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ForschungsprojektKeramik als Thema bei Museumsgespräch im Stadtmuseum Siegburg

Lesezeit 3 Minuten

Die Expertin schlechthin für das Siegburger Steinzeug, Marion Roehmer, referierte im Stadtmuseum.

Siegburg – Keramik als Medium, darum drehte sich das 279. Museumsgespräch im Stadtmuseum. Mit Marion Roehmer stand die Expertin schlechthin für das Siegburger Steinzeug Rede und Antwort. Sie berichtete über ein Forschungsprojekt, das sich den Darstellungen und Motiven auf Keramikwaren widmet.

Viele noch im Dunkeln liegende Aspekte des reliefverzierten Steinzeugs und der bemalten Irdenware (siehe Kasten) beleuchtet das 2018 aufgesetzte Forschungsprojekt. Es ist laut Roehmer das erste seiner Art. Das Spektrum reicht von der Produktion über die Verwendung bis zur kulturellen Bedeutung der rheinischen Keramik.

Heiß und heißer

Irdenware, auch Irdengut, steht für bei niedriger Temperatur gebrannte Tonprodukte. Diese werden bei Brenntemperaturen zwischen 700 und 800 Grad nicht komplett dicht.

Steinzeug dagegen wird bei 1200 bis 1300 Grad gebrannt und erhält dadurch seine Dichtigkeit. (loi)

Hierfür haben sich das LVR-Landesmuseum Bonn, das Fraunhofer-Institut und das Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn zusammengetan, eingebunden sind auch wie Museen und Sammlungseinrichtungen.

Kunstvolle Motive

Bekannt ist hinlänglich, dass die – von Siegburg ausgehend – im Rheinland entwickelten Keramikgefäße in der Frühen Neuzeit (1500 –1800) zum gefragten Gebrauchsgegenstand und Statussymbol wurden. Letzteres vor allem wegen der kunstvoll szenischen und symbolischen Motive auf den Krügen. Keramik sei durch seine weite Verbreitung damit zum ersten Mal „als massenhaft produziertes Bildmedium eingesetzt worden“, berichtete Marion Roehmer.

Das Projekt will klären, woher die Idee für diese Neuerung kam, wohin die Produkte verkauft wurden, wie die wirtschaftlichen Beziehungen waren oder wie das neue Medium in den Kommunikationsprozess in Herrenhäusern und am Hofe eingebunden war. „Eine Bewusstmachung von Bildern im Alltag“ habe damals eingesetzt, so Roehmer, die eines der Teilprojekte verantwortet. „Tischgespräche entwickelten sich oft anhand der Motive auf den Gefäßen.“ Die Auftraggeber hätten deshalb lange überlegt, welche Bilder sie aufbringen lassen, reformatorische Themen oder weltliche.

Innovative technische Verfahren

So fand etwa der Holzschnitt „Der geistliche Schafstall“ (um 1545) auf eine Schnelle, die mit einer Reproduktion des Holzschnitts im Stadtmuseum ausgestellt ist. Die Forschungsmethodik greift auf innovative technische Verfahren zurück, wie Roehmer schilderte.

Der Holzschnitt „Der geistliche Schafstall“ (um 1545) lag den Motiven auf der Siegburger Schnelle zugrunde.

So werde beispielsweise mit der Neutronenaktivierungsanalyse untersucht, aus welcher Werkstatt die Stücke stammen. Hierfür bohrt man diese an und bestrahlt den Bohrstaub radioaktiv. Dadurch erhalte man quasi einen Fingerabdruck aus Staub der jeweiligen Werkstatt, der immer dieselben Merkmale aufweise „und kein zweites Mal so sein kann“.

Zeitraubend war das Entwickeln einer Mustererkennungssoftware zur automatisierten Identifikation und Klassifikation von Bildmotiven anhand von Fotos. Damit werden etwa Wappenauflagen von Krügen automatisch erfasst und katalogisiert. Hierbei werden unter anderem die Winkel und Reliefhöhen ausgemessen und in den Datenbeständen, die später auch cloudbasiert bereitgestellt werden sollen, abgeglichen und gespeichert. Damit eröffneten sich große Dimensionen in diesem „völlig neuen Forschungsgebiet“. „Es wird das bisher Geltende völlig auf den Kopf stellen“, sagte Marion Roehmer.