Die Rhein-Sieg-Abfallgesellschaft feiert in diesen Tagen ihren 40. Geburtstag und blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück – mit dem Müllskandal im Jahr 2002 als Tiefpunkt.
40 Jahre RSAGWie ein Schmiergeldskandal die Müllentsorgung im Rhein-Sieg-Kreis veränderte
Es ist ein runder Geburtstag, den die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) in diesen Tagen feiert. 40 Jahre alt wird das 1983 gegründete kommunale Entsorgungsunternehmen, das in den 19 Städten und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises für den Großteil der Abfallentsorgung zuständig ist.
Groß gefeiert wird das Jubiläum allerdings nicht – weil es kein „echter“ runder Geburtstag ist, vermutlich aber auch, weil man dann wohl oder übel auch die wechselhafte Geschichte der RSAG thematisieren müsste und den denkwürdigen 19. Juli 2002, der den Tiefpunkt in der bisherigen Firmengeschichte des Müllentsorgers markiert.
An diesem Tag war der Müllskandal um den Viersener Müll-Unternehmer Hellmut Trienekens und verschiedene Akteure der Kölner Kommunalpolitik endgültig auch im Rhein-Sieg-Kreis angekommen – gewissermaßen als Abfallprodukt der Kölner Ermittlungen. Auf Veranlassung der Bonner Staatsanwaltschaft wurden an diesem Julitag die Büroräume der RSAG und die Wohnung ihres Geschäftsführers Karl-Heinz Meys durchsucht.
Müllmanager aus Sankt Augustin erhielt 2,85 Millionen Euro Schmiergeld
Meys, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, habe die engen wirtschaftliche Verbindungen zwischen RSAG und Trienekens-Gruppe zur persönlichen Bereicherung genutzt – zum Schaden der Müllgebührenzahler im Rhein-Sieg-Kreis.
Seinerzeit hatte die RSAG bei der Müllentsorgung vor allem organisatorische Aufgaben. Das eigentliche Entsorgungsgeschäft erledigten private Unternehmen im Auftrag der RSAG. Allein 13 Geschäftsverträge unterhielt dafür die Trienekens-Gruppe mit der RSAG – eine für Karl-Heinz Meys ausgesprochen lukrative geschäftliche Beziehung, wie die folgenden jahrelangen Ermittlungen zeigen sollten.
Der Niederpleiser, der viele Jahre lang auch graue Eminenz der Sankt Augustiner CDU war, ließ sich über den Umweg einer Schweizer Briefkastenfirma für die Anbahnung lukrativer Geschäfte und die Weitergabe seines Insiderwissens mit „Provisionen“ belohnen. Insgesamt 2,85 Millionen Euro Schmiergeld, so stellten Richter später fest, wurden Meys in den Jahren 1998 bis 2001 vom Müllmulti Trienekens dafür gezahlt.
Karl-Heinz Meys wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt
Die folgende juristische und politische Aufarbeitung des Skandals offenbarte nicht nur die erhebliche kriminelle Energie, mit der Meys dabei vorging, sondern auch eine mangelhafte Kontrolle durch die zuständigen politischen Instanzen des Rhein-Sieg-Kreises und den Aufsichtsrat der RSAG.
Ans Licht der Öffentlichkeit kamen auch die engen persönlichen Verflechtungen, die Teile des politisch besetzten RSAG-Aufsichtsrates und Mitglieder der Gesellschafterversammlung zu RSAG-Partnern unterhielten und Parteispenden eines Mucher Entsorgungsunternehmers an CDU und FDP.
Der Prozess gegen Karl-Heinz Meys vor der Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts endete im Dezember 2004 nach 71 Prozesstagen mit einem Schuldspruch. Wegen Bestechlichkeit in zwei besonders schweren Fällen sowie Steuerhinterziehung in drei Fällen wurde Meys zu sechs Jahren Haft verurteilt. Seine Haftstrafe musste der RSAG-Geschäftsführer dann im Februar 2007 antreten, nachdem der Bundesgerichtshof die Revision der Meys-Anwälte gegen das Bonner Urteil verworfen hatten.
Gebührenzahler im Rhein-Sieg-Kreis profitierten von Entschädigungen
Für die RSAG hatte der Skandal zwei Folgen: Um den durch Korruption entstandenen wirtschaftlichen Schaden auszugleichen, erhielt sie von den an den Vorgängen beteiligten Unternehmen Zahlungen in Höhe von mehr als 26 Millionen Euro. Allein 19 Millionen Euro überwies Müll-Multi Trienekens, weitere 7,3 Millionen Euro kamen von anderen privaten Entsorgungsunternehmen.
Die RSAG verwendet den Millionenbetrag seitdem, um Kostensteigerungen bei der Müllentsorgung im Kreis abzufangen und Gebührenerhöhungen weitgehend zu vermeiden. In diesem Jahr allerdings, so die Prognosen des Kreises, dürfte der Millionenbetrag weitgehend aufgebraucht sein.
Bei der Müllentsorgung machte die RSAG in Folge des Meys-Skandals eine Kehrtwendung. Die Übertragung der Entsorgungsaufgaben an Private, die faktisch zu einer Monopolisierung durch Trienekens beziehungsweise seine Rechtsnachfolger geführt hatte, wurde aufgegeben. 2006 wurde die Müllentsorgung rekommunalisiert. Seither erledigt die RSAG die Entsorgung von Restmüll, Kompost und Papier wieder selbst.