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VerpackungssteuerSankt Augustin kann sich schnelle Einführung nicht vorstellen

Lesezeit 3 Minuten
Verpackungsmüll im Parkhaus unter dem Karl-Gatzweiler-Platz in Sankt Augustin.

Verpackungsmüll im Parkhaus unter dem Karl-Gatzweiler-Platz in Sankt Augustin.

In Troisdorf will „Die Fraktion“ einen Antrag zum Verpackungsmüll stellen und die Steuer schon Anfang 2026 eingeführt sehen.

Als Aufforderung an die großen Fast-Food-Ketten, ihren Müll zu reduzieren, verstehen vielen Menschen die viel diskutierte Verpackungssteuer. Sie wurde in Tübingen eingeführt und jetzt vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Doch so einfach, wie es sich liest, scheint es nicht zu sein. In Sankt Augustin jedenfalls können sich Bürgermeister Max Leitterstorf und Kämmerin Claudia Seidl eine schnelle Einführung nicht vorstellen.

„Eine Steuer trifft erst einmal alle und nicht nur die großen Fast-Food-Ketten“, sagt Leitterstorf. So wären zum Beispiel Brauchtumsveranstaltungen betroffen. „Das Feuerwehrfest, die Karnevalsfeier oder Pfarrfeste: Dort werden Getränke verkauft und Speisen angeboten. Meist ist Einweggeschirr im Einsatz.“ Deswegen müsse eine entsprechende Regelung auch Ausnahmen haben. Doch wo zieht man die Linie?

Auch das leckere Eis im Sommer zum Mitnehmen könnte von der Verpackungssteuer betroffen sein

Ein Eis zum Mitnehmen im Sommer ist für viele Menschen ein Dessert für Zwischendurch. Doch beim Eis-to-go setzt ebenfalls die Verpackungssteuer ein. Der Becher ist irgendwann leer, der Plastiklöffel wird nicht mehr gebraucht. 50 Cent pro Einwegverpackung sieht die Steuer in Tübingen vor. Dazu kommt noch eine Abgabe von 20 Cent fürs Besteck, egal aus welchem Material alles ist. „Es sind Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme, die typischerweise nur einmal oder kurzzeitig verwendet werden“, lautet die Definition aus Freiburg.

Auch für Tüten muss bezahlt werden. Wer beim Bäcker morgens ein Käsebrötchen mit einem Kaffee-to-go holt, muss gleich zweimal die neue Steuer bezahlen: für die Tüte 50 Cent und denselben Betrag für den Kaffeebecher. Macht einen Euro Aufpreis in Freiburg.

Eine Verpackungssteuer führt zu einem neuen Bürokratiemonster in den Kommunen von NRW

Das, sagt Leittersttorf, sei für Sankt Augustin „nicht vorstellbar“. Gerade die Bäckereien litten unter den hohen Energiepreisen. Der Verkauf belegter Brötchen sei eine wichtige Zusatzeinnahme. Leitterstorf setzt auf Recup-Systeme. Er selbst hat ein komplettes Geschirr in seinem Büro. Einen Kaffee-to-go im Pfandbecher ist für ihn eine umweltfreundliche Lösung. Er könne zum Beispiel im Auto auf dem Weg zur Arbeit getrunken und der Becher beim nächsten Besuch in der Bäckerei umgetauscht werden.

Bürgermeister Max Leitterstorf und Kämmerin Claudia Seidl setzten auf Mehrweggeschirr.

Bürgermeister Max Leitterstorf und Kämmerin Claudia Seidl setzten auf Mehrweggeschirr.

Dass jede Kommune bei der Verpackungssteuer eigene Regelungen vorgibt, was möglich ist, scheine für ihn der falsche Weg zu sein. Er befürchte einen Flickenteppich an Verordnungen. Eine bundesweite, einheitliche Vorgabe sei richtig: „Es kann nicht sein, dass in der Nachbarkommune eine andere Regelung gilt.“ Besonders Filialisten bekämen da immense Probleme.

Die Einführung der Verpackungssteuer würde zudem zwei neue Planstellen in der Verwaltung in Sankt Augustin nach sich ziehen. „Mindestens 100.000 Euro kostet das im Jahr“, rechnet Kämmerin Claudia Seidl vor. „Wir schaffen mit dieser Steuer ein neues Bürokratiemonster“, gibt Leitterstorf zu bedenken. Er habe ausgerechnet, dass allein in den Kommunen von NRW rund 800 Stellen deswegen neu entstünden. Der Bürgermeister plädiert dafür, die Regelung gewissenhaft zu überdenken. Er könne sich nicht vorstellen, dass sie schon nächstes Jahr in Kraft treten könne.

In Troisdorf wird das Thema Verpackungssteuer nun wieder Thema in der Politik

Leitterstorf möchte das Thema im Stadtrat von den Parteien diskutieren lassen. Sie träfen letztendlich eine Entscheidung dazu. In Troisdorf sind Hans Leopold Müller von „Die Fraktion“ und Thomas Möws von den Grünen schon aktiv geworden: Sie möchten einen Antrag aus dem Jahr 2023 wieder aufleben lassen. Dort wurde die Einführung einer Verpackungssteuer gefordert, um die ständige Zunahme von Einwegmüll aus Imbissen und Fast-Food-Läden zu begrenzen. Die Grünen wollen dabei die Gastronomen sowie Kundinnen und Kunden mitnehmen. Ein einheitliches Mehrwegsystem sollte zudem eingeführt werden, das es erlaube, mit einem großzügigen Förderprogramm den Ein- und Umstieg wirtschaftlich tragfähig zu begleiten. Deshalb soll die Steuer erst ab 2027 starten. Müller kann sich vorstellen, die Steuer schon Anfang 2026 einzuführen.