Zu Beethovens ZeitenJahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises widmet sich großen Komponisten
- Das Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2020 behandelt auf besondere Weise Ludwig van Beethoven.
- Zudem geht es um Leben und Sterben, Essen und Trinken oder den Zustand der Natur zur damaligen Zeit.
- Was der Musiker mit dem Kreis zu tun hatte und wie Siegburg damals aussah.
Rhein-Sieg-Kreis – Nur 1500 Einwohner. So klein war Siegburg um das Jahr 1800 herum. Heute leben 41 500 Menschen in der Kreisstadt. Bonn brachte es damals auf 10 000 Einwohner, heute sind es 327000. Und dort wohnte und arbeitete Ludwig van Beethoven (1770-1827) die ersten 22 Jahre seines Lebens, bevor er nach Wien ging. Nun nähert sich sein 250. Geburtstag, der ja bekanntlich 2020 mit allerhand Veranstaltungen und Aktionen gefeiert wird.
Auch der Rhein-Sieg-Kreis beteiligt sich am Jubiläumsreigen. Schließlich ging der junge Beethoven in der weiteren Umgebung Bonns, auch auf heutigem Kreisgebiet, wandern sowie als Klavier-Hauslehrer zu gut betuchten Familien. Kein Wunder also, dass der Kreis sein neues Jahrbuch in weiten Teilen dem großen Komponisten widmet.
Das geschieht recht interessant, nicht einfach musikfachlich, sondern in fünf Kategorien, in denen die insgesamt 30 Autoren ihre Beiträge schrieben (siehe Infokasten). Da geht es unter anderem um Leben und Sterben, Essen und Trinken oder den Zustand der Natur zur damaligen Zeit auf dem Gebiet des erst 1969 aus Vorgängerkreisen gebildeten Rhein-Sieg-Kreises.
Zu Besuch beim Abt
Zum Musizieren oder bei Ausflügen besuchte Ludwig mit seinem Vater etwa den Abt vom Michaelsberg in Siegburg oder die „Gerichts Herren in Hennef“. Eine briefliche Einladung erhielten sie auch vom Musikkenner und Gutsbesitzer Meinertzhagen in Niederkassel, wie Christine Siegert berichtet, die beklagt, dass die Quellen aus jener Zeit allerdings „spärlich“ seien.
Aber die Autoren bedienen sich zu Recht auch aus früheren und späteren Quellen, die wertvolle Einblicke liefern. So aus einer Statistik von 1817. Nach deren Zahlen lebten im Kreisgebiet mit heute 600 000 Menschen damals recht verstreut erst 78 500 Menschen. Troisdorf, heute mit 75 000 Einwohnern größte Stadt im Kreis, war ähnlich Hennef, Bad Honnef und Eitorf tatsächlich nur ein Dorf mit ein paar Hundert Einwohnern.
Jedes zweite Kind starb damals. Wer die Jugend aber trotz aller Krankheiten und schlechten medizinischen Versorgung überstand, konnte damit rechnen, 60 Jahre alt zu werden, schreibt Christian Schlöder.
Gefährliche Zufütterung
Die Mütter stillten ihre Säuglinge gewöhnlich ein Jahr lang. Jedoch sei die Zufütterung eines Breis aus Milch und Mehl im Gebiet der Siegmündung weit verbreitet gewesen. Als Folge sank die Überlebenswahrscheinlichkeit der mit Brei zugefütterten Babys. Grund: Im Sommer war der Brei wegen fehlender Kühlmöglichkeit mit Bakterien belastet. Auch das damals gut gemeinte Einreiben des Zahnfleischs mit Branntwein beim Zahnen trug zur Kleinkindersterblichkeit bei.
Anhand der in Kirchenbüchern registrierten Hochzeiten und Taufen geht man für Mitte des 18. Jahrhunderts von einer Quote der unehelich geborenen Kinder unter fünf Prozent aus. Einige Jahrzehnte später zur Zeit Beethovens waren es nicht zuletzt aufgrund liberalerer Vorstellungen mehr unehelich Geborene, die Quote blieb aber unter zehn Prozent.
Viel gefeiert
In der Region wurde schwer gearbeitet, aber auch viel gefeiert, ausgiebig bei Kindtaufen, Richtfesten, Beerdigungen und Hochzeiten. Zudem gab es mehr als 70 katholische Feiertage, deren Zahl allein schon aus wirtschaftlichen Gründen Ende des 18. Jahrhunderts im Kurfürstentum Köln deutlich reduziert wurde.
Bei Kirchweihfesten feierten unter anderem „die ledigen Bauernjungen und -mädchen häufig mehrere Tage, wobei reichlich Alkohol floss“, berichtet Schlöder. Deshalb hätten auch „Polizeidiener das Treiben der jungen Leute überwacht“.
Die Natur kommt im Jahrbuch auch nicht zu kurz. Um den Wald in der Region war es zu Beethovens Zeit nicht gut bestellt. So wurden laut einer wissenschaftlichen Berechnung knapp vor 1800 in Europa 41 Prozent der benötigten Energie durch Holz als Brennstoff bereitgestellt.
Das war in Bonn und Rhein-Sieg nicht anders, beschreibt Ingmar Gorissen, zumal die Bevölkerung wuchs. Die klima- und trockenheitsanfälligen Fichten, die man heute allerorts antrifft, und deren Anpflanzung durch die preußische Herrschaft ab 1815 besonders gefördert wurde, soll es damals in der Region noch nicht gegeben haben. Dafür wuchsen aber die widerstandsfähigeren, weil tiefwurzelnden, Tannen, die es heute kaum noch im Rhein-Sieg-Kreis gibt.