AboAbonnieren

ReliquienschreineSiegburger Expertin untersucht Verzierungen in St. Servatius

Lesezeit 3 Minuten

Eine Vielfalt von Schmucksteinen findet sich auf den Schreinen. Bohrungen sind Hinweise auf die Vorgeschichte der Preziosen.

  1. Smaragde und Rubine finde man hier nicht, dafür andere Besonderheiten.
  2. Bohrungen der Gravuren sind für die ehemalige Archivarin ein wichtiger Hinweis.
  3. Dass die Schreine immer wieder beschädigt wurden, liegt für sie auf der Hand.

Siegburg – Prächtig wirken sie, die mittelalterlichen Reliquienschreine in der Schatzkammer St. Servatius. Dem Besucher bietet sich der beeindruckende Anblick goldglänzender Kunstschmiedearbeit und einer Vielzahl sorgsam gefasster Schmucksteine. Der schöne Schein trügt allerdings ein wenig: Die Schreine sind nicht massiv, sondern mit Goldblech überaus kunstvoll beschlagene Holzkonstruktionen.

Und die Steine sind nichts, was einen Juwelendieb auf den Plan rufen würde: „Das ist hier nicht die Dresdner Schatzkammer“, sagt Dr. Andrea Korte-Böger. Smaragde und Rubine finde man hier nicht, die seien erst später aus fernen Länder nach Europa gekommen.

Stadtarchivarin kümmert sich um die Verzierungen

Dennoch hat sich die ehemalige Stadtarchivarin und Vorsitzende des Vereins des Michaelsbergs jetzt der Verzierungen angenommen und erfasst Stein für Stein, Perle für Perle. Mehr als 200 hat sie bislang an Honoratus-, Mauritius- und Benignusschrein untersucht und die Ergebnisse auf Datenblättern zusammengestellt, der Annoschrein folgt noch.

„Bergkristall, 1,5 mal drei Quadratzentimeter, gebohrt, aufgespalten, dachseitig mit halbseitiger Bohrung, alt“, heißt es etwa über einen Stein auf dem Benignusschrein, der um 1190 in Köln hergestellt wurde – ein Behältnis für Reliquien, mit denen Abteigründer Anno (um 1010 bis 1075) die Siegburger Benediktiner beschenkt hatte.

Besonders auffällig sind zwei Steine, die gravierte Hunde zieren

Bohrungen der Gravuren sind für Korte-Böger ein wichtiger Hinweis auf die Herkunft von transparenten Bergkristallen, Perlen, violetter Amethysten, tiefschwarzer Onyxe. Denn sie könnten Schwenkungen gewesen sein, die zuvor als Schmuck getragen wurden. Besonders aufgefallen sind ihr zwei Steine, die gravierte Hunde zieren.

Die ehemalige Stadtarchivarin Dr. Andrea Korte-Böger am Honoratusschrein.

Eine religiöse Symbolik sieht sie nur bei transparenten Quarzen gegeben, die für Taufe und Glaubensfestigkeit stehen. Immer wieder stößt sie auf Spuren von Reparaturen, Fassungen, die angepasst wurden, weil ein Stein ausgetauscht oder ersetzt wurde. Einige Schmuckelemente aus Glas gehörten offenbar ebenfalls nicht von Anfang an zum Zierrat.

Menschen nahmen die Schreine mit auf Prozessionen

Dass die Schreine immer wieder beschädigt wurden, liegt für sie auf der Hand. So wurden sie nicht nur bei Prozessionen gern mitgeführt, sondern mussten im Dreißigjährigen Krieg nach Köln in Sicherheit und anschließend zurück nach Siegburg gebracht.

„Sie waren Gegenstände des Gebrauchs“, betont Korte-Böger, die bei der Arbeit auf die Fachkenntnis ihres Ehemanns Bernhard Böger bauen kann, der Diplom-Mineraloge ist. Viele Geheimnisse werden die Steine wohl für sich behalten. Korte-Böger wüsste brennende gern, ob die Goldschmiedewerkstätten damals die Steine horteten und gezielt einsetzen konnten: Dafür würden etwa aufwendig gestaltete Rosetten sprechen, die offensichtlich für bestimmte Steine geschaffen wurden.

Zunftbücher hat es erst später gegeben

Aber das ist eben so wenig bekannt wie die Frage, ob Goldschmiede auch mit Steinen handeln oder Emaillen herstellen durften. Zunftbücher, die darüber Auskunft geben könnten, habe es erst später gegeben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Einige Arbeit liegt noch vor Korte-Böger, die schätzt, erst ein Drittel der Preziosen erfasst zu haben. Die Mühe scheut sie nicht: „Die Steine sind schön, und es macht Spaß.“