Flüssiges GoldNiederkasseler Bauernhof presst eigenes Öl
Niederkassel – Die gelbe, sämige Flüssigkeit duftet nach Heu, dann drängt sich die Erbse geruchstechnisch in den Vordergrund. Doppelt gesund soll das Öl sein: zum Einreiben gegen Arthrose und für die Wundheilung sowie immunstärkend durch den Verzehr.
Für das Kraut gibt es allerlei lustige Namen, wie „Hüttentütt“ und „Dorella“, und einen offiziellen, der in die Irre führt, erklärt Julia Becker vom gleichnamigen Uckendorfer Bauernhof. Denn „Leindotter“ ist nicht mit dem „Lein“ verwandt, Arten des Kreuzblütlers wachsen nur bevorzugt in Lein-Äckern.
Unscheinbar wirkt die Ölsaat, die Beckers erst seit kurzem kultivieren: Dürre Stengel, winzige (dotter-)gelbe Blüten, birnenförmige, kleine Schoten, die acht bis 16 millimetergroße Samen enthalten. Geerntet wird im Juli mit dem Mähdrescher, dann wird die Spreu vom Korn getrennt, die Reinigung erfolgt durch Sieben.
700 Kilogramm goldbraune Samen enthält ein großes Big-Pack. Mit dem „Tornado“, einem urtümlich wirkenden Gebläse, werden die Körnchen durch ein Rohr hinaufgepustet zu einem Edelstahltrichter – Marke Eigenbau. Aus diesem gleiten sie in die große Ölpresse, werden in den Metallschnecken durchgewalkt, bis das „flüssige Gold“ hinaus und in dunkle Glasflaschen fließt.
Die gibt’s dann ab Hof zu kaufen – im Automaten. Der Rest, der immer noch ölhaltige Presskuchen, wird in zwei dünnen Würsten ausgeschieden und in einem Container gesammelt: als hochwertiges Tierfutter.
Wichtig ist das Kaltpressverfahren, was bei Lebensmitteln den entscheidenden Unterschied macht und einzigartig in der Region ist. Bei Temperaturen von unter 40 Grad Celsius bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe wie Omega-3- und Omega-6- Fettsäuren sowie Vitamin E erhalten.
Die Serie
Sehen, schnuppern, schmecken: In unserer neuen Serie geht es um Gaumenkitzel aus der Region, um originelle Produkte aus Manufakturen vor Ort. Wir laden in loser Folge ein zur „Kostprobe“.
Beim Raps, mit dem die Beckers ihre ersten Öle hergestellt haben, bleiben außerdem die Carotinoide drin. Raffinierte Öle schmecken anders, riechen anders, sehen anders aus, nämlich klar.
Leindotteröl wird erst gar nicht industriell produziert. Das hat es mit dem herberen, nussigen Leinöl gemein. Auch aus Senfsaat machen Beckers duftendes Speiseöl. Und vielleicht demnächst auch aus eigenem Schwarzkümmel.
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Dann wird der ökologische Fußabdruck der Produkte, die mit Strom aus Photovoltaik erzeugt werden, noch kleiner. Derzeit kaufen die Uckendorfer die kleinen Mengen an Kümmel-Körnern und Kürbiskernen aus Österreich zu.