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WanderungExperte zeigt, welche essbaren Pilze es im Wald von Sankt Augustin gibt

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau hält einen großen Lamellenpilz in der Hand.

Naturschutzbund Deutschland (NaBu) lädt zum Pilzesammeln ein, aber man muss schon wissen, welche essbar sind und welche nicht: Hier ein Kahler Krempling. Sein Genuss kann tödlich enden.

Es gibt in Deutschland ungefähr 150 Speisepilze, sie schmecken aber nicht alle unbedingt gut.

Wer Pilze im Wald sammelt, begibt sich nicht grundsätzlich in Lebensgefahr, kann jedoch bei falscher Auswahl Magen-Darm-Probleme bekommen. Todesfälle können relativ leicht vermieden werden. Das ist das Resümee der Pilzwanderung mit Dr. Reiner Hintzen, die vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Sankt Augustin veranstaltet wurde.

Bei den Teilnehmern der Tour sorgte dies für Erleichterung. Immerhin ist Hintzen auch offiziell anerkannter Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). Rund 5000 Großpilze gibt es in Europa. Sie sind über drei Zentimeter groß. 1500 davon können in Nordrhein-Westfalen gefunden werden.

Pilze im Wald in Sankt Augustin werden von Dr. Reiner Hintzen zielsicher gefunden und bestimmt

Die Tour beginnt mit einer theoretischen Einführung. Der frühere Biologielehrer Hintzen, der in Sankt Augustin wohnt, hat das Hobby Pilze 1990 für sich entdeckt und sich stetig weiter in das Thema eingearbeitet. Pilze gehören nicht zu den Pflanzen und bilden eine eigene Lebensform. „Sie können keine Photosynthese betreiben, jedoch nahezu alle organischen Substanzen abbauen, die es draußen gibt“, wie der Experte erklärt. Sie seien zusammen so etwas wie die „Müllabfuhr des Waldes“.

Hintzen schneidet den Stiel eines Röhrlings auf, um ihn zu bestimmen.

Hintzen schneidet den Stiel eines Röhrlings auf, um ihn zu bestimmen.

„Es gibt in Deutschland ungefähr 150 Speisepilze, sie schmecken aber nicht alle unbedingt gut“, erläutert der Pilzsachverständige. Die Auswahl sei wichtig. Denn zehn Pilzarten seien für Menschen tödlich giftig. Wenn man sich auf die Röhrlinge konzentriere, könne man fast nichts falsch machen. Der Satansröhrling sei der einer der wenigen Röhrlinge, die Magen- und Darmbeschwerden hervorrufen. Er wachse jedoch ausschließlich auf kalkhaltigem Boden, der zum Beispiel an manchen Stellen in der Eifel zu finden ist. Sein weißer Hut, der deutlich rote wulstige Stiel mit feinem rötlichen Netz sowie die roten Röhrenöffnungen machen ihn gut erkennbar.

Gefährlich sei der grüne Knollenblätterpilz. Er gilt als giftigster Pilz in ganz Europa. Schon der Verzehr eines Fruchtkörpers kann tödlich enden. Hintzen hat ein Model mitgebracht und erklärt, wie man ihn sicher erkennt. Charakteristisch sind der olivgrüne Hut, die weißen Lamellen, der genatterte Stiel mit Ring und die verdickte Stielbasis. Prägt man sich diese Merkmale ein, kann man den Knollenblätterpilz nicht mit einem Champignon verwechseln.

Reiner Hintzen zeigt das Modell eines Grünen Knollenblätterpilzes, der lebensgefährlich giftig ist.

Reiner Hintzen zeigt das Modell eines Grünen Knollenblätterpilzes, der lebensgefährlich giftig ist.

Die Gruppe startet im Wald bei Birlinghoven. „Es ist kein gutes Pilzjahr“, urteilt Hintzen mit Blick auf die großen Sammelkörbe einiger Teilnehmer. Dennoch lasse sich immer etwas finden. Ein Rehbrauner Dachpilz wird zuerst entdeckt. Er riecht muffig und rettichartig und ist essbar, aber nicht besonders schmackhaft. Der Fund eines anderen Teilnehmers wird als Eichen-Milchling erkannt. Er riecht nach Blattwanzen, scharf und herb, soll aber essbar sein.

Bei Magen-Darm-Problemen hilft ein Tee aus dem Birkenporling, der im Wald in Sankt Augustin wächst

Der Experte nutzt die Pause, um die Gruppe der Täublinge zu erklären. 230 Arten dieser Lamellenpilze gebe es. Für den Verzehr ist eine Geschmacksprobe vom rohen Täubling erforderlich. Nur die mild schmeckenden Arten sind essbar. Bestimmungsmerkmale für Täubling sind unter anderem oft bunte Hutfarben und ein brüchiger Stiel.

Bäume sind eine Heimat für viele Pilze. An einem umgestürzten Stamm ist eine große Kolonie vom grünblättrigen Schwefelkopf zu entdecken. Sie sind für Sammler ohne Wert, jedoch ein gutes Fotomotiv. An abgestorbenen Birken, so berichtet Hintzen, könne man zum Beispiel den Birkenporling finden. An seinem konsolenförmigen Wachstum und dem cremefarbenen Hut ist er gut zu erkennen. In der Homöopathie wird er als Tee bei Magenleiden genutzt. Auch Ötzi, der Mann aus dem Eis, trug Stücke eines Birkenporlings mit sich.

Ulrich Washausen zeigt einen jungen Parasolpilz dessen Schirm sich noch nicht geöffnet hat.

Ulrich Washausen zeigt einen jungen Parasolpilz dessen Schirm sich noch nicht geöffnet hat.

Ulrich Washausen vom Nabu begleitet die Gruppe. Er findet einen jungen Parasolpilz. Paniert und in der Pfanne gebraten, ist er eine Delikatesse. Auch ein Hexenei wird entdeckt. Es wird später zur Stinkmorchel. Hintzen schneidet es in der Mitte durch. Das grüne Innengewebe ist gut erkennbar, aus der später die übel riechende Masse an der Spitze des Pilzes entsteht. Vorsichtig nimmt Hintzen eine kleine Probe zum Kosten heraus. Sie schmeckt wie Rettich. Dieser Teil des rohen jungen Pilzes ist essbar.

Der Kahle Krempling kann eine Reaktion im Körper auslösen, die die roten Blutkörperchen auflöst

Und dann gibt es noch den Kahlen Krempling, der auch schnell gefunden wird. Der Pilz wurde früher als „Speckpilz“ häufig gegessen. Bei manchen Menschen kann aber auch nach jahrelangen Verzehr eine allergische Reaktion auftreten, die die roten Blutkörperchen auflöst. Deshalb sollte man ihn nicht sammeln.

Ein durchgeschnittenes Hexenei, das später zur Stinkmorchel wird. Wenn man es durchschneidet, kann man den grünen Teil roh essen. Er schmeckt wie Rettich.

Ein durchgeschnittenes Hexenei, das später zur Stinkmorchel wird. Wenn man es durchschneidet, kann man den grünen Teil roh essen. Er schmeckt wie Rettich.

Der Experte rät übrigens, die Pilze schon im Wald zu „putzen“. Dann sehe man, ob sie verwurmt seien. Ein voller Sammelkorb kann dann schnell leer werden. Angst vor dem Fuchsbandwurm hat Hintzen nicht: Er kenne persönlich niemanden, der von diesem Parasiten befallen worden sei. Bisse von Zecken seien da schon gefährlicher. Eine Borreliose müsse schnell behandelt werden. Deshalb solle man die Haut nach jeder Pilztour aufmerksam untersuchen.


Wer nach einem Fund unsicher ist, sollte im Pilzbestimmungsbuch nachschauen. Hintzen empfiehlt „Der große Pilzführer für unterwegs“ von Ewald Gerhardt mit mehr als 1200 Farbfotos, ISBN 3-405-15147-3. Eine kostenpflichtige Pilzapp sei, sagt Hintzen, bei Pilzen zu 80 Prozent treffsicher.