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OrthopädieWarum Kinder aus dem ganzen Land in der Sankt Augustiner Asklepios Klinik operiert werden

Lesezeit 4 Minuten
Operation in der Kinderklinik Asklepios in Sankt Augustin mit Dr. Micha Langendörfer, Chefarzt Orthopadie, der einem 11-jährigen Mädchen einen Nagel zur Stabilisation des Schienbeins einsetzt.

Der Chefarzt der Orthopädie in der Kinderklinik Asklepios setzt einer elfjährigen Patientin einen neuen Nagel ins Schienbein ein.

Micha Langendörfer ist im Sommer nach Sankt Augustin gewechselt. Der Orthopäde hat große Pläne – von der Politik fordert er ein Umdenken.

Die Vorbereitungen laufen bereits routiniert ab. Dr. Micha Langendörfer schlüpft mit den Händen in die Handschuhe, die ein Kollege ihm anreicht. Der Chefarzt der Orthopädie in der Kinderklinik Asklepios in Sankt Augustin setzt einer elfjährigen Patientin an diesem Mittag einen neuen Nagel ins Schienbein ein. „Sie hat eine Tibia Pseudarthrose“, sagte der Spezialist. Die junge Patientin habe einen von Geburt an sehr schlecht heilenden Schienbeinknochen, der mit einem Nagel stabilisiert werden müsse. „Das ist extrem selten und kommt nur in einem von einer Million Fälle vor. In Deutschland sind im Schnitt pro Jahr nur vier Fälle bekannt“, fügt er an.

Die Behandlung sei aufwendig, weil sich der Knochen um den alten Nagel entzündet hatte. Das machte eine Entnahme und anschließende Behandlung mit Antibiotika über sieben Wochen notwendig. Nun sei alles bereit gewesen für einen sauberen neuen Nagel, den das Kind einfach brauche. „Der Knochen ist zu spröde und sie muss dauerhaft mit einem Nagel leben“, so Langendörfer.

Neuer Chefarzt ist aus Stuttgart zur Asklepios Kinderklinik gewechselt

Der gebürtige Freiburger ist im August vom Olgahospital in Stuttgart nach Sankt Augustin gewechselt und lebt seitdem in Siegburg. „Ich hatte das Gefühl, dass es hier richtig vorwärtsgehen soll“, sagt der 52-Jährige. Speziell die Größe des Hauses habe ihn dabei gereizt: „Die Klinik ist groß, dabei aber nicht unüberschaubar. Dass hier eine familiäre Atmosphäre aufrechterhalten werden konnte, hat mich beeindruckt“, begründet der Orthopäde.

Operation in der Kinderklinik Asklepios in Sankt Augustin mit Dr. Micha Langendörfer, Chefarzt Orthopadie, der einem 11-jährigen Mädchen einen Nagel zur Stabilisation des Schienbeins einsetzt.

Die Vorbereitungen laufen bereits routiniert ab. Dr. Micha Langendörfer schlüpft mit den Händen in die Handschuhe, die ein Kollege ihm anreicht.

Die Arbeit mit Kindern, sie begeistert Langendörfer seit dem Beginn seiner Karriere. „Die Kinderorthopädie ist unheimlich abwechslungsreich und wenig Schema F“, sagt der 52-Jährige. Das mache es zwar bisweilen etwas mühsam, sei aber gleichzeitig extrem spannend. Gerade die operative Behandlung der Wirbelsäule von Kindern werde deutschlandweit nur in wenigen Kliniken angeboten. „Neben Hamburg und Stuttgart ist Sankt Augustin da vorne mit dabei – das soll so bleiben und ich will diese Arbeit ausbauen“, kündigt Langendörfer an.

Der Orthopäde hat sich deutschlandweit einen Namen in der Rekonstruktion schwieriger Fehlstellungen bei Kindern gemacht. Deshalb würden immer komplexere Fälle nach Sankt Augustin kommen. „Wir sehen nach Corona viele Kinder, die durch fehlende Kapazitäten in der Kinderorthopädie erst spät bei einem Spezialisten landen“, erklärt der Chefarzt. Ähnlich wie bei den psychischen Belastungen durch Corona sei auch an dieser Stelle ein deutlicher Überhang festzustellen, der nachträglich nur schwer einzufangen sei. „Das ist ein unterschätztes Problem.“

Chefarzt aus Sankt Augustin fordert rasches Umdenken der Politik

Die Bandbreite der Fälle, so Langendörfer, sei breit. Bei einigen Kindern würde es schon nach der Geburt mit Hüftproblemen losgehen, viele kämen in den Wachstumsphasen mit Verkrümmungen der Wirbelsäule in die Kinderklinik. „In zwei Fällen hatten wir es mit einer Verkrümmung von knapp 80 Grad zu tun – das ist schon fast ein rechter Winkel in der Wirbelsäule.“ Bei diesen Kindern können wir mit der Behandlung nicht warten, sie müssen sehr zeitnah operiert werden.

Die rasche Umsetzung von notwendigen Operationen, sie hat Priorität beim neuen Chefarzt der Kinderorthopädie. „Diese Flexibilität müssen wir anbieten, auch wenn das eine große Herausforderung ist und die Schlange immer länger wird“, sagt der 52-Jährige. Diese Problematik, gerade auch im Sektor der Behandlung des kindlichen Skeletts, sei in der Politik noch nicht angekommen.

„Kinderorthopädische Versorgung ist in ganz Deutschland sehr knapp“, sagt Langendörfer. Bei größeren Eingriffen müsse mit monatelangen Wartezeiten gerechnet werden. „Das liegt nicht am Unwillen des Hauses, sondern am extremen Personalmangel und der finanziellen Unterversorgung in den Kliniken, mit der wir im ganzen Land zu kämpfen haben.“ Um diesem Problem zu begegnen, brauche es ein politisches Umdenken.

In der Kinderchirurgie müssen Ärzte oft kreative Lösungen finden

Die Versorgung der Kinder würde zwar grundsätzlich wertgeschätzt, praktisch solle das aber so günstig wie möglich funktionieren. Leider gehe es am Ende immer ums Geld, weil der Druck auf die Kliniken so hoch sei.„ Für viele Häuser ist es gar nicht interessant, Kinder zu behandeln, weil es ein Draufleggeschäft ist – das ist ein Trauerspiel“, bilanziert der Chefarzt.

Operation in der Kinderklinik Asklepios in Sankt Augustin mit Dr. Micha Langendörfer, Chefarzt Orthopadie, der einem 11-jährigen Mädchen einen Nagel zur Stabilisation des Schienbeins einsetzt.

Der gebürtige Freiburger ist im August vom Olgahospital in Stuttgart nach Sankt Augustin gewechselt.

In der Kinderchirurgie müsse er mit seinem Team oft kreative Sonderlösungen finden. Deshalb könne nicht so billig eingekauft werden. „Hier kann ich nicht 1000 Prothesen für eine Standardversorgung einkaufen – wachsende Skelette machen individuelle Lösungen notwendig und Massenmedizin unmöglich“, sagt der 52-Jährige. Das würde bei den Pflegekräften anfangen, die sich mehr Zeit für die jungen Patienten nehmen müssten.

Kinderklinik Asklepios: Kinderarzt sieht noch Verbesserungspotenzial

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen hat Langendörfer seine Begeisterung für die Kinderorthopädie nie verloren. „Ein Kind über viele Jahre zu begleiten, eine Bindung aufzubauen und das Leben zu verbessern, ist etwas ganz Besonderes.“ An der Asklepios Kinderklinik hat er in den kommenden Jahren vieles vor. „Ich will in Sankt Augustin umfassende kinderorthopädische Behandlung auf höchstem Level anbieten – das ist in einigen Bereichen durchaus eine Herausforderung“, sagt der Chefarzt.

So sei es wichtig, wieder Kniearthroskopie anzubieten und im Bereich der Hüftchirurgie ein höheres Level zu erreichen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das schaffen – und dann haben wir in Sankt Augustin auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft.“