Wegen des hohen Krankenstands müssen immer wieder einzelne Gruppen geschlossen werden. In den Arztpraxen herrscht Hochbetrieb.
Eltern und Erzieher am LimitInfektionswelle trifft Kitas im Rhein-Sieg-Kreis mit voller Wucht
Erkältungsviren, Grippefälle, Corona – dass kurz vor der heißen Phase der Karnevalssession eine Krankheitswelle durch das Land rollt, ist nicht ungewöhnlich. Doch in den Kindertagesstätten trifft sie auf Einrichtungen, Fachkräfte und Familien, die oftmals kaum noch Reserven haben. Schon eine Person, die ausfällt, kann eine große Lücke reißen.
Fünf von 13 Kolleginnen sind krank“, sagt Monika Schneider, stellvertretende Leiterin der Kita Hetzenholz in Much. An vier von fünf Tagen müssten deshalb einzelne Gruppen entweder komplett geschlossen oder schon um 13 Uhr dicht gemacht werden. „Der Druck für uns als Erzieherinnen, aber natürlich auch für die Eltern ist immens“, sagt Schneider. Die schauten jeden Morgen mit bangem Blick aufs Handy, erst dann könne final entschieden werden, was machbar sei – und was nicht.
Infektionswelle in Kitas: Das Problem in Einrichtungen liegt viel tiefer
Seit den Weihnachtstagen ist die Mucher Kita gebeutelt von diversen Infektionskrankheiten. Derzeit seien Influenza und Magen-Darm-Infektionen auf dem Vormarsch, berichtet die Erzieherin. „Wir rätseln auch, warum das so immens ist.“ Sie mutmaßt: „Vermutlich müssen sich unsere Immunsysteme nach der Corona-Zeit wieder auf die Belastungen einstellen.“
Deutlich machen will sie aber, dass die Probleme in den Kitas weit über eine Infektionswelle hinausgingen. „Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher müssen sich verbessern, damit das Interesse an dem Beruf wieder steigt“, fordert Schneider.
„Vermutlich müssen sich unsere Immunsysteme nach der Corona-Zeit wieder auf die Belastungen einstellen“, mutmaßt Schneider. Deutlich machen will sie aber, dass die Probleme in den Kitas weit über eine Infektionswelle hinausgehen. „Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher müssen sich verbessern, damit das Interesse an dem Beruf wieder steigt“, fordert Schneider.
Städtische Kitas in Troisdorf müssen immer wieder Gruppen schließen
Oft gebe es auf Stellenausschreibungen keine Bewerbung. Dabei hat die Erzieherin ihre Berufswahl offenbar nie bereut: „Ich liebe meinen Job“, sagt die stellvertretende Leiterin. Kitas dürften aber keine Verwahranstalten sein, die Pädagogik müsse ausreichend Raum erhalten. Wenn das gegeben sei und es nicht immer nur um Betreuungszeiten gehe, „dann wird der Job auch für Neueinsteiger viel attraktiver“.
Auch die städtischen Betreuungseinrichtungen in Troisdorf sind von einem hohen Krankenstand betroffen, der aber, wie Rathaussprecherin Bettina Plugge mitteilt, „nach einem Hochstand zu Beginn des Winters derzeit abebbt“. Dennoch waren auch zwischen dem 2. Januar und dem 5. Februar 135 Mitarbeitende an insgesamt 359 Tagen krank und arbeitsunfähig. Das habe teilweise zu Gruppenschließungen oder Notdiensten geführt.
Immerhin 14 Vollzeitäquivalente groß ist der städtische „Springerpool“ für die Kitas; dennoch könne dessen Einsatz nicht überall die genannten Einschränkungen verhindern. Die Stadtverwaltung hoffe aber, dass der positive Trend der Krankenstatistik sich fortsetzt und die Quote auch 2024 – wie von 2022 auf 2023 von 14,25 auf 13,48 Prozent – unter dem Personal der Betreuungseinrichtungen weiter sinke.
Eine Troisdorfer Kita musste letztes Jahr komplett dicht gemacht werden
„Wir sind im Moment gut besetzt“, sagt Anke Weißenberg, Leitung der inklusiven Kita „Kinderhaus Burgpänz“ in Troisdorf. „Ich kann nicht klagen.“ Auch sie kennt allerdings ganz andere Situationen. „Das sind ja immer so Phasen“, schildert die Kita-Leiterin. Einmal im Haus, verbreiteten sich Krankheiten wie ein Lauffeuer.
So wie vor Weihnachten im vergangenen Jahr. „Wir haben die Kita nie geschlossen“, allerdings mussten Weißenberg und ihre Kolleginnen Kinder auf andere Gruppen verteilen. „Dafür ist die Abdeckung zu knapp, um das aufzufangen“ – dabei seien derzeit alle Stellen besetzt. „Auch das sind Phasen“, sagt Weißenberg. Sie hätten auch schon sechs Monate mit Lücken in der Personaldecke überbrücken müssen. „Ich bin mal gespannt, wie das nach Karneval ist.“
Unter den insgesamt 22 städtischen Kitas verbuchte die Stadt Troisdorf für das Jahr 2023 die Komplettschließung einer Kita an zwei Tagen; in sechs Kitas wurden weniger Kinder betreut und einzelne Gruppen geschlossen. Im Durchschnitt sei das für zweieinhalb Tage nötig gewesen, teilte die Stadtverwaltung mit. Im Schnitt viereinhalb Tage wurde die Betreuungszeit an acht Einrichtungen in städtischer Trägerschaft verkürzt.
Besonders Kinder in Rhein-Sieg sind von Infektionswelle stark betroffen
Auch bei der Kita Knallfrosch an der Asbacher Straße in Eitorf sei die Situation noch überschaubar, sagt Leiterin Jutta Lassek-Dahm, Kinder und Team hätten nur mit dem Üblichen zu tun, „Husten, Schnupfen, Heiserkeit“. Sie habe zum Glück ein sehr flexibles Team und Mitarbeiterinnen, die ihre Dienste tauschten, wenn es eng werde.
So könne die private Elterninitiative, die die zweigruppige Einrichtung nach dem Konzept von Maria Montessori leitet, die Betreuung gewährleisten, wenn es krankheitsbedingt eng werde. „Eine Situation wie bei Corona, die wollen wir nicht wieder“, betont Lassek-Dahm.
„Wenn Patienten mit starken Erkältungssymptomen in die Praxis kommen, frage ich zuerst, ob sie viel mit Kindern zu tun haben“, sagt Jacqueline Hiepler, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung im Rhein-Sieg-Kreis. So seien derzeit speziell Eltern und Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten, von einer Influenza-Infektion betroffen. „Das ist gerade heftig“, so die Hennefer Ärztin.
Engpass bei Kindermedikamenten ist zumindest teilweise Vergangenheit
„Durchaus mehr als vorher“ seien Erkältungsmedikamente gefragt, berichtet Doris Korcz von der Dreilinden-Apotheke in Hennef-Uckerath. Es sei spürbar, dass viele Menschen erkrankt seien, Medikamente für verschiedene Infekte würden vermehrt nachgefragt, für Reizhusten etwa, und „das gute alte Corona gibt es ja auch noch“, ergänzt Korcz.
Der frühere Engpass bei Kindermedikamenten sei zumindest teilweise Vergangenheit, Fiebersaft gebe es, aber dafür seien Antibiotika oft nicht lieferbar. „Bei Kindern ist das ganz extrem“, berichtet die Apothekerin, „auch bei den Erwachsenen gibt es drei bis vier Wirkstoffe, wo wir nicht drankommen.“ Lieferkettenprobleme seien die Ursache ebenso wie der Fakt, dass die Bezugsquellen für die Medikamente und deren Wirkstoffe nach wie vor im Ausland lägen.