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„Feuer&Flamme“Feuerwehr Siegburg wendet Konzept aus TV-Serie bei ihren Auszubildenden an

Lesezeit 4 Minuten
Drei Feuerwehrmänner und eine -frau vor einem Feuerwehrauto.

Alexander Ochtendung, Mara Teckentrup, Max Schürmann und Thomas Decke (v.l.n.r.) sind vier der 15 Feuerwehrleute, die bei der Feuerwehr Siegburg ausgebildet werden.

In der Serie „Feuer&Flamme“ rückt häufig die TOJ-Einheit aus. Bei der Siegburger Feuerwehr sind die Auszubildenden die ersten am Einsatzort.

Ob in der Schreinerei oder bei der Feuerwehr: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Auszubildenden den Weg ihrer Meister beschreiten müssen. Die hauptamtliche Siegburger Feuerwehr geht neue Wege und schickt bei jedem Einsatz ihre Azubis los. Die sogenannte TOJ-Einheit ist stets als Erste an der Einsatzstelle und nimmt damit viel praktisches Wissen auf.

Das Konzept haben sich die Verantwortlichen von der WDR-Serie „Feuer & Flamme“ abgeschaut, in der Feuerwehrleute mit Kameras an den Uniformen von ihren Einsätzen berichten. Bei kleineren Einsätzen tritt häufig die TOJ-Einheit auf den Plan, das steht für „Training on Job“. Die Feuerwehrleute sind Auszubildende, die bei den Einsätzen mitfahren, um praktische Erfahrung zu gewinnen. In der Doku-Serie müssen sie sich jedoch oft im Hintergrund halten.

Feuerwehr Siegburg: TOJ-Einheit rückt immer als erste aus

„Bei uns ist das anders: Die TOJ-Einheit rückt immer als Erstes aus und wird von nachfolgenden Einheiten unterstützt“, erklärt Daniel Winterscheidt, stellvertretender Wehrleiter. Die aktuell 15 Auszubildenden bei der Feuerwehr Siegburg seien der zweite Lehrgang, jedoch der erste mit TOJ-Konzept. „Wir überlegen regelmäßig, wie wir die Ausbildung noch innovativer machen und unsere Azubis direkt einsatzfähig machen können.“

Was Berufsfeuerwehrleute in ihrer 18-monatigen Ausbildung können müssen, sei NRW-weit einheitlich festgelegt, erklärt Lehrgangskoordinator Emanuel Bollinger. „Ein halbes Jahr lang dauern Rettungssanitäter- und Grundausbildung, dann müssen sie das Rettungsschwimmerabzeichen in Bronze und den Lkw-Führerschein machen.“ Auch Beamtenrecht werde gelehrt. „Und dann gibt es zwei Mal ein dreimonatiges Praktikum – das zweite haben wir durch das TOJ-Modul ersetzt“, erklärt Bollinger.

Rhein-Sieg-Kreis bildet Feuerwehrleute auf der Siegburger Wache aus

Ob zu einem Zimmerbrand oder einer einfachen Türöffnung: Wird in Siegburg die Feuerwehr alarmiert, rücken Alexander Ochtendung, Mara Teckentrup, Max Schürmann und Thomas Decke mit dem ersten Fahrzeug aus. Die vier gehören der TOJ-Einheit an und absolvieren ihre Ausbildung bei der Siegburger Feuerwehr, ihre Einsatzstellen werden anschließend bei unterschiedlichen Feuerwehren im Kreis liegen.

Während Ochtendung der Feuerwehr Siegburg angehört, trägt Teckentrup die Troisdorfer Uniform. Decke gehört der Werkfeuerwehr von Functional Solutions in Niederkassel an, Schürmann wird aktiver Teil der Leitstelle. „Es ist wichtig, dass dort aktive Feuerwehrleute sitzen und auch den Einsatz leiten. Die wissen bei einem Brand, was ihre Kolleginnen und Kollegen draußen machen und als nächstes brauchen.“

Schon 2009 bewarb sich der heute 35-Jährige bei der Feuerwehr Bonn, fiel aber durch die Aufnahmeprüfung. Viele Jahre arbeitete er stattdessen beim Rettungsdienst in Much und Ruppichteroth, ehe er sich für die Position in der Leitstelle bewarb. Für Ochtendung (31) ging bei der Feuerwehr der sprichwörtliche Kindheitstraum in Erfüllung: „Ich fand das immer spannend und interessant, aber je älter man wird, desto knapper wird die Zeit – also habe ich es einfach gemacht.“

Teckentrup machte eine Ausbildung als Notfallsanitäterin und fuhr bei der Feuerwehr im Rettungswagen mit. „Mich interessiert das Technische an dem Beruf“, sagt die 25-Jährige. Decke war in einem anderen Beruf beheimatet, ehe seine Firma vor zwei Jahren schloss. Als jahrelanges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist das Hauptamt eine neue Herausforderung für den 43-Jährigen. „Die Ausbildung ist in dem Alter sehr anstrengend, aber es ist sehr interessant, das Wissen aufzufrischen“, sagt er.

Ausbildung im 1000 Grad heißen Brandcontainer

Auf sich allein gestellt sind die vier und ihre Kolleginnen und Kollegen bei den Einsätzen nicht: Ein erfahrener Gruppenführer fährt jedes Mal mit, bald schon kommen weitere Einheiten nach. Alle TOJ-Feuerwehrleute müssen in den Brandcontainer, wo eine 1000 Grad heiße Feuerwalze über sie hinwegrauscht – und das bei Nullsicht.

Eine Frau arbeitet an einer Atemschutzmaske, ein Mann sieht ihr zu.

Auch die Reinigung der Schutzausrüstung gehört zur Arbeit von Thomas Decke und Mara Teckentrup dazu.

„Sie werden in der Ausbildung durchaus mehr gefordert als üblich, aber sie können gut damit gut umgehen – extreme Einsätze sind ohnehin sehr selten“, ergänzt Daniel Winterscheidt. „Hinter der TOJ steht eine starke Wachabteilung, die ein Auge drauf hat, was gerade passiert, um ihnen, wenn nötig, zu helfen.“

Dies sei noch nie passiert, sagt Schürmann. „Wir werden wie vollwertige Kollegen behandelt. Im Alltag auf der Wache hat jeder seine Aufgaben, ich koche zum Beispiel sehr gerne. Da werden die Abteilungen auch gemischt.“ Teckentrup fügt hinzu: „Es ist spannend, in der ersten Reihe zu stehen und Sachen wie Atemschutz und Funk auch anwenden zu können – das ist ein cooles Konzept.“

Auch in der Feuerwehr herrsche Fachkräftemangel, sagt Bollinger. „Die Wachen werben sich leider gegenseitig die Leute ab.“ Die Ausbildung bei der Feuerwehr Siegburg jedoch biete gegenüber Wachen in großen Städten einen Vorteil, glaubt Winterscheidt: „Bei uns passiert vielleicht weniger, dafür ist man nah dran.“