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Absturzursache weiterhin unklarToter Pilot in Sankt Augustin war Chefarzt aus Köln

Lesezeit 4 Minuten
Männer in Overalls des THW stehen vor dem Wrack des abgestürzten Flugzeuges am Flugplatz in Sankt Augustin.

Das THW zerschnitt das Wrack des abgestürzten Flugzeuges am Flugplatz in Sankt Augustin, um es abtransportieren zu können.

Zum Zustand der Sechsjährigen, die sich aus den Trümmern retten konnte, gibt es keine weitere Auskunft. 

Am Samstag, dem Tag nach dem Unglück in Sankt Augustin, liegt das Wrack des abgestürzten Propellerflugzeugs noch immer auf dem Acker vor dem Flugplatz Hangelar. Expertinnen und Experten untersuchen die Trümmer, während beinahe im Minutentakt wieder Flugzeuge über ihnen aufsteigen.

Sie suchen nach der Ursache für den Absturz am Freitagnachmittag, 21. März, bei dem der 51-jährige Pilot starb und seine sechsjährige Tochter schwer verletzt wurde. Der Mann lebte in Köln und war Chefarzt. Für ihn kam jeder Hilfe zu spät, seine Tochter konnte sich aus den Trümmern retten. Sie wurde nach Informationen der Polizei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.

Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung untersuchen das Wrack der abstürzten Maschine

Laut röhrend fliegt ein Kleinflugzeug über die Köpfe von Anne Pohl und ihrem Kollegen von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU). Ihr VW-Bus parkt an der Graskante, wo am Freitag Dutzende Einsatzfahrzeuge standen.

Die BFU unterhält ein Netzwerk von Experten, die verteilt in Deutschland leben und erste Untersuchungen vornehmen können. Pohl und ihr Kollege sind gleich am Freitagnachmittag aus Braunschweig, wo die BFU ihren Sitz hat, losgefahren. „Um 22 Uhr waren wir hier, unser Kollege hat uns die Einsatzstelle übergeben“, sagt die Frau im grünen Overall.

Mitarbeiter eines Abschleppunternehmens und des BFU begutachten das Flugzeugwrack am Flugplatz in Sankt Augustin-Hangelar.

Mitarbeiter eines Abschleppunternehmens und des BFU begutachten das Flugzeugwrack am Flugplatz in Sankt Augustin-Hangelar.

Die beiden haben einige angekokelte Flugzeugteile in Tüten gepackt und verstauen sie in ihrem Fahrzeug. „Unsere Arbeit besteht darin, Zeugen zu befragen sowie menschliche und technische Faktoren zu untersuchen. Und wir schauen, ob alles da ist“, sagt Pohl mit Blick auf die Trümmer. Ein Zwischenbericht werde allerdings in erst einigen Monaten veröffentlicht werden können.

Am frühen Nachmittag trifft die Fachgruppe Bergen der Ortsgruppe Siegburg des Technischen Hilfswerks ein. Mit einem mobilen Kran heben die Ehrenamtlichen zunächst den schweren Motorblock auf einen Abschleppwagen, dann schneiden sie das Wrack in zwei Teile, um es fortbewegen zu können. Es soll zunächst in einer Halle in der Nähe gelagert und schließlich nach Braunschweig gebracht werden. Auch die Feuerwehr ist noch einmal gekommen, um den Brandschutz sicherzustellen. Einige Trümmerteile, die jetzt erst bewegt werden, schwelen immer noch.

Die Fachgruppe Bergen des Technischen Hilfswerks Siegburg wurde angefordert, um das Wrack auf Abschleppwagen zu laden.

Die Fachgruppe Bergen des Technischen Hilfswerks Siegburg wurde angefordert, um das Wrack auf Abschleppwagen zu laden.

Viele Menschen, die über den Radweg fahren oder spazieren, halten kurz an, machen ein Foto. So war es auch am Freitagnachmittag, nachdem die sechssitzige Maschine vom Typ Beechcraft Bonanza auf den Acker geprallt und in Flammen aufgegangen war. Die Freiwillige Feuerwehr aus Sankt Augustin war innerhalb von fünf Minuten vor Ort und konnte die Flammen schnell löschen, doch für den Piloten kam jede Hilfe zu spät.

Die Polizei hatte zunächst von einer männlichen und einer weiblichen Person an Bord gesprochen. Am Abend gab sie die Identitäten bekannt: Der Pilot war ein 51 Jahre alter Mann aus Köln, mit im Flugzeug saß seine sechsjährige Tochter. Das Mädchen war sofort ins Krankenhaus gebracht worden; zu seinem jetzigen Gesundheitszustand gibt die Polizei keine Auskunft.

Absturz in Sankt Augustin: Toter Pilot war Chefarzt eines Krankenhauses in Bad Oeynhausen

Der Pilot war Chefarzt eines Krankenhauses in Bad Oeynhausen. Er war Fachmann für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin. Der Mann war nach Informationen dieser Redaktion als Notarzt auf dem Rettungshubschrauber Christoph Rheinland tätig. Als Notfallmediziner flog er Einsätze mit dem Rettungshubschrauber. Genau dieser war am Freitag ebenfalls auf der Wiese neben der Absturzstelle gelandet. Der 51-Jährige besaß eine Berufspilotenlizenz, mit der er gewerbliche Flüge auf Flugzeugen durchführen durfte, die nur einen Piloten benötigen.

Warum das Flugzeug kurz nach dem Start am Flugplatz Hangelar abstürzte, ist Gegenstand der Ermittlungen der BFU-Experten. Möglicherweise könnten Motorprobleme der Grund gewesen sein. Nach den ersten Untersuchungen am Wrack und auf der Absturzstelle am Flugplatz gehen die Ermittlungen nun an den Trümmerteilen weiter, die in einer Halle gelagert werden. Nach dem Zwischenbericht in ein paar Monaten wird der abschließende Bericht in etwa einem Jahr erwartet.

Am Flugplatz geht indes der normale Betrieb weiter. Er war nach dem Unfall umgehend geschlossen worden. „Die Flugzeuge hingen anderswo fest, in Leverkusen, in der Eifel. Sie kommen jetzt alle wieder“, sagt Sylvia Wenk aus Wied im Westerwald. Ihr Mann schiebt gerade eine Cessna aus dem Hangar, er will mit der Tochter und ihrer Freundin nach Koblenz fliegen. „Da wollen sie tanken, weil die Tankstelle hier zu hat“, sagt Wenk. Die beiden 19-Jährigen wüssten nichts von dem Unglück.

Sie selbst habe in einer WhatsApp-Gruppe davon erfahren, den Piloten habe sie nicht gekannt. „Es ist kaum zu glauben, dass es das Mädchen da raus geschafft hat.“ Angst vorm Fliegen habe sie deshalb nicht: „Es ist wie mit dem Autofahren: Da passieren auch Unfälle. Wenn es danach ginge, würde niemand mehr in ein Auto steigen.“