Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kriminalitätsstatistik 2024Weniger Straßenkriminalität, aber mehr  Gewaltdelikte im Rhein-Sieg-Kreis

Lesezeit 5 Minuten
Vier Polizisten umringen einen Verdächtigen.

Die Polizei zeigt in den Innenstädten hohe Präsenz, hier nimmt sie einen Ladendieb fest..

Abteilungsleiter Andreas Piastowski und Kriminaldirektor Stephan Wetzel stellten die polizeiliche Kriminalitätsstatistik für 2024 vor.

Ein paar Zahlen hob der Abteilungsleiter der Kreispolizei, Leitender Polizeidirektor Andreas Piastowski, bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2024 hervor. Mit einem Plus von rund drei Prozent stieg die Zahl der insgesamt bekannt gewordenen Fälle nur leicht. Dafür konnten 252 Delikte mehr aufgeklärt werden.

Unerfreulich ist für ihn der Anstieg bei den Gewaltdelikten, davon  gab es im vergangenen Jahr 803, das sind 60 mehr als 2003. Vor allem bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung stiegen die Zahlen an. Allerdings ist gerade hier die Aufklärungsquote sehr hoch und liegt bei 83 Prozent.

Häusliche Gewalt sind Beziehungstaten, die Aufklärungsquote ist hoch

Das Plus bei häuslicher Gewalt erklärte er mit der sensibleren Wahrnehmung sowohl bei Polizisten wie bei der Bevölkerung. Außerdem werden inzwischen nicht nur psychische und physische Gewalt im gemeinsamen Haushalt erfasst, sondern auch innerfamiliäre Gewalt, bei der Opfer und Verdächtige in einer verwandtschaftlichen Beziehung zueinander stehen. Weil es Beziehungstaten sind, ist die Aufklärungsquote mit 80,6 Prozent auch hier sehr hoch.

Erfreulich sind die Entwicklungen insbesondere in drei Deliktbereichen, so Piastowski. So sank der Wert bei Diebstählen insgesamt um 330 auf nunmehr 5854. Parallel dazu wurden noch einmal mehr aufgeklärt, inzwischen sind es gut 29 Prozent. Ein Spezialfeld ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl, 360 Fälle wurden 2024 bekannt, 13,5 Prozent weniger. Lediglich im Coronajahr 2021 waren es mit 302 weniger. Und bei fast der Hälfte blieb es beim Versuch.

Drei Männer stehen an Stehtischen und präsentieren polizeiliche Ergebnisse.

Der Abteilungsleiter Andreas Piastowski, der Leiter der Direktion Kriminalität, Stephan Wetzel und der Leiter der Ermittlungsgruppe „Stall“, Thomas Waage (v.l.), stellten die Kriminalitätsstatistik 2024 vor.

„Einbrüche in Wohnungen lösen bei den Betroffenen besondere Betroffenheit aus“, sagte Piastowski, „das erleben sie als ein Eindringen in ihren engsten, privaten Bereich.“ Um so wichtiger bleibe die Prävention, bei der die Kreispolizei einen hohen Aufwand betreibt, mit eigenen Informationsabenden und einem Ausstellungsraum mit Sicherungssystemen. Vielleicht blieben deshalb so viele Wohnungseinbrüche im Ansatz stecken.

Ein positives Bild zeichnete Piastowski auch bei der sogenannten Straßenkriminalität, also unter anderem Raube, Diebstähle, Körperverletzungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen. Erstmals seit fünf Jahren sank die Zahl auf unter 4000 Delikte, mit einer um viereinhalb Prozentpunkte erhöhten Aufklärungsquote. „Wir haben in unserer Behörde den Fokus auf die Bekämpfung der Straßenkriminalität gelegt“, versuchte er sich in einer Erklärung für die positive Entwicklung.

Wir haben in unserer Behörde den Fokus auf die Bekämpfung der Straßenkriminalität gelegt.
Andreas Piastowski, Abteilungsleiter der Kreispolizei

Sein Leiter der Direktion Kriminalität, Kriminaldirektor Stephan Wetzel, vertiefte nochmal einige Aspekte. Zunächst einmal setzte er die bekannt gewordenen Fälle in Bezug zur Bevölkerung. Und da erreiche der rechtsrheinische Rhein-Sieg-Kreis eine überdurchschnittlich gute Quote. Im Landesdurchschnitt werden 7689 von 100.000 Bewohnern Opfer einer Straftat, in der Region an Rhein und Sieg sind es dagegen lediglich 5216.

Bei der Rauschgiftkriminalität gibt es einen signifikanten Rückgang

Die Zahl der Tatverdächtigen sank leicht auf 8895. Der Anteil der Erwachsenen hat sich vergrößert, so Wetzel. Der der nichtdeutschen Tatverdächtigen liegt bei 32 Prozent, bei einem Anteil an der Bevölkerung von fast 13 Prozent. Wetzel sieht dafür vielfältige Gründe. Ein wesentlicher sei, dass es reisende Täter sind, die keinen Wohnsitz im Kreis haben.

Ein signifikanter Abfall lässt sich in der Rauschgiftkriminalität erkennen. Waren es 2023 noch 774 Fälle, so waren es ein Jahr später 439. „Seit dem 1. April 2024 ist der Cannabiskonsum nicht mehr strafbar“, führt er als Begründung an. Da Kontrolldelikt ist die Aufklärungsquote mit rund 90 Prozent sehr hoch.

Gleichwohl gibt es ausreichend andere Fälle. Einen, der sich wie ein Kriminalroman liest, stellte Kriminaloberkommissar Thomas Waage vor. Er ist der Leiter der Ermittlungsgruppe „Stall“. Am 30. Januar erreichte die Siegburger Polizei ein Ermittlungsersuchen aus Ingolstadt. Dort war ein Paket mit einer geringen Kokain aufgefallen, das in Siegburg in einer kleinen Postfiliale aufgegeben worden war.

Waage selbst fuhr am 1. Februar dorthin. Eine Zeugin konnte sich an einen Kunden erinnern, der regelmäßig Paketsendungen ablieferte. Eine Überwachung wurde eingerichtet, um den Verdächtigen zu erwischen. Die Zeugin war sehr aufgeregt. Doch noch bevor die Aktion startete, brachte der Mann 30 Pakete vorbei. Die wurden sichergestellt und im Amtsgericht geöffnet. Alle enthielten Drogen. In fünf Tagen Observation passierte nichts, der Verdächtige mied die Filiale.

Die Polizei hat in einem Verfahren zahlreiche Drogen in Tüten sichergestellt.

Das ist ein Teil der Drogen, den die Ermittlungsgruppe „Stall“ sichergestellt hat.

In Zusammenarbeit mit DHL ließen sich weitere kleine Filiale ermitteln. Auf einer Videoüberwachungssequenz konnte ein Mietauto identifiziert werden, ein erster Hinweis auf den Tatverdächtigen. In Bonn tauchte er mit 16 Paketen auf. Die Beamten hatten direkte Erreichbarkeit etabliert, so kam es zu schnellen Informationsflüssen. In Siegburg gab er ein Paket auf und einen Brief an die Staatsanwaltschaft Bonn mit Absender - der Name stimmte mit dem des Mieters des Leihwagens überein. 

Die Ermittlungen weiteten sich auf das Darknet als Bestellplattform aus, das Bundeskriminalamt war involviert. In zwölf Monaten hatte der Verdächtige rund 3000 Bestellungen bearbeitet. Schließlich wurden sechs Objekte durchsucht, zwei Verdächtige festgenommen. Ein Verfahren läuft derzeit, das zweite ist in Vorbereitung, immerhin 64 Kilogramm Rauschgift wurden sichergestellt.


Die Fallzahlentwicklung bei der Kinderpornografie ist nach mehreren Jahren deutlicher Zuwächse in 2024 erstmals wieder rückläufig. Waren es 2023 noch 170 bekannt gewordene Delikte, im vergangenen Jahr waren es dann 157. Damit sind es immer noch m ehr als 2022, als 144 Fälle bekannt geworden waren. „Das ist noch keine Trendwende“, warnte der Leiter der Direktion Kriminalität, Kriminaldirektor Stephan Wetzel. „Wir müssen wieder mit steigenden Fallzahlen rechnen. “

Die Polizei arbeitet mit hohem Ressourceneinsatz. Die Menschen sind für das Thema sensibilisiert. Deshalb komme es schnell zur Anzeigenerstattung. Die Provider müssen proaktiv melden, wenn sie verdächtiges Material auf ihren Servern entdecken. Es wird international recherchiert, die Behörden arbeiteten eng zusammen. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit für die Täter ist sehr hoch, so Wetzel. Die Aufklärungsquote übrigens auch. 2024 lag sie bei 82,8 Prozent.