Kinderjahre eines GeniesColin Pütz aus Ranzel spielt den jungen Beethoven
Niederkassel – Im Dämmerlicht sitzt der junge Beethoven auf dem Dachboden und setzt Note für Note aufs Papier. Ein Handwerk, das Colin Pütz nicht fremd ist, hat er doch selbst schon kleine Stücke komponiert – zum Beispiel für eine Wirtshausszene im ARD-Film „Louis van Beethoven“, der am ersten Weihnachtsfeiertag um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird.
Zu Person und Film
Colin Pütz wurde 2007 in Bergisch Gladbach geboren. Den ersten Klavierunterricht erhielt er als Fünfjähriger in der Musikschule Niederkassel bei Elena Heyroth. Es folgte Unterricht bei Efrain Gonzalez und Emeline Archambault. Seit 2017 besucht er das Pre College Cologne, Klavierklasse Prof. Florence Millet.
Mehrfach gewann er bei „Jugend musiziert“, zudem war er 2017 Sieger beim Internationalen Henle-Klavierwettbewerb. Im selben Jahr gewann er den Westfälischen Van-Bremen-Klavierwettbewerb und, 2018 die César Franck International Piano Competition. Sein Debüt als Solist mit Orchester feierte Colin Pütz vor drei Jahren mit den Bergischen Symphonikern.
Der Film „Louis van Beethoven“ von Regisseur Niki Stein wird am Freitag, 25. Dezember, um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt. Neben Colin Pütz sind weitere Beethoven-Darsteller in späteren Lebensphasen Anselm Bresgott und Tobias Moretti. In der ARD-Mediathek ist der Film bereits zu sehen – seit dem 17. Dezember, dem Tauftag Ludwig van Beethovens. (as)
Colin Pütz verkörpert darin das Bonner Genie als neun-bis zwölfjähriges Kind. Wie professionell der jüngste Beethoven-Darsteller seine Rolle ausfüllt, ist verblüffend. So empfand es Regisseur Niki Stein und sein Team, denn Colin Pütz spielt hervorragend Klavier, so dass die Szenen mit Originalton ohne Schnitte gedreht werden konnten. Und der Schüler aus Ranzel überzeugt auch als Darsteller, strahle diese „unzerstörbare Konzentration aus, die Kinder entwickeln können, wenn ihnen eine Sache heilig ist“, wie es in einer Vorab-Kritik hieß.
Klavierstudium am Pre College Cologne
Der 13-Jährige studiert Klavier am Pre College Cologne, das an die Musikhochschule Köln angeschlossen ist. Über seine Lehrerin Professorin Florence Millet erreichte ihn die Anfrage, an dem Beethoven-Film mitzuwirken. „Ich habe zuerst gezögert, weil ich ja nicht schauspielern kann“, erzählt Colin.
Nach dem Casting gab es deshalb ein paar Wochen Schauspielunterricht. Kein Problem seien hingegen die musikalischen Werke für ihn gewesen: Werke von Mozart und Bach sowie als Frühwerk des jungen Beethoven eine seiner „Kurfürstensonaten“ liegen dem Schüler in den Fingern.
Lange Drehtage und kalte Füße
Die Dreharbeiten fanden im Herbst 2019 in Tschechien statt, in der Altstadt von Prag und dem Palais Lobkowicz, wo das Kind Ludwig die Hofgesellschaft in Staunen versetzt. „Ich fand es interessant, dass ich auf historischen Instrumenten spielen konnte: Hammerflügel, Clavichord, Cembalo und Orgel“, sagt Colin.
Spannend fand er auch den Einblick „hinter die Kulissen“, und mit den beiden Filmbrüdern hat er sich angefreundet. Was lästig war: „Die ganze Umzieherei. Ich musste mich nach den Szenen immer dick einpacken, hatte sogar Fußwärmer.“ Eiskalt war es in den historischen Gemäuern, die Kostüme waren dünn. „Was ich auch gelernt habe: Warten. Die Drehtage sind lang, und bis man an die Reihe kommt, vergeht manchmal viel Zeit.“
Zwischendurch Hausaufgaben
Zwischendurch musste Colin Hausaufgaben machen, konnte er doch fünf Wochen nicht auf seine Schule gehen, das Lessing-Gymnasium in Köln-Porz. Aber er komme dort gut mit, da gebe es keine Probleme, sagen seine Eltern Jördis und Peter Pütz. Musikliebhaber sind sie beide und haben früher mit Colin auch gesungen, doch mit dieser Hochbegabung haben sie bei ihrem Sohn nicht gerechnet.
In die Schule fährt Colin nun wieder jeden Morgen mit dem Fahrrad. Vorher hat er aber schon am Yamaha-Flügel geübt, meist mit Silent-Funktion – wegen der Nachbarn. „Morgens zwischen 6 und 7 kann ich mich am besten konzentrieren“, sagt der Jungstudent, der in seiner Freizeit Fußball und Tischtennis spielt und gern liest.
Zahlreiche Auftritte
Schon als Fünfjähriger erhielt er den ersten Klavierunterricht. Die Oma hatte ihm „Freude schöner Götterfunken“ beigebracht, und daneben baute „Für Elise“ die erste Brücke zu Beethoven. „Eine starke Persönlichkeit. Seine Werke sind so facettenreich, und ich bewundere, wie abrupt er die Stimmungen wechseln kann.“
Die großen Klavierkonzerte 3 bis 5 gehören inzwischen zu Colins Repertoire. Zahlreiche Auftritte hat er schon absolviert, vom Bonner Beethovenfest über das Klavierfestival Ruhr und das Festival der Jugend in Südtirol. Dort wurde er mit anderen Gleichaltrigen als „Wunderkind“ angekündigt.
„Wunderkind klingt nach Roboter“
„Das finde ich nicht passend. Das klingt so, als wäre ich ein Roboter. Man sollte aber aus sich selbst heraus spielen, den eigenen Ausdruck finden“, reflektiert Colin. Als ein Vorbild bewundert er den Russen Daniil Trifonow, der 2011 den Tschaikowsky-Wettbewerb gewann.
Ein Ziel auch für den Nachwuchsstar aus Niederkassel, der schon erste Plätze bei diversen Wettbewerben belegte (siehe Infokasten). „Diese Wettbewerbe sind wichtig, um interessante Konzerte zu bekommen“, sagt Colin, der im nächsten Jahr mit dem WDR-Sinfonieorchester Köln im Funkhaus spielen wird.
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Die Solistenlaufbahn fasst er bereits in den Blick. Auch wenn manche Stücke, die eine pianistische Löwenpranke erfordern, vorerst noch Zukunftsmusik bleiben, etwa die Virtuosenliteratur von Franz Liszt: „Dafür müssen meine Hände noch wachsen.“