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StatistikWarum Sankt Augustin die 60.000-Einwohner-Marke nicht überschreiten will

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Am Chart mit der Bevölkerungsentwicklung: Felix Stiepel, Jörg Fischer, Rainer Gleß und Bürgermeister Max Leitterstorf.

Am Chart mit der Bevölkerungsentwicklung: Felix Stiepel, Jörg Fischer, Rainer Gleß und Bürgermeister Max Leitterstorf.

Die Stadt ist sogar gewillt, „einiges zu tun, damit wir nicht weiter wachsen“, kündigte der Technische Beigeordnete an.

Die Zahl der Einwohner von Sankt Augustin wird in den nächsten Jahren die magische Grenze von 60.000 Personen nicht überschreiten. Die Statistikabteilung des Landes NRW (IT-NRW) geht davon aus, dass bis zum Jahr 2043 nicht mehr als 59.000 Menschen in Sankt Augustin leben werden. Damit würde die Kommune in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht als große kreisangehörige Stadt eingestuft, wie es zum Beispiel Troisdorf mit seinen fast 80.000 Einwohnern schon ist.

Für Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf ist das vor allem eine gute Nachricht. „Damit spart unsere Stadt viel Geld“, stellte er bei der Vorstellung der Ergebnisse fest. „Wir müssen zum Beispiel keine zusätzliche Ausländerbehörde einrichten.“

Die Stadt ist sogar gewillt, „einiges zu tun, damit wir nicht weiter wachsen“, wie der Technische Beigeordnete, Rainer Gleß, betonte. Immerhin hat er einen Studienabschluss als Stadtplaner. Ein Mittel, den Bevölkerungszuwachs zu stoppen, sei, keine neuen Baugebiete mehr auszuweisen.

„Unsere Stadt ist für eine Bevölkerungszahl bis zu 60.000 Menschen geplant“, sagte Gleß. Die gesamte Infrastruktur sei darauf ausgerichtet. Auch Schulen, Kindergärten und Seniorenheime gehörten dazu. „Es gibt Flächenreserven in Menden-Ost und Am Kirchberg, diese werden jedoch erst einmal nicht entwickelt“, berichtete der Beigeordnete auf einer Pressekonferenz vor der Sitzung des Ratsausschusses für Umwelt und Stadtentwicklung. Bürgermeister Leitterstorf nickte zustimmend.

Nach eigenen Berechnungen kommt Sankt Augustin spätestens im Jahr 2026 auf über 60.000 Einwohner

Die Zahlen von IT-NRW sind für die Stadt bindend. „Und das ist gut so“, betont Leitterstorf. Die Stadt hat nämlich ihre eigene Bevölkerungsstatistik und kommt darin auf deutlich andere Zahlen. Ihre Prognose geht davon aus, dass spätestens 2026 die 60.000-Einwohner-Marke geknackt wird. 2029 sogar die 61.000-Einwohner-Marke.

Stadtplaner Felix Stiepel und Diplom-Geograph Jörg Fischer erklärten ihre Berechnung: Sie hätten einfach genau hingeschaut. Mit Hilfe eines Planungsbüros wurden zahlreiche weitere Faktoren eingefügt, die so zu einem völlig anderen Ergebnis führten als die Prognose von IT-NRW. Die Zahlen für die jeweiligen Altersgruppen in den einzelnen Stadtteilen und Quartieren wurden heruntergebrochen. Diese Prognose berücksichtigt auch die Geburten und Sterbefälle sowie die im Stadtgebiet vorhandenen Baulandreserven. Die letzteren sollen jedoch nicht ausgiebig genutzt werden, wie Gleß zuvor betont hatte.

„Es werden zwar auch Baulücken und schon bestehende Baurechte ausgeübt, die geschlossen werden, jedoch bringen die nicht eine deutliche Steigerung der Einwohnerzahl durch Neuzuzüge.“ 2023 sei genau das Gegenteil der Fall gewesen, wie Stadtsprecher Benedikt Bungarten mitteilte: „5000 Zuzügen standen 5400 Fortzüge gegenüber.“ Deshalb würden diese hypothetischen Zahlen auch nicht als Grundlage gegenüber dem Land verwendet, um die Stadt einzustufen. „Darauf achten wir genau“, so der Bürgermeister.

Bürgermeister Max Leitterstorf war vor seiner Wahl Professor für Betriebswirtschaft an der H-BRS

Leitterstorf war vor seiner Wahl zum Bürgermeister am 13. September 2020 Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Statistik war eines seiner Steckenpferde. Da war es nicht verwunderlich, dass er einen genauen Blick auf das Datenvorkommen der Stadt warf. „Unsere eigenen Berechnungen liefern eine sehr gute Prognose für die Abschätzungen der zukünftigen Einwohnerzahlen“, urteilte Leitterstorf.

Damit könne die Stadt beispielsweise den Bau von sozialer Infrastruktur wie Kitas und Schulen bedarfsgerecht steuern. Die Zhalen des Landes würden dies nicht in der Tiefe hergeben. Das sahen auch die Mitglieder des Ratsausschusses bei der Vorstellung der Zahlen so. Einheitlich wurde die neue Übersicht gelobt. Man können nun für einzelne Quartiere besser planen. Auffällig ist die Beule im oberen Drittel der Boomer-Generation: Hier wird ein verstärkter Bedarf an barrierefreien Wohnungen in den nächsten Jahren gesehen.“