Tödliches Feuer in Sankt AugustinInhaber des abgebrannten Motorradladens will wieder aufbauen

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Ein bärtiger Mann im schwarzen T-Shirt steht vor einem großen Schutthaufen.

Der Zweiradmechaniker Marco Berger vor den Trümmern des abgerissenen, denkmalgeschützten Gebäudes.

Es habe nie die Frage von Schuld gegeben, berichtet Marco Berger nach dem Brand, bei dem zwei Feuerwehrleute der Löscheinheit Niederpleis starben.

Aus der kleinen Gartenhütte läutet das Telefon immer wieder. Marco Berger nimmt die Gespräche mit seinem Mobilteil an. Denn ständig ist er unterwegs zwischen Lager, Werkstatt und Büro, eben jener Hütte. Vor zwei Monaten ist sein Motorradladen ausgebrannt, bei dem verheerenden Feuer an der Hauptstraße starben am 18. Juni zwei Feuerwehrleute.

Vor 25 Jahren hat er sich mit dem Geschäft selbstständig gemacht. Plötzlich stand er vor verkohlten Bikes, geschmolzenen Motoren, verrußtem Werkzeug und einem vom Einsturz bedrohten, denkmalgeschützten Gebäude.

Feuerdrama in Niederpleis: Besitzer des Motorradladens bot an, mit in das brennende Gebäude zu gehen

Jetzt, gut acht Wochen später, sind die Mauern eingerissen, ist der Brandschutt weggeräumt und der Boden planiert. In vier Wochen, so der Plan, soll ein Leichtbauzelt mit 200 Quadratmetern Fläche aufgebaut werden.

Bei der Erinnerung an den 18. Juni geht Bergers Blick in die Ferne. „Wir wohnen hier ganz in der Nähe“, sagt der 52-Jährige, „an dem Sonntagmorgen habe ich Qualm in der Küche gerochen.“ Er habe gedacht: „Irgendwas ist komisch.“ Der Vater zweier Kinder ging raus auf die Straße. „Da habe ich Rauch aus dem Dach aufsteigen sehen.“

Er lief ins Haus und rief seiner Frau zu, sie solle die Feuerwehr rufen. „Mit dem Schlüssel bin ich wieder zurück. Ich habe die Tür aufgeschlossen und das Rolltor aufgemacht, als die Feuerwehr kam.“ Die Einsatzkräfte bereiteten einen Löschangriff vor. „Ich habe angeboten, mit reinzugehen, weil ich mich drinnen auskenne. Da war alles voller schwarzem Rauch.“ Doch ein Feuerwehrmann sagte nur: „Komm weg von der Tür.“ Berger denkt nicht ohne Schrecken daran. „Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich das nicht gemacht hätte.“

Motorradladen in Sankt Augustin: Die komplette Firmenstruktur fiel den Flammen zum Opfer

Den gesamten Sonntag war er rund um seinen Laden unterwegs, ab 20 Uhr wurden die ersten verbrannten Motorräder und Ersatzteile herausgeholt, um die beiden Einsatzkräfte zu bergen. „Die Polizei hat drei Container beschlagnahmt, bis heute“, sagt der Unternehmer und zeigt sich verwundert. Die stehen derzeit beim Bauhof, er darf nicht ran. „Wahrscheinlich laufen die Ermittlungen noch“, vermutet er.

Eine Erklärung oder eine Idee, was die Brandursache gewesen sein könnte, hat er nicht, weiß auch nichts aus den Gutachten. „An der Verkaufstheke, da war es am heißesten, das konnte ich an den Motorrädern sehen, da stand auch der Computer.“ Die komplette Firmeninfrastruktur fiel den Flammen zum Opfer. Zu seinem Glück fand er ein früheres Backup, konnte sich so wieder einrichten.

Ein weitgehend geschmolzener Motor liegt auf einer Palette.

Weitgehend geschmolzen ist dieser Motor.

Eine Zeit lang war sein Schlafzimmer sein Büro. Das Gartenhaus stellte er neben der Halle auf, in der jetzt gearbeitet wird. „Im Moment ist alles sehr beengt.“ Statt zehn hat er nur noch drei Arbeitsplätze. „Wir haben das jetzt notdürftig für drei Leute eingerichtet.“

In den drei Wochen nach dem Brand schrubbten er und sein Team Werkzeug, mithilfe von Freunden, Familie und Bekannten. Nachdem das Gebäude freigegeben worden war, ließ er von einem Bagger die Bike-Wracks herausziehen. „Insgesamt 30 Mopeds sind verbrannt, sechs von mir sind mit dabei“, erzählt er. „Darunter ist auch ein Erbstück von meinem Vater, ein Gespann.“ Dabei war es im Verkaufsraum vergleichsweise leer. „Drei Wochen vorher war der Laden noch voll.“

Inhaber des ausgebrannten Geschäfts war auf den Beerdigungen der beiden gestorbenen Feuerwehrleute

In den Tagen danach kursierten Gerüchte. „Rocker hätten sich gegenseitig beschossen, hieß es, oder ich hätte Schutzgeld nicht bezahlt“, berichtet er. „Aber das hier ist neutrales Gebiet, hier bestimme ich die Regeln.“ Bei seiner Party zum Saisonende stehen die rivalisierenden Banden friedlich nebeneinander, jede in ihrer Ecke.

Auf engstem Raum sind Werkzeuge, Reifen und andere Ersatzteile auf, über und neben einer Werkbank angeordnet.

Beengt arbeiten drei Menschen in der provisorisch eingerichteten Werkstatt. Freunde halfen beim Werkzeugschrubben.

„Es gab niemals die Frage von Schuld“, betont er. „Das ist ein Vorteil, dass hier Dorf ist, hier halten alle zusammen.“ Der 52-Jährige war auf beiden Beerdigungen der Feuerwehrleute. „Beim Michael (der gestorbene 36 Jahre alte Feuerwehrmann) habe ich Anfang des Jahres noch eine Heizung gekauft.“ Zum Vermieter habe er ein gutes Verhältnis. „Die Planungen für den Neubau laufen in Absprache mit mir. Es wird ebenerdig ein Ladenlokal geben. Wo die Werkstatt hinkommt, ist noch nicht ganz klar.“

Auch die Stadt hat klargestellt, dass sie Berger und seinen „Cycling Point West“ behalten will. Kein Wunder, gilt er doch als „Godfather des Chopper-Umbaus“. Der Zweiradmechaniker und Technikermeister gehört zu den wenigen, die sich auf Umbauten von Zweirädern spezialisiert haben, neben dem normalen Werkstattbetrieb für alle Marken und viel für Harley-Davidson.

Aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen seine Kunden. Und sie haben ihm die Treue gehalten. Wenn auch der ein oder andere kurzzeitig woanders hin wechselte, weil an seiner Maschine was gemacht werden musste: Sie kommen alle wieder. Und schon wieder klingelt das Telefon.

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