Waltraud Boß unterstützt Interessierte bei der Suche nach den familiären Wurzeln - von den Stammbüchern bis zur Suche in Archiven.
VortragTipps zur Ahnenforschung im Archiv in Sankt Augustin
Eigentlich dachte Waltraud Boß immer, dass sie ein echtes „rheinisches Mädche“ ist. Immerhin stammte die Familie ihres Vaters aus Sankt Augustin-Menden, ihre Oma kam aus Bonn-Beuel. Doch als sie vor 20 Jahren mit der Ahnenforschung ihrer Familie begann, stellte sie fest, dass sie auch ein wenig „Ost-Europäerin“ ist
„Nachdem die Schwester meiner Oma um das Jahr 1912 herum von Kosacken im damaligen Galizien vergewaltigt und verschleppt wurde, schickten ihre Eltern das andere Kind, Katarzyna Szczenpaneh, zu Verwandten nach Bonn-Beuel. Galizien war von 1867 bis 1918 Kronland von Österreich-Ungarn, wurde 1867 zu einer autonomen Provinz der k.u.k.-Monarchie mit der Hauptstadt Lemberg“, berichtet sie. Heute heißt der Teil von Galizien, in dem ihre Ahnen lebten, Ukraine.
Familienbücher sind eine wertvolle Quelle bei der Forschung nach seinen Vorfahren
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Grenzen verschoben. „Das frühere Westgalizien kam zu Polen, Ostgalizien zur Ukraine“, so Boß. Ihre Vorfahren mütterlicherseits seien dann von Ostgalizien zwangsweise nach Polen umgesiedelt worden, da sie polnische Wurzel hatten. Sie hat inzwischen Kontakt zu dieser Verwandtschaft aufgenommen.
Doch woher hat sie ihr Wissen bekommen? „Familienbücher sind eine wertvolle Quelle“, erklärt Boß. „Sie dokumentieren die Ahnenfolge der Bewohner eines Ortes.“ Doch das sei erst der zweite Schritt in der Ahnenforschung. Zuerst müsse man sämtliche noch lebenden Verwandten befragen. In den Stammbüchern dieser Familien fänden sich wichtige Hinweise auf die Vorfahren.
Und dann ginge die Suche mit diesen Daten weiter. Das Internet ist für sie dabei eine wertvolle Hilfe. „Einige Kommunen wie Sankt Augustin haben ihre Ortsfamilienbücher schon online gestellt, andere wie Siegburg leider noch nicht“, so Boß. Da bleibe nur der Weg ins Archiv, um persönlich zu blättern. Man bekäme Auskunft, wenn man die Namen der Vorfahren wisse.
Für Geburtsurkunden beträgt der Datenschutz 110 Jahre, für Sterbeurkunden 30 Jahre
Allerdings gibt es da noch den Datenschutz. Für Geburtsurkunden beträgt er 110 Jahre, für Heiratsurkunden 80 Jahre und für Sterbeurkunden 30 Jahre. Das seien aber Zeiträume, an die sich die Verwandtschaft meist noch erinnere.
Die historischen Daten seien in den Zivilstandesregistern erfasst worden. Für den linksrheinischen Teil des Rhein-Sieg-Kreises reichen sie bis ins Jahr 1798 zurück, rechtsrheinisch bis 1810. „Die Franzosen, die das Rheinland besetzt hatten, sorgten damals dafür“, so Boß. Auch alte Kirchenbücher können noch wichtige Hinweise geben. Die müssten aber meist vor Ort persönlich eingesehen werden.
Zudem seien diese noch in den alten Handschriften verfasst, die nicht jeder lesen könne. Und damit kommt die Ahnenforscherin zu einem weiteren wichtigen Thema. „Namen können sich plötzlich ändern.“ Die Standesbeamten hätten niedergeschrieben, was sie verstanden hätten. Und da sei es schon mal zu komischen Dingen gekommen.
Sie berichtet von der Geburtsurkunde einer Frau mit Vornamen Schallöde. Lange hätte sie gerätselt. Als sie ihren Sohn um Rat fragte, wusste der sofort Bescheid, als er von der Herkunft der Familie erfuhr. Sie kam aus Sachsen ins Rheinland, dort wurde die Tochter geboren. Mit breiten sächsisch sprach der Vater auf der Behörde den Namen Charlotte aus. Und der Standesbeamte notierte dann Schallöde.
Vortrag von Waltraud Boß zum Thema Ahnenforschung im Archiv der Stadt Sankt Augustin
Viel erfährt man, wenn man in alten Quellen stöbert. So heirateten die Kinder von Scharfrichtern nur den Nachwuchs der Henkerkollegen. Der Beruf war in der Gesellschaft so verachtet, dass keiner mit den Familien etwas zu tun haben wollte. Oder der Apotheker, dessen vier Frauen alle auf mysteriöse Weis starben.
Boß schreibt zurzeit an einem Ortsfamilienbuch für den Hennefer Stadtteil Lauthausen. Im Stadtarchiv in Sankt Augustin, Rathaus, Markt 1, hält sie am Donnerstag, 7. November 2024, ab 18 Uhr einen 90-minütigen Vortrag zum Thema Ahnenforschung. Sie gibt Tipps zur Materialfindung und zum Einordnen der Quellen. Der Eintritt ist frei. Der Vortrag richtet sich an Personen ohne umfangreiche Vorkenntnisse. Wegen der begrenzten Platzzahl ist eine vorherige Anmeldung unter, 02251/243-337 oder per Mail unter stadtarchiv@sankt-augustin.de erforderlich.
Waltraud Boß steht auch ehrenamtlich für Fragen zur Verfügung, wenn es ihre Zeit erlaubt. Man kann per E-Mail Kontakt zu ihr aufnehmen. waltraud.boss@koeln.de