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ExkursionFinger weg von bitteren Pilzen

Lesezeit 4 Minuten

Biologe Reiner Hintzen findet mit geschultem Blick immer wieder Pilze.

Sankt Augustin – „Erika!“, schallt es durch den Wald. Die kleine Gruppe hat sich aufgeteilt, um nach der Vermissten zu suchen. „Dabei sollte doch jeder ein Handy mitnehmen“, meint der Biologe und Gruppenleiter Reiner Hintzen. Schließlich kann man sich im Wald des Sankt Augustiner Ortes Birlinghoven leicht verlaufen. Vor allem wenn der Blick weniger dem Weg, sondern viel mehr den Gewächsen am Boden, den Pilzen, gilt. Das Büro für Natur-und Umweltschutz hatte zu einer Exkursion geladen. Dabei lernten die Teilnehmer vieles zum Thema Pilz und durften auch selbst auf die Suche gehen. Mit dabei war Reiner Hintzen, ein Experte auf dem Gebiet der schmackhaften Waldfrüchte. Als Laie kann man bei der Suche einiges falsch machen, denn oft sehen sich essbare Pilze ihren giftigen und zum Teil tödlichen Artgenossen zum Verwechseln ähnlich. Deswegen wurde die Ausbeute dem Fachmann zur Begutachtung vorgelegt. Ökologische AufgabeIn Deutschland gibt es 1200 Großpilze, die sich in acht Gruppen gliedern lassen. Ihre ökologische Aufgabe besteht darin Holz abzubauen. Zu den bekanntesten essbaren Pilzen zählen Steinpilz, Pfifferling, Marone und Champignon. Doch auch bei diesen Pilzen gilt es Vorsicht zu bewahren. „Ein Steinpilz hat unter seinem Hut immer ein sehr feines, weißes Netz. Fehlt das, so kann es sich um einen giftigen Doppelgänger, wie den Galgenröhrling handeln“, erklärt Hintzen. Das Gleiche gilt auch für Pfifferlinge. Sogenannte „falsche Pfifferlinge“, die statt dicker Leisten, nur dicke Lamellen haben, können Verstopfungen verursachen. Durch den Stoff Chitin sind generell fast alle Pilze schwer verdaulich. Man sollte deshalb nicht allzu große Portionen zubereiten. Und Alkohol sollte sehr dosiert dazu getrunken werden. Manche Pilze beinhalten einen Wirkstoff der den Alkoholabbau im Körper verhindert. „Vor allem muss man aber darauf achten die Pilze lange genug zu erhitzten“, rät der Biologe, „mindestens 20 bis 30 Minuten lang sollten diese gebraten oder gekocht werden.“ Eine Ausnahme sind die Champignons, die sogar roh gegessen werden können. Doch auch da gibt es gefährliche Doppelgänger. Die erkennt man daran, dass sie sich beim Reiben dunkel verfärben. „Außerdem riechen die dann furchtbar nach Arztpraxis“, schmunzelt Hintzen. Denn Pilze kann man nicht nur fühlen und schmecken, sondern auch noch Riechen. „Es gibt Pilze, die riechen beim Kochen, wie Bratkartoffeln und schmecken nachher, wie Pappe“, erzählt er. Leider sagt der Geruch nichts über die Verträglichkeit eines Pilzes aus. Anders ist das beim Geschmack. Schmeckt ein Pilz bitter, oder gar scharf sollte der Sammler lieber die Finger davon lassen. Auch das richtige Sammeln muss gelernt sein. „Am besten schneidet man die Pilze direkt im Wald am Stiel ab, die Wurzeln will man schließlich nicht essen, da braucht man sie auch nicht zu schleppen“, meint der Biologe. Bevor der Pilz in der Pfanne landet, sollte man ihn durchschneiden, um zu überprüfen, ob sich keine Maden eingenistet haben. Doch die leckere Waldfrucht ist nicht nur zum Essen gut. Manche Pilze können zur Wundheilung verwendet werden. Aus dem Zunderschwamm wird sogar Bekleidung hergestellt und auch Papier kann aus Pilzen gewonnen werden. Doch wie wird man nun bei den vielen ähnlichen Pilzarten, zum Pilzexperten? Der Biologe rät zu der herkömmlichen Methode. „Kaufen Sie sich einfach einen Pilzführer und gleichen Sie die gesammelten Exemplare mit diesem ab. Auch ich habe so angefangen“, meint er, „immerhin galt als Pilzkundiger früher der, der 30 Pilzarten kannte, mit 60 war man schon Pilzkenner und mit über 100 bekannten Arten durfte man sich Pilzberater nennen.“Insgesamt seien Pilzsammler außerdem sehr gesellig und helfen sich gerne gegenseitig, betont Hintzen. Er selbst kann nur zu diesem Hobby raten: „Allein schon wegen der vielen Kniebeugen und der frischen Luft“.

Wer unsicher, dem kann auch im Internet geholfen werden. Auf einer Seite kann man Bilder von Pilzen posten und diese von anderen bestimmen lassen.www.pilzepilze.de