Vor 50 JahrenThermalquelle in Sankt Augustin sollte Touristen anlocken
Sankt Augustin – Nur ein verrostetes Rohr auf einer Weide in Niederpleis, direkt an der Autobahn 560, erinnert daran, dass Sankt Augustin eine Zukunft als Kurort hätte haben können. Vor 50 Jahren begann das ambitionierte Projekt Thermalbad Sankt Augustin. In drei grauen Aktenkartons im Stadtarchiv ist das ganze Projekt sorgsam dokumentiert. Dieses Jahr werden die Unterlagen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Redaktion durfte vorher einen Blick in die Dokumente werfen. Archivar Stefan Dünker holte sie aus dem Regal.
„Das Wasser der Bohrung ist zweifelsohne zur Speisung eines Mineralthermalbades geeignet“ – das war der entscheidende Satz in einem Gutachten. Damit hätte die Kommune mit Bad Honnef gleichziehen und zum Kurort werden können. Zahlreiche Karten und Zahlenkolonnen fallen sofort ins Auge.
Das Chemische Laboratorium Fresenius hatte ganze Arbeit geleistet. Einen Namen für die Quelle war auch schon gefunden: Natrium-Hydrocarbonat-Chlorid-Therme. Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass „das Wasser in der Neubohrung nach den Begriffsbestimmungen für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen des Deutschen Bäderverbandes“ gekennzeichnet werden könne. „Das Wasser ist schwach-weißlich getrübt“, dies werde zum Teil durch Gasbläschen hervorgerufen, so das Gutachten.
Und das Schriftstück wird noch konkreter: Nach 24 Stunden habe sich das Wasser im Reagenzglas gelblich gefärbt. Es rieche nach Schwefelwasserstoff. Der Gutachter scheute auch keine Kostprobe. „Der Geschmack des Wassers ist etwas alkalisch, dabei sehr schwach salzig und nur spurenweise mineralisch.“
Ein Schichtführer mit drei Mann war damals am Bohrgerät im Einsatz. Für den 24-Stunden-Betrieb an der Baustelle wurde eigens eine Ausnahmegenehmigung erstellt – auch wegen der nächtlichen Geräuschentwicklung. Zum Glück, so das Schriftstück, stehe die Bohreinrichtung 200 Meter von nächst gelegen Gebäuden entfernt.
In 645 Metern Tiefe fand sich die Gesteinsschicht, die mineralisches Gold für die Pläne war. 124 Bohrprofile wurden dazu eingeholt. Durch vulkanische Tätigkeit vor Hunderten Millionen Jahren hatten sich Ablagerungen im Erdinneren gebildet, die für die Thermalquelle genutzt werden konnten. Wasser, das in das Bohrloch gegeben wurde, kam erhitzt wieder an die Oberfläche.
Nun begannen schon die Gedankenspiele. „Ich erinnere mich, dass die Idee eines Thermalbades in Birlinghoven im Raume war“, berichtet Rainer Gleß, Technischer Beigeordneter der Stadt. Das Wasser hätte in Rohren von Niederpleis dorthin geleitet werden sollen. Doch aus allen Plänen wurde nichts. Das Projekt wurde aus Kostengründen nicht weiter verfolgt, und die Akten landeten im Archiv.
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„Der Ansatz war allerdings richtig“, betont Gleß heute. Geothermie sei eine wichtige Energiequelle für die Zukunft. In Sankt Augustin seien an verschiedenen Stellen „durchaus interessante Möglichkeiten dafür“. So nutze zum Beispiel das Einkaufszentrum Huma bereits Geothermie, bei der durch Bohrungen die unterhalb der festen Oberfläche der Erde gespeicherte Wärme nutzbar gemacht wird. Eine bedeutende Menge an Energie werde auf diese Weise umweltfreundlich gewonnen.