Mit Eiern und EimernJunggesellenvereine zelebrieren Pfingsteiersingen
Rhein-Sieg-Kreis – „Heide-Rose-Blümelein, krije me och a Pingsei?“ Aber ja, Eier gab es satt. Die Schachteln türmten sich in den Bollerwagen, die beim Pfingsteiersingen durch die Straßen gezogen wurden. In Siegburg-Wolsdorf sogar doppelt – denn hier sind zwei Vereine aktiv.
Auf den Straßen rumeiern
Wie genau das kam, weiß keiner mehr, aber sicher ist: Es herrschte Zwietracht bei der „Eintracht 1895“, sogar Fäuste sollen geflogen sein. Woraufhin einige Junggesellen 1923 den Gegenverein „Rosenhügel“ gründeten. Wolsdorf wurde aufgeteilt: Die Schwarzen von der „Eintracht“ bekamen das Unterdorf, die Roten vom „Rosenhügel“ das Oberdorf. Auch wenn große Feste wie die Wolsdorfer Kirmes am kommenden Wochenende (14. bis 17. Juni) gemeinsam organisiert werden und alte Animosität längst freundschaftlichem Miteinander gewichen ist– beim Eierheischen hat man schön auf den eigenen Straßen zu bleiben.
Denn jedes Ei zählt: Am Abend wurde die Ausbeute zu Rühreiern mit Speck verarbeitet und an die Gäste verteilt. Die „Eintracht“ feierte ihr Abschlussfest auf der Siegwiese, „Rosenhügel“ in der Vereinsgaststätte Warsteiner Eck.
667 Eier sammelten die „Rosenhügel“-Jungs diesmal ein, rund 30 der 118 Mitglieder waren dabei. Der Junggesellenverein trägt den Beinamen „Männerreih“, denn auch Verheiratete sind Mitglied. Das ist auch bei der „Eintracht“ so, seit in den 50er Jahren die Mitgliederzahlen zurückgegangen waren, berichtet Pressewart Klaus Stock. 221 Mitglieder hat sein Verein heute. „Wir haben stetig Zulauf, auch von Jüngeren“, sagt Stock, der sich freute, dass mehr als 20 Mitglieder mit Bollerwagen und Fahnen beim Pfingsteiersingen mitmachten. „Das ist ein Brauch, den alle mittragen, auch die Anwohner.“ Dass es mal ausgefallen wäre, daran kann er sich nicht erinnern. „Wir waren schon nass bis auf die unteren Schichten. Aber dann wird eben schneller gesungen.“
Das Singen nimmt die Dorfjugend Hanfmühle ganz ernst: Schon lange vorher wurde das Pfingstei-Lied geübt, berichtete Conny Nett. Denn nichts wäre für die Pänz schlimmer, als den Text zu vergessen. Er saß. Seit 2009 veranstaltet die Pfingstjugend Hanfmühle ihr Fest, und Melanie Dahlhausen hatte die Idee, dass nicht nur die Männer, sondern tags darauf auch die Kinder zum Pfingstersingen gehen dürfen. „Mein Sohn freut sich schon das ganze Jahr darauf“, erzählte Ela Schmitz.Singen, das gehöre einfach zur Tradition dazu, sagte auch Oliver Brock, Vorsitzender des JGV „Frohsinn Dambroich“ von 1837. Der Verein, der ausschließlich Junggesellen aufnimmt, habe 16 aktive Mitglieder; „allein im vergangenen Jahr hatten wir sechs Neuzugänge“. Der Zusammenhalt sei das Besondere, die Grillabende, die gemeinsamen Reisen – und der Austausch mit den anderen Vereinen. „15 Vereine haben uns besucht“, betont Brock stolz. Auch der Bürgerverein unterstützte die Junggesellen, die ihr Maifest für das ganze Dorf ausrichteten.
Nicht nur ein Dorf, sondern gleich zehn kamen in Hennef-Hollenbusch zusammen – beim Siebenkampf der Pfingstclubs aus dem Kirchspiel Uckerath.
Lückert, Hüchel, Süchterscheid, Striefen, Blankenberg, Wellesberg, Lichtenberg, Eichholz, Bierth und Hanfmühle: Sie alle traten zu einem ganz besonderen Spiel ohne Grenzen am Pfingstmontag gegeneinander an. „Es war immer Tradition, dass sich die Clubs die Spitze des Maibaums gegenseitig klauten“, erzählte Albert Frische, erster Vorsitzender des Pfingstclubs Hollenbusch. Vor 19 Jahren dann wurde daraus ein echter Wettkampf, den immer der Gewinner austragen muss. „Sechs Monate haben wir das vorbereitet, die Spiele ausgedacht und das Lager organisiert“, berichtete Frische. „Das erfordert unheimlich viel Manpower.“
Wettlauf im Eimer, Luftballons am Teammitglied platzen lassen, Riesen-Domino und ein „Looping Louis“ – die Spiele wurden mit viel Gejubel und Getröte angefeuert. Den Sieg trug Eichholz davon. Doch egal, wie gut oder schlecht die Teams abschnitten: Schwein hatten alle – dafür sorgten die Anheizer in ihren aufblasbaren rosaroten Schweinchen-Kostümen.
Die Tradition
Das Pfingsteiersingen oder auch „Eierheischen“ ist ein alter bergischer Brauch, den es angeblich schon seit dem 16. Jahrhundert gibt. Lebensmittel für das gemeinsame Pfingstfest sollten so gesammelt werden, Junggesellen besangen dabei auch gern die Frauen. Im Gegenzug wurde geschenkt, was die Speisekammer hergab – und das waren zu Pfingsten hauptsächlich Eier.
Eine weitere Erklärung lautet, das Pfingsteiersingen habe eine andere Wurzel: Angeblich soll der Kardinal, der das Pfingstfest besuchte, am Vortag seine Messdiener durch die Straßen und Dörfer geschickt haben, um Eier einzusammeln – damit er damit nicht beworfen werde.
Heute ist das Pfingsteiersingen immer noch weit verbreitet. Junggesellenvereine ziehen durch die Straßen. Anwohner geben Eier oder auch Speck, aus denen am Abend in einer großen Pfanne Rührei gebraten und an die Gäste verteilt wird. (seb)