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ÖPNV-StreikBusfahrer im Rhein-Sieg-Kreis: 39 Stunden-Woche, Schichtdienst, Zeitdruck

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem RSVG-Betriebshof in Hennef haben sich am Freitagmorgen streikende Beschäftigte des Verkehrsunternehmens versammelt.

Auf dem RSVG-Betriebshof in Hennef haben sich am Freitagmorgen streikende Beschäftigte des Verkehrsunternehmens versammelt.

Streikbedingt blieben die Busse der RSVG am Freitag in den Depots. Die Beschäftigten setzen sich für ein Lohnplus ein und werben um Verständnis.

Wer am Freitag auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen war, brauchte reichlich Geduld. Weil die Beschäftigten der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft von der Gewerkschaft Verdi erneut zum Streik aufgerufen worden waren, blieben von 3 Uhr an die meisten Busse auf den RSVG-Betriebshöfen in den Depots stehen. Auch die Straßenbahnen und Bussen der Bonner Stadtwerke (SWB) und der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) fuhren nicht. Nur die Busse von Subunternehmern waren auf dem Streckennetz der RSVG unterwegs, sodass zumindest einige Fahrten zustande kamen.

Viel Geduld brauchen in der laufenden Tarifrunde des öffentlichen Dienstes auch die betroffenen Beschäftigten. „Wir warten noch immer auf ein Angebot der Arbeitgeberseite“, sagt Savvas Papzoglou, der Betriebsratsvorsitzende der RSVG. Er steht am Freitagmorgen mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen bei einer Streikversammlung auf dem Hennefer Betriebshof des kommunalen Verkehrsunternehmens. „Einkommensverbesserungen sind dringend nötig, weil unsere letzten Lohnerhöhungen längst von der Inflation aufgefressen worden ist.“

Savva Papazoglou ist Betriebsratvorsitzender bei der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG). Auch er streikt für deutliche Einkommensverbesserungen.

Savvas Papazoglou ist Betriebsratsvorsitzender bei der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG). Auch er streikt für deutliche Einkommensverbesserungen.

Rund 3800 Euro brutto Monatsgehalt bekommen RSVG-Beschäftigte in der höchsten Tarifgruppe. Dafür müssen sie 39 Stunden in der Woche arbeiten, die meisten im Schichtdienst, an Sonn- und Feiertagen und an mindestens zwei Wochenenden im Monat. „Das gilt aber nur, wenn sie direkt bei der RSVG beschäftigt werden, deren Haustarifvertrag an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes angelehnt ist“, schränkt Papzoglou ein.

Drei-Klassen-Gesellschaft bei der RSVG

Die meisten der derzeit rund 490 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RSVG würden allerdings in Tochtergesellschaften beschäftigt – zu deutlich schlechteren Konditionen. „Die Einkommensunterschiede betragen in der Spitze bis zu 700 Euro im Monat“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. „Bei uns gibt es eine Drei-Klassen-Gesellschaft.“ Da verwundere es nicht, dass die Fluktuation vor allem unter den Fahrerinnen und Fahrern groß sei. „Viele wechseln zu anderen Busunternehmen, die besser bezahlen“, beobachtet Papazoglou. Auch das trage zum Personalmangel bei, der sich spätestens dann für die Fahrgäste bemerkbar mache, wenn noch Krankheitswellen hinzukommen und das Angebot auf einzelnen Buslinien eingeschränkt werden müsse.

Viele Beschäftigte belaste allerdings nicht nur die Einkommenssituation. Die Stimmung gegenüber den Fahrerinnen und Fahrern habe sich in den vergangenen Jahren verschärft. Immer wieder gebe es Konflikte mit Fahrgästen. „Die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich in solchen Situationen oft alleingelassen“, schildert der Betriebsratsvorsitzende. Belastend sei für das Fahrpersonal auch der Zeitdruck. „Der Verkehr wird dichter, die Zahl der Straßen, auf denen Tempo 30 gilt, erhöht sich. Das bedeutet regelmäßig Verspätungen, aber die Fahrerinnen und Fahrer müssen den Fahrplan einhalten.“ Am Ende gehe das immer wieder zu Lasten der Pausen.

Angesichts einer Vielzahl belastender Faktoren seien die Forderungen der Beschäftigten in der laufenden Tarifrunde absolut berechtigt, ist Papzoglou überzeugt. Das zeigten auch die zahlreichen Eintritte seiner Kolleginnen und Kollegen in die Gewerkschaft. Bei allem Ärger über die Streikfolgen äußerten auch viele Fahrgäste Verständnis dafür, dass die Beschäftigten zum Mittel des Arbeitskampfs greifen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Hoffnungen, dass der Streik an diesem Freitag der letzte in der laufenden Tarifrunde sein wird, hat Papazoglu nicht. „Ich verstehe die Signale der Arbeitgeberseite so, dass es wohl in Kürze einen weiteren Streiktag geben muss.“