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Als Kitz verstoßenReh kehrt seit Jahren immer wieder in Hangelarer Garten zurück

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau füttert ein Reh im Garten.

Die Biologin und Umweltschützerin Manuela Gianetti nahm Reh Rica im Mai 2020 auf. Das Tier kehrt heute nach Ausflügen in den Wald immer wieder zu ihr zurück.

Manuela Gianetti nahm vor drei Jahren ein verstoßenes Kitz in ihrem Garten in Sankt Augustin auf. Das Kitz, Rica, wuchs und blieb.

Aus sicherer Entfernung beobachtet Rica uns skeptisch im Garten von Dr. Manuel Gianetti. „Als nur wenige Stunden altes Kitz kam das Reh am 1. Mai 2020 zu mir“, erzählt die Tierfreundin. Giannetti leitete damals die Auffangstation für in Not geratene Wildtiere des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) im Rhein-Sieg-Kreis.

„Ein Förster aus Buschhoven hatte es mir damals gebracht“, berichtet sie weiter. Die Nabelschnur sei noch am Körper gewesen. Kinder hätten den neugeborenen Nachwuchs berührt, die Rike habe das Kitz deswegen verlassen.

Frische Ziegenmilch verschmähte das Rehkitz konsequent

„Ahnung von der Aufzucht von Rehen hatte ich nicht“, berichtet Gianetti. „Diese Tiere gehören in die Natur, die Betreuung durch Menschen führt dazu, dass sie später nicht mehr alleine im Wald überlebensfähig sind.“ Ihr war jedoch klar, dass das Kitz dringend Nahrung brauchte, sonst wäre es verendet. Zuerst versuchte sie es mit frischer Ziegenmilch, das Tierbaby trank sie aber nicht. Aufzuchtmilch für Katzen vermischt mit Fencheltee und Honig akzeptierte es schließlich. „Tröpfchenweise hat Rica das anfangs zu sich genommen.“ Alle vier Stunden versorgte die Ziehmutter das kleine Tier.

Das sei auch eine Art Dejavu-Erlebnis gewesen, sagt Gianetti, schließlich sei sie Mutter zweier Töchter. „Alle Verpflichtungen wurden abgesagt, weil ich mich um das junge Reh kümmern musste“, berichtet sie über jene Zeit vor drei Jahren. Sechs Monate dauerte das.

Versuche, ob ihre Tochter Felicitas die Mutterrolle kurzfristig übernehmen könnte, scheiterten. Rica hatte sich auf ihre Ziehmutter so fixiert, dass sie andere Menschen ablehnte. „Da half es auch nichts, dass Felicitas getragene Kleider von mir anzog und mein Parfüm verwendete.“

Reh hat sein Zuhause in einem Stall in Sankt Augustiner Garten

Im Dezember nahm Rica endlich feste Nahrung zu sich. Mit Bananen, roten Weintrauben und Kartoffeln fing es an. Rica entdeckte dann den Garten der Familie als ideale Nahrungsquelle. Kein Kraut war vor ihr sicher. Die Bepflanzung musste so geändert werden, dass die Pflanzen Rica nicht schmeckten.

Ein großer Käfig steht mit geöffneter Tür in einem Garten.

n diesen großen Käfig kann Rica sich zurückziehen. Die Tür steht immer offen.

Besonders gerne mag sie den Fächerahorn, Acer Plamatum, der in einer Ecke im Garten nach oben wächst. Unten ist alles abgeknabbert. Mit einem Ast kann Gianetti sie für ein Foto anlocken. Vorsichtig geht Rica auf ihre Ziehmutter zu, knabbert genüsslich an den zarten Blättern.

Sein Zuhause hat das Reh in einem Stall, der ursprünglich für die Aufzucht von Eichhörnchen gedacht war. Die Tür steht immer offen. Rica geht nach Lust und Laune aus und ein. Ausflüge in den benachbarten Wald endeten jedoch immer schnell. „Sie kam immer wieder zurück“, berichtet Giannetti. So blieb ihr und ihrer Familie nichts anders übrig, als sie weiter zu versorgen.

Nabu im Rhein-Sieg-Kreis hat 5000 Mitglieder

Das Reh sei ein gutes Beispiel dafür, dass man Wildtiere nicht an Menschen gewöhnen solle. Bis zu 20 Jahre alt können Rehe in Gefangenschaft werden, in der Natur meist um die zwölf Jahre.

5000 Mitglieder hat der Nabu im Rhein-Sieg-Kreis. „Wir haben aber noch immer keine Geschäftsstelle“, so Gianetti, die Mitglied des Kreisvorstandes ist. Sie würde sich freuen, wenn der Verein eine geeignete Immobilie finden könnte.