28 Wohnungen für Jung und Alt werden in Sankt Augustin-Menden gemeinschaftlich verwaltet.
Vor zehn Jahren gegründetSo ist das Leben in der Wohngenossenschaft in Sankt Augustin
Vor zehn Jahren wurde der Gebäudekomplex der Genossenschaft „Gemeinsam Wohnen mit Jung und Alt“ in Sankt Augustin-Menden eingeweiht. Auf einem Grundstück von rund 2800 Quadratmetern steht das Gebäude in L-Form mit 28 abgeschlossenen Wohneinheiten in der Größe von 50 bis 115 Quadratmetern.
Das Gebäude gehört den 42 Genossenschaftsmitgliedern zusammen, sie wohnen also in einer Gemeinschaft und kümmern sich gemeinsam um alle Probleme. Wir wollten zehn Jahre nach der Gründung wissen: Wie läuft das ungewöhnliche Projekt, wie ist das Fazit der Bewohner?
Gemeinschaftsräume und ein großer Innenhof sollen das Gemeinschaftsleben fördern
Erfahrungen mit dem Leben in Wohngemeinschaften (WG) haben schon einige Mitglieder der Genossenschaft aus Menden in ihrer Jugend gesammelt. Irgendwann jedoch gründeten sie Familien oder wollten sich aus anderen Gründen verändern. Sie wechselten während dieser Lebensphase in größere Immobilien. Inzwischen sind die Kinder ausgezogen, oder Zimmer stehen aus anderen Gründen leer. Andere hatten vielleicht schon immer den Wunsch, das Leben in einer WG zu testen, es fand sich jedoch keine Möglichkeit dazu. Die ergab sich im Mai 2014 mit der Einweihung des Genossenschaftsgebäudes.
Ein großer Gemeinschaftsraum mit Küche und Büro sowie Gästeappartement, Werkstattraum, Wasch- und Trockenraum und ein großer Innenhof mit Spielplatz sollen das Gemeinschaftsleben fördern. Eine echte Wohngemeinschaft, wie man das eigentlich kennt, ist das Projekt nicht. Doch es lehnt sich daran an.
2024 feiert die Wohngenossenschaft in Sankt Augustin-Menden ihr zehnjähriges Bestehen
Los ging es im Jahr 2009 mit der Gründung eines Vereines. Schnell waren sich alle einig, und am 20. August 2010 konnte die Wohngenossenschaft gegründet werden. Der Bau wurde konzipiert und vier Jahre später bezogen. Künstler Peter Grunewald kam ein Jahr später mit seiner Frau Nele Bieler und einem Hund zur Gemeinschaft.
„Ich kannte mich gut in der WG-Szene der 80er Jahre aus, hatte mich mit der Freistadt Christiana in Kopenhagen beschäftigt“, berichtet der heute 68-Jährige. Die WG-Genossenschaft mit ihrer „demokratischen Art des Wohnens“ gefiel dem Schreiner und Bildhauer, der lange Jahre für „Kunst auf der Burg“ in Stadt Blankenberg verantwortlich zeichnete, und seiner Frau als alternative Wohnform für den Ruhestand. Beide fühlen sich dort in ihrer Erdgeschosswohnung mit Terrasse „noch immer sehr wohl.“ Grunewald kümmert sich zusammen mit andern WG-Mitgliedern um den Garten der Gemeinschaft. Die Apfelbäume dort sind sein ganzer Stolz.
In der Wohngemeinschaft in Sankt Augustin wird auch auf die Privatsphäre Einzelner geachtet
Ingo Teuchert zog im Mai 2024 mit seiner Frau Carmen und Katze Sissi ein. „Nach dem Auszug der Kinder war unser Haus zu groß geworden, uns reizte der Gedanke, in einer WG zu wohnen, die durch eigene abgeschlossene Wohnungen einen großen Teil von Privatsphäre bietet“, berichtet er. Ihr früheres Haus haben sie noch nicht verkauft.
Das haben andere Mitglieder der WG getan, um den Geldbetrag zu bekommen, damit sie einziehen können. Diese Einlage richtet sich neben dem Kauf von fünf Genossenschaftsanteile für insgesamt 2500 Euro nach der Größe der Wohnung. Grundlage sind die kalkulierten Herstellungskosten von zurzeit 2300 Euro pro Quadratmeter.
Wer einen Wohnberechtigungsschein hat, muss 13 Prozent davon aufbringen, zahlt dann 5,72 Euro monatliche Kaltmiete pro Quadratmeter. Bei einer Einlage von 20 Prozent sind es 11,16 Euro, bei 50 Prozent 8,04 Euro. Und dann gibt es noch die vier Genossen mit einem Dauerwohnrecht. Sie haben ihre Wohnung komplett gekauft, müssen daher nur die Nebenkosten tragen.
„Die Einlagen und das Dauerwohnrecht können vererbt oder ausgezahlt werden, wenn die Wohnung nicht mehr genutzt wird“, erklärt Martin Fischer aus der Arbeitsgemeinschaft für Neuinteressenten. Er betont, dass diese Form des gemeinsamen Wohnens nichts für Egoisten sei: „Wir sind Menschen, die in einer verbindlichen Hausgemeinschaft wohnen, ihre Fähig- und Fertigkeiten einbringen, helfen und sich helfen lassen wollen.“
Dazu gehöre, dass man Zeit investiere und sich gern in der „Gemeinschaft für Jung und Alt mit Nähe und Distanz“ engagiere. Zehn Arbeitsgemeinschaften bieten dafür ein Forum. Die Achtung der Privatsphäre sei dabei immer zu berücksichtigen. Wer allerdings „immer seine Ruhe haben will“, solle lieber nicht einziehen.
In den zehn Jahren des Bestehens sind viele Mitglieder zusammen mit ihrer Genossenschaft älter geworden. Zehn Wohnungen wurden seit Bestehen durch Auszüge frei. Die Suche nach jungen Familien läuft. „Es gab in den letzten Jahren immer wieder Interessenten, doch letztendlich ist es immer an der Einlage gescheitert“, berichtet Peter Kelkel, der für die Öffentlichkeitsarbeit der WG zuständig ist. Zurzeit stünden vier Interessenten auf einer Warteliste.
Fragen beantwortet die WG per E-Mail.