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Langes Warten, keine FörderungHennefer Schäfer kritisiert langsame Bürokratie nach Wolfsrissen

Lesezeit 4 Minuten
Schäfer Simon Darscheid aus Hennef-Söven

Simon Darscheid, Bezirksvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Schafzuchtverbandes NRW, fordert eine schnellere Bearbeitung der eingeschickten Proben. (Archivfoto)

Der Schäfer Simon Darscheid kritisiert die Bürokratie und verlangt eine bessere Förderung für Schutzmaßnahmen. Der Landrat pflichtet ihm bei.

15 Schafe in Eitorf im April gerissen, vier an verschiedenen Tagen im Mai wieder in Eitorf, alle eindeutig von Wölfen. Dem Leuscheider Rüden mit der Kennzeichnung GW1896m und seiner Partnerin GW1999f wurden bislang nur die beiden Fälle im April zugeordnet, die Individualisierung der anderen Risse steht noch aus.

Im Juni wurden in Hennef zwei Lämmer verletzt, ein weiteres und zwei Ziegen verschwanden spurlos. Ebenfalls im Juni meldete ein Bauer in Eitorf ein totes Kalb, hat Wölfe als Ursache in Verdacht. Diese Fälle liegen beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) in Bearbeitung. Viel zu lange dauere das, kritisiert der Hennefer Schäfer Simon Darscheid, Bezirksvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Schafzuchtverbandes NRW.

Rheinland-Pfalz ist deutlich schneller in der DNA-Prüfung als NRW

Im benachbarten Rheinland-Pfalz gehe es deutlich schneller: Knapp zwei Wochen dauere es, bis ein Wolfsriss nachgewiesen werde. „Innerhalb von fünf Wochen liegt das Ergebnis inklusive Individualisierung vor.“ Am Senckenberg-Institut, das mit der Auswertung der von den Wolfsberatern vor Ort genommenen Proben beauftragt ist, werde ein Ergebnis innerhalb von sieben Tagen garantiert.

Auch Landrat Sebastian Schuster kritisiert die langen Wartezeiten beim Lanuv: „Die DNA-Überprüfung in NRW dauert viele Wochen – das muss schneller gehen“, sagt er. „Außerdem brauchen wir unabhängige, hauptamtliche Wolfsberater des Landes und ein länderübergreifendes Wolfsmonitoring.“ Im Einsatz sind in NRW und im Rhein-Sieg-Kreis Ehrenamtler, die bei Nachfragen auf das Lanuv verweisen.

Dabei, sagt Darscheid, „können die mit ihrer Erfahrung sagen, ob es sich wahrscheinlich um einen Wolfsriss handelt oder nicht“. Viel Druck könne damit bereits aus dem Kessel genommen werden. Auch das funktioniere in Rheinland-Pfalz deutlich besser, „da rufen mich die Berater an und teilen Risse mit“. So könne er mit Schäfern in Kontakt treten, Hilfe anbieten und andere warnen, vermehrt auf ihre Tiere zu achten. Die Schäfer hier hätten den Eindruck, vom Lanuv hingehalten zu werden, wenn weder Informationen flössen noch Untersuchungsergebnisse zeitnah kämen. „Ich als Verbandsvorsitzender weiß nicht, wie man das unseren Mitgliedern vermitteln soll“, sagt Darscheid.

Landrat spricht sich für Förderungen vom Land für Schutzmaßnahmen aus

Nicht nur die wochenlange Ungewissheit sei für betroffene Tierhalter ein Problem: „Es geht ja auch um Entschädigung, um Tierarztkosten, um die Entsorgung der toten Tiere.“ Das alles müssten die Halter vorstrecken, danach Anträge stellen. Und nicht jeder werde positiv beschieden.

Anders als in Rheinland-Pfalz, wo auch Schutzzäune für Ponys, Kleinpferde und Kameliden mit bis zu 80 Prozent inklusive Aufbaukosten gefördert würden, sei das in NRW nicht der Fall. Auch Schuster fordert: „Für die Tierhalter benötigen wir ausreichende, kurzfristige und vor allen Dingen vereinfachte Förderungen, zum Beispiel für wolfssichere, effektive Zäune sowie deren Aufbau und Unterhaltung, für Herdenschutzhunde oder zum Schutz anderer Weidetierarten.“

Der Landrat, der im engen Austausch mit seinen Amtskollegen aus den Nachbarkreisen steht, sieht auch eine Notwendigkeit im Umgang mit auffälligen Tieren: „Ich bin grundsätzlich niemand, der sagt, man muss alle Wölfe zum Abschuss freigeben. Ich meine schon, dass man im gewissen Umfang lernen muss, mit den Tieren umzugehen. Kommt es dann tatsächlich zu einer Problemsituation – Wolfsrisse in wolfssicheren Gehegen, unnatürliche Annäherung des Wolfes an den Menschen –, dann sollte dieses Tier auch entnommen werden. Das ist im Moment jedoch nur mit Zustimmung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr möglich.“

Alte Wölfin wohl abgelöst – Größe des Rudels weiter unbekannt

Der im Frühjahr 2021 aus Bayern eingewanderte Wolfsrüde GW1896m könnte so ein Fall sein. 14 Nutztierrisse konnten ihm auf seiner Route in den Rhein-Sieg-Kreis nachgewiesen werden, wo er das Leuscheider Rudel übernahm. Das alte Männchen verschwand.

Die Zahl der gerissenen Schafe und Ziegen stieg drastisch: Mehr als 50 Tiere wurden von Januar 2021 bis Februar 2022 im Rhein-Sieg-Kreis nachweislich durch Wölfe des Leuscheider Rudels getötet, in Rheinland-Pfalz sogar 75. Im April 2022 darauf schlugen die Wölfe, denen der Rüde offenbar das Jagen von Nutztieren beigebracht hatte, in Blankenberg zu: Elf Schafe und Lämmer wurden getötet.

Jetzt wurde offenbar auch die alte Wölfin GW1415f abgelöst, sie sei schon lange nicht mehr durch Kot- oder DNA-Proben nachgewiesen worden, berichtet Darscheid. Bei ihrer Nachfolgerin mit der Kennzeichnung GW1999f handelt sich vermutlich um eine Fähe aus dem ersten Wurf. Wie groß das Rudel derzeit ist, kann Darscheid nicht sagen. Anhand der vielen Nutztierrisse der vergangenen beiden Monate könne man aber sicher davon ausgehen, dass es Welpen gebe.