 25.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Reparaturen, zum Beispiel an den Holzrädern, die leicht austrocknen und spröde werden.

Deswegen setzte Ihm im Jahr 1990 alles auf eine Karte. Er kaufte die Gammersbacher Mühle und den dazugehörigen Hof in Lohmar-Muchensiefen und beschloss, hauptberuflich mit Kutschen und Pferden sein Geld zu verdienen. „Über die Konsequenzen habe ich gar nicht so richtig nachgedacht“, erzählt Ihm. „Mein Motto war: jung, dynamisch und erfolglos. Ich habe das einfach durchgezogen.“ Heute vermietet er die Kutschen für Hochzeiten, Lustfahrten und Karnevalszüge. Immer wieder buchen Filmproduzenten die Kutschen, besonders seine Milch- und Heuwagen sind gefragt. Zuletzt war Ihm mit einem seiner Gefährte in der Serie „Babylon Berlin“ zu sehen, die in den 20er Jahren spielt.

Auch im Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ oder den Jugendfilmen „Rubinrot“ und „Saphirblau“ fahren seine Kutschen durchs Bild. „Beim ersten Mal ist die Arbeit am Filmset natürlich spannend. Aber mittlerweile ist es nur noch ein Job“, sagt Ihm. Er hat zwei festangestellte Mitarbeiter, mit denen er sich beim Dreh um die Pferde kümmert oder den Schauspielern beibringt, die Kutschen richtig zu lenken.

Um sich die teuren Wagen leisten zu können, reicht das Vermietgeschäft allerdings nicht. Claus Ihm hat nach dem Kauf der Mühle im Lauf der Zeit weitere Standbeine aufgebaut. Er betreibt einen Biergarten, verkauft selbst gebackenes Brot und veranstaltet Kindergeburtstage, Firmen- und Familienfeiern. Mit seinen Pferden und Kutschen ist er allein in Köln auf mehr als 40 Sankt-Martins-Umzügen und Weihnachtsmärkten unterwegs.

Neue Wagen kauft der Sammler nur noch selten, denn er hat keinen Platz mehr. Wenn es doch geschieht, muss er sich von anderen Sammlerstücken trennen. „Wenn dieses alte Zeug verschwindet, finde ich das aber immer schade“, sagt Ihm. „Ich fürchte, in ein paar Jahren, wenn die Bekloppten wie ich ausgestorben sind, interessiert das keinen mehr.“

www.gammersbacher-muehle.de