Ein Meter langer Wanderfisch in der Fangkammer weckte am Siegburger Wehr das Interesse der Besucherinnen und Besucher.
Indikator für SauberkeitWie die Kontrollstation am Siegwehr Wanderfische zurück nach Rhein-Sieg brachte
Es drängelte sich am Sonntag an der Lachskontrollstation beim Buisdorfer Siegwehr. Der Rheinische Fischerei-Verband und der Siegburger Fischzuchtverein ließen sich zum Thema „Wanderfische in der Sieg“ über die Schulter schauen. Dass die Veranstalter einen fast einen Meter langen Lachs in der Fangkammer als Anschauungsobjekt hatten, sickerte freilich durch.
Da sich der Fisch aber am Grund des Beckens aufhielt und noch nicht zu sehen war, erhöhte vor allem bei den vielen Kindern die Spannung. Gleichwohl hörten sie zunächst interessiert Klaus Weiser vom Fischzuchtverein Siegburg zu, der die Bedeutung und Funktion des Siegwehrs und der Kontrollstation erläuterte.
Die Sieg hatte früher täglich eine andere Farbe
„Bedeutendstes Lachsgewässer im Rheinsystem“ sei die Sieg. Die habe lange Zeit nichts mit dem heutigen Fluss zu tun gehabt, als regelmäßig Industrieabfälle, Chemikalien und Giftstoffe eingeleitet wurden. „Da hatte die Sieg oft jeden Tag eine andere Farbe“, zitierte Weiser Zeitzeugen.
Mitte der 1980er sei „ein Wunder geschehen“, als eine Meerforelle am Wehr entdeckt wurde. Es war ein Hinweis, dass auch andere Wanderfische zurückkehren könnten. Sechs Jahre später wurde beschlossen, im „Aktionsprogramm Rhein“ das Gewässer wieder herzustellen, weshalb dem Lachs als wichtiger Indikator für die Sauberkeit des Wassers eine bedeutende Aufgabe bis heute zukommt.
Dass es um die Nachkommen des Lachses oder Salms, wie er früher hieß, ohne Wehr, Kontrollstation und Fischaufzuchtstation weniger gut bestellt wäre, machte Dennis Bock vom Fischereiverband deutlich. „Wir sind besser als die Natur“, sagt der Fischereiwirt. „Vom Schlupf bis zur Größe von einem Gramm, mit dem der Jungfisch in den Nebenflüssen und -bächen der Sieg ausgewildert wird, bringen wir 90 Prozent durch“, berichtet Bock, „die „Natur schafft nur zehn Prozent.“
Für 50 Lachs-Elternpaare endet die Reise vom Meer in die Laichgewässer, die übrigens jetzt im Gange ist, jährlich an der Buisdorfer Kontrollstation. In der dortigen Fangkammer werden sie entnommen und wandern in großen Behältern zu den 16 Becken des Wildlachszentrums auf dem Gelände des Wahnbachtalsperrenverbandes, wo die Eier von den Weibchen in Betäubungsbecken behutsam abgestriffen werden.
Eine halbe Million Fische pro Jahr
Diese werden mit der Milch der Männchens befruchtet. Nach dem Schlüpfen nach 90 bis 100 verbleiben die Jungfische solange in den Becken, bis sie nach weiteren 60 bis 90 Tagen die Größe für den Besatz erreicht haben. Rund eine halbe Million Fische setzt das vierköpfige Team jährlich in die Gewässer ein. Dort verbleiben sie als sogenannte Pars, bis sie sich nach ein bis zwei Jahren als Smolte auf den Weg ins Nordmeer machen.
„Wir gehen mit unseren Fischen schwanger“, sagt Bock zum neun- bis zehnmonatigen Aufzuchtprozess, in dem das Team im Wechsel rund um die Uhr in Rufbereitschaft steht. Muttergefühle habe er keine, aber „das Aussetzen ist immer ein Gänsehautmoment.“