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TotgeburtSankt Augustiner Verein hilft Eltern von Sternenkindern bei der Trauerbewältigung

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Eine Frau blickt in einen leeren Kindersarg.

Birgit Rutz zeigt Kindersärge, die sie Schiffchen für die letzte Reise nennt.

Kinder, denen nach der Geburt die Kraft zum Leben fehlt, können mit Unterstützung von Hope's Angel behütet in den Armen der Eltern sterben.

Der kleine Eike Anton wurde nur sechs Tage alt. In der Schwangerschaft erfuhren die Eltern bereits, dass er ein Einkammerherz hatte. Eike Anton kam damals in der Kinderklinik Sankt Augustin zur Welt, weil er dort direkt versorgt werden konnte. „In den ersten sechs Lebenstagen hat er drei schwere Herzoperationen gehabt, die er super überstanden hatte. Trotzdem starb er am sechsten Tag“, berichtet Birgit Rutz. Sie ist Vorsitzende von „Hope's Angel“. Der Verein unterstützt Eltern, deren Kind tot zur Welt gekommen oder kurz nach der Geburt gestorben ist.

Kinder können behütet in den Armen der Mutter oder des Vaters sterben

Kinder, denen nach der Geburt die Kraft zum Leben fehlt, könnten behütet in den Armen der Mutter oder des Vaters sterben. Das sei ein natürlicher Vorgang, von „sehr viel Liebe begleitet“. Die Tabuisierung dieses Themas in der Gesellschaft lehnt sie ab. Die Trauer könne besser verarbeitet werden, wenn man eine Beziehung zum Kind aufgebaut habe – auch wenn die Zeit nur kurz gewesen sei. Auch Geschwisterkinder sollten eingebunden werden. „Kinder haben, auch wenn sie verstorben sind, eigentlich mehr schöne Seiten, als man denkt.“ Der Abschied im Kreise der Familie sei deshalb „eine ganz normale Sache“.

Ein Vater hält seinen toten Sohn im Arm.

Das verstorbene Baby Eike Anton im Arm seines Vaters.

Rutz geht unkompliziert an diese Situation heran. Nach einer Totgeburt sei die Zeit des Kennenlernens. Das Kind könne gebadet und angekleidet werden. „Man hat meist nur in dieser Situation die Möglichkeit, das zu tun.“ Ein liebevoller Abschied sei dies. Wenn das Kind Fehlbildungen habe, könnten diese mit einem Deckchen verhüllt werden. Das werde fast immer schon vorher bei Ultraschalluntersuchungen erkannt. Die Formulierung, dass man „ein Kind verliert“, lehnt sie ab. „Ein Kind stirbt, man verliert es nicht wie einen Gegenstand.“ Deshalb solle man sich von seinem toten Kind immer persönlich verabschieden.

Birgit Rutz aus Sankt Augustin erlebte selber fünf Fehlgeburten

Dazu gehöre auch, dass man ihm einen Namen gibt. So könnten Eltern und mögliche Geschwistern den jungen Menschen würdevoll in Erinnerung behalten. Als Rutz im Jahr 2008 eine Fehlgeburt erlitt, half ihr der Verein „Garden of Innocence“. Rutz lebte damals in den USA, ihr Mann war dort als Offizier stationiert. Zurück in Deutschland gründete sie im Jahr 2015 „Hopes Angel“. „Hope ist der Name, den ich meiner toten Tochter gegeben habe.“ Rutz hat zwei lebende Kinder, aber auch fünf Fehlgeburten erlebt. Diese Ereignisse habe sie nicht verdrängt, sondern sei offen damit umgegangen. Die Schwangerschaft sei ein Ereignis im Leben einer Frau, das wahrgenommen werde.

Ein Paket von Hope's Angel für Eltern, deren Kind tot geboren wurde oder einen Frühtod hatte.

Ein Paket von Hope's Angel für Eltern, deren Kind tot geboren wurde oder einen Frühtod hatte.

Dann beginne die Elternschaft. „Mutter und Vater ist man auch, wenn das Kind noch nicht geboren ist.“ Eine Fehl- oder Totgeburt dürfe nicht verdrängt werden, man müsse mit ihr leben. „Der offene Umgang hilft.“ Es sei bekannt, dass viele Frauen auf dem Sterbebett Jahrzehnte später plötzlich von ihrer Fehl- oder Totgeburt sprächen, die sie sonst nie erwähnt hätten. Zum offenen Umgang gehört für Rutz auch, dass ein gestorbenes Kind beerdigt wird. „Es hat schließlich gelebt, auch wenn es tot geboren wurde.“ Der Verein kann Eltern auch in dieser Situation unterstützen. „Schiffchen“ nett Rutz diese kleinen, handgearbeiteten Särge für „die letzte Reise“.