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Viel KritikWo in Rhein-Sieg bald kiffen erlaubt ist – und wer Verbotszonen kontrollieren könnte

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Eine Person raucht einen Joint.

Das Rauchen eines Joints wird nach einem Gesetz der Ampelkoalition zum 1. April mit Einschränkungen legal. (Symbolbild)

Ab April könnte es normal werden, abends auf dem Siegburger Markt oder am Drachenfels Cannabisgeruch in der Nase zu haben.

Der Joint in der Öffentlichkeit kann Alltag werden, wenn das am Freitag vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Legalisierung von Cannabis in Kraft tritt. Trotzdem ist ab 1. April kiffen nicht überall und uneingeschränkt erlaubt.

Bis zu 25 Gramm Cannabis dürfen Erwachsene – so sieht es der Gesetzesentwurf vor – im öffentlichen Raum bei sich tragen. Der Konsum in der Öffentlichkeit ist erlaubt – es gibt aber einige Ausnahmen. In „Sichtweite“, die Bundesregierung definiert das mit 100 Metern, von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Jugendeinrichtungen darf nicht konsumiert werden. Auch in frei zugänglichen Sportstätten ist Kiffen tabu. In Fußgängerzonen herrscht tagsüber, von 7 bis 20 Uhr, Cannabis-Verbot. In Zukunft könnte es also normal werden, auf dem Siegburger Markt, am Drachenfels, oder sogar in direkter Nähe diverser Polizeiwachen den Geruch von Cannabis in der Nase zu haben.

Polizei und Kommunen wissen nicht, wie Verbotszonen kontrolliert werden

Wie allerdings ab April die Verbotszonen zu kontrollieren sind und wer dies übernimmt, das wissen derzeit weder die Kommunen noch die Polizei en detail. „Im Rahmen der personellen Möglichkeiten wird das Ordnungsamt das Thema begleiten“, sagt Benedikt Bungarten, Pressesprecher der Stadt Sankt Augustin. Erst in den kommenden Monaten, nachdem der Bundesrat am 22. März zum Thema getagt hat, werde es entsprechende landesrechtliche Zuständigkeitsregelungen zwischen Polizei und Ordnungsbehörde geben, die dann auch für die Ordnungsämter der Kommunen gelte.

In Siegburg und Troisdorf gebe es ebenfalls noch keine Festlegungen, ergaben Nachfragen in den Rathäusern. „Uns liegen noch keine Informationen vor, inwieweit und wofür wir zuständig sein werden“, sagte Sprecher Marc Eickelmann aus Troisdorf. „Wir gehen davon aus, dass die Polizei vorrangig zuständig sein wird.“ Die Stadtverwaltung warte zudem noch auf eine Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes.

„Im Moment wird der Text noch geprüft“, sagte Björn Langer aus der Pressestelle der Stadt Siegburg, „und geschaut, was daraus abzuleiten ist.“ Ein Thema könnten zum Beispiel andere Streifengänge sein.

In Eitorf wird es keine zusätzlichen Ordnungskräfte für Cannabis-Kontrollen geben

Auch Florian Striewe, Sprecher der Stadt Königswinter, verweist auf die noch ausstehende Anweisung des Landes. Es sei aber „von entscheidender Bedeutung, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Kontrollen angemessen und mit ausreichend Vorlauf berücksichtigt werden“.

Keine zusätzlichen Ordnungskräfte werde man einstellen können, sagt Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof. Er werde aber die Videoüberwachung an den Schulen außerhalb der Schulzeit forcieren. Das sei aufgrund von Vandalismus ohnehin Thema. „Mit Blick auf die Cannabis-Freigabe sehe ich da einen Schutzfaktor, dass sich da keiner rumdrückt.“

Ein Joint könne aber wie eine ganz normale Zigarette gestopft werden, auf einem Video oder im Vorbeigehen sei das nicht erkennbar. „Das ist für Polizei und Ordnungsbehörden schwer zu kontrollieren“, sagt Eitorfs Bürgermeister. Nur mit entsprechender Ausrüstung und Ausbildung sei dies möglich. „Das ist nicht zu Ende gedacht.“

Bundestagsabgeordneter Röttgen hält Cannabis-Legalisierung für „schweren Fehler“

Aus seiner Erfahrung als Kriminalbeamter bei der Polizei kritisiert er die Legalisierung scharf: „Ich war lange Jahre Rauschgiftfahnder und hatte mit Personen zu tun, die nur Cannabis konsumiert haben und ihr Leben und ihre Umwelt verloren haben. Es ist eine Droge, die bei verstärktem Konsum ähnliche Auswirkungen hat wie bei einem Alkoholiker.“

Die Begründung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, durch die Legalisierung sinke das Gesundheitsrisiko von Konsumenten, hält Viehof für „fatal“: „Wir werden ein Mehr an Drogen und Konsumenten erhalten, mit der Gefahr psychischer Abhängigkeit und schwerer Verkehrsunfälle.“

Auch der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen (CDU) hält das verabschiedete Gesetz gesundheits-, gesellschafts- und kriminalpolitisch für einen schweren Fehler. „Es wird fast geschlossen von Ärzten, Jugendpsychologen und der Polizei abgelehnt. Zur inneren Befriedung der Ampel werden gesundheitliche Gefahren für Jugendliche und junge Erwachsene in Kauf genommen sowie steigende Kriminalität. Das ist unverantwortlich.“

SPD-Bundestagsabgeordneter Hartmann hat gegen Gesetzentwurf gestimmt

Von den fünf Bundestagsabgeordneten aus dem Rhein-Sieg-Kreis hat mit Roger Beckamp (AfD) nur ein Parlamentarier für den Gesetzentwurf der Ampelkoalition gestimmt. Mit Nein stimmten nicht nur die beiden CDU-Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker und Norbert Röttgen. Mit Sebastian Hartmann (SPD) verweigerte auch ein Vertreter der Regierungsparteien der Koalition die Gefolgschaft. Hartmann stimmte gegen den Gesetzentwurf. Nicole Westig (FDP) wich ebenfalls vom Abstimmungsverhalten der Mehrheit der Ampelkoalition ab. Sie enthielt sich der Stimme.

„Ich bin für einen Paradigmenwechsel zu einer neuen, progressiven Drogenpolitik – das erfolgreiche portugiesische Modell halte ich für vorbildlich. Dieses schafft eine Entkriminalisierung der Konsumierenden aller illegalen Drogen in Verbindung mit einem gesundheitspolitischen Ansatz und vorbildlichem Kinder- und Jugendschutz. Zugleich wird die Organisierte Kriminalität konsequent bekämpft. Portugal gilt als eines der sichersten Länder der Welt“, sagt Hartmann in einer persönlichen Erklärung zu seinem Abstimmungsverhalten. Genau dieser progressive Ansatz werde durch das jetzt beschlossene Gesetz nicht nur verfehlt, sondern im Gegenteil sogar konterkariert.

Nicole Westig hält die Schritte zu einer Legalisierung von Cannabis grundsätzlich für falsch. „Ich befürchte gravierende gesellschaftliche Auswirkungen, insbesondere mit Blick auf die Entwicklungs- und Lebensperspektiven junger Menschen in unserem Land. Als Gesundheitspolitikerin, aber gerade auch als Mutter, sehe ich in der Legalisierung von Cannabis eine Gefährdung der Gesundheit gerade von Kindern und Jugendlichen“, erläutert sie ihre Bedenken ebenfalls in einer persönlichen Erklärung. Bereits bestehende gesundheitliche Schäden durch die Droge würden so noch weiter verschlimmert.