Krieg in der UkraineUnternehmen im Rhein-Sieg-Kreis gehen auf Energiesparkurs
Rhein-Sieg-Kreis – Energielieferungen als Waffe im Ukrainekrieg, damit verbreitet Wladimir Putin Angst und Schrecken in Europa. Spekulationen um ein völliges Aus der Gaslieferungen verstärken den psychologischen Effekt. In der Region allerdings reagieren befragte Industrieunternehmen eher gelassen.
Kuhne Group in Sankt Augustin befürchtet Probleme bei Lieferanten
Felix Kuhne, beim Maschinenbauer Kuhne Group in Sankt Augustin zuständig für Verkauf und Unternehmensentwicklung, sagt, er rechne nicht direkt mit einem Ende der Gaslieferungen aus Russland, „aber wir bereiten uns dennoch vor“. Allerdings nutze die Firma das Gas lediglich zum Heizen der Betriebsstätte und der Büros. Ein Betriebsleiter wurde eigens mit der Problematik befasst. Die vorgeschriebenen 19 Grad im Winter würden eingehalten, betont Kuhne. Die 240 Mitarbeiter seien zum Energiesparen angehalten.
Im Technikum des Unternehmens an der Einsteinstraße werde eine Maschine genutzt, um die Halle auf 19 Grad zu erwärmen. „Darüber hinaus haben wir eine Klimafirma beauftragt, in allen Räumen und Hallen Temperaturen zu messen und ein Energiesparkonzept zu entwerfen.“ In den 60er und 70er Jahren habe es noch einen gasbetriebenen Nitrierofen gegeben.
Als größeres Problem sieht Kuhne die steigenden Stromkosten, dafür gebe es noch einen Vertrag bis zum zweiten Quartal 2023. Die Frage, ob die Produktion systemrelevant sei, verneint er, auch wenn auf den Maschinen beispielsweise Folien zum Verpacken von Lebensmittel produziert würden, die diese haltbarer machten.
Der Maschinenbau sei „hart im Nehmen“. Jedoch werde es schwierig, wenn Lieferanten kein Gas mehr erhielten und sich das auf die komplette EU ausweite. „Dann haben wir ein Problem, weiter Komponenten von unseren Lieferanten zu beziehen. Hier muss der Staat in seiner Aufgabe als rahmenschaffende Institution gerecht werden.“ Letztlich sei das aber eine europäische Frage, Hürden müssten abgebaut, Zusammenhalt gefördert werden. „Krisen sind immer auch gut, näher aneinander zu rücken und sich als ein Europa (neu) zu definieren.“
ZF in Eitorf sucht nach alternativen Heizquellen
Beim Autoteilezulieferer ZF Friedrichshafen in Eitorf habe man bereits Konzepte, wie mit der prognostizierten Gasknappheit umgegangen werden könne, teilt Sprecher Florian Tausch mit. Eitorf, wo derzeit 700 Mitarbeiter beschäftigt sind, sei im Gegensatz zu anderen Standorten weniger betroffen: „Erdgas hat bei ZF insgesamt einen substanziellen Anteil am Gesamtenergieverbrauch. Es wird vor allem für Heiz- und Härteprozesse sowie auch für betriebseigene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verwendet“, erläutert Teichert. „Am Standort Eitorf wird es nur als Heizgas verwendet, nicht in der Produktion. Hier gibt es Konzepte, stattdessen auf alternative Heizquellen auszuweichen.“
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Auf Konzernebene evaluiere eine Task Force, mit welchen Energieträgern die ZF-Standorte versorgt werden und welche Möglichkeiten bestünden, um etwa im Fall von Lieferunterbrechungen kurzfristig auf andere Energieträger oder andere ZF-Standorte auszuweichen, um die Produktion aufrechtzuerhalten.
Dabei kämen dem Unternehmen, das weltweit rund 157.500 Mitarbeiter beschäftigt, die laufende Nachhaltigkeitsstrategie zur permanenten Reduzierung des Energieverbrauchs zugute, die nun weiter intensiviert werde.
Siegwerk in Siegburg steht im ständigen Kontakt mit den Behörden
„Derzeit ist nicht absehbar, dass es in unserem Unternehmen kurzfristig zu Produktionsstillständen aufgrund von Gasmangel kommen wird“, teilt der Siegburger Verpackungsfarbenhersteller Siegwerk mit, die Entwicklung der Lieferkürzungen bei russischem Erdgas habe man „aber aufmerksam im Blick“, sagt die Unternehmenssprecherin Bettina Horenburg.
Siegwerk habe bereits mit dem Ausruf der ersten Frühwarnstufe die Behörden des Landkreises angesprochen. „Wir tauschen uns mit ihnen zu aktuellen Lagedaten aus."
Für den Fall, dass sich daran etwas ändert, hat Siegwerk bereits durch vorausschauende Investitionen in unsere Energieinfrastruktur die Voraussetzungen geschaffen, um kurzfristig auf andere Energieträger wechseln zu können.“ 80 Prozent des Gasverbrauchs könnten „genehmigungs- und produktionstechnisch“ ersetzt werden, am Standort Siegburg sei man flexibel bei der Energieversorgung. „Somit wären wir weniger stark von weiteren Rationierungen betroffen als viele andere industrielle Gasverbraucher.“
Ein Ersatz sei aber sehr wahrscheinlich nur zu höheren Kosten möglich. „Die Rohstoff-, Energie- und Transportkosten aufgrund von Übernachfrage und Engpässen in der Lieferkette sind seit Beginn der Corona-Pandemie extrem angestiegen.“ In Kombination mit immer noch weiter steigenden Energiepreisen und der steigenden Inflation verursache das Unruhe in der Industrie und auf den globalen Märkten und stelle für Siegwerk eine Herausforderung dar.
„So mussten wir beispielsweise die beschriebenen Mehrkosten bereits an unsere Kunden weitergeben, um auftretenden Kostensteigerungen zu begegnen.“ Siegwerk beschäftigt in Siegburg knapp 1000 und weltweit rund 5000 Mitarbeitende.
Mannstaedt in Troisdorf sieht Konsequenzen für die Kunden
Bei der Georgsmarienhütte Holding GmbH, zu der auch Stahlprofilhersteller Mannstaedt in Troisdorf-Friedrich-Wilhelmshütte zählt, rechnet man mit erheblichen Konsequenzen, die die am 23. Juni ausgerufene Alarmstufe für Unternehmen und Verbraucher mit sich bringen könnte. Das teilt Julian Kröger, Direktor der Unternehmenskommunikation, mit.
Der Preisanpassungsmechanismus, mit dem Energieversorger höhere Preise direkt an ihre Kunden weiterreichen könnten, sei nach seinem Kenntnisstand bislang nicht aktiviert. „Sollte es dazu kommen, hätte dies direkte und deutliche Auswirkungen auf unsere Energiekosten, die durch Preisanhebungen an den Markt weitergegeben werden müssten.“Bei den Unternehmen der Holding handele es sich „um energieintensive Produktionsbetriebe der deutschen und österreichischen Schwerindustrie, die insbesondere auf eine kontinuierliche Versorgung mit Strom und Erdgas angewiesen sind“.
Bislang sei die Versorgungssicherheit gewährleistet. „Wir werden die Entwicklung allerdings weiterhin sehr genau beobachten, um auf kurzfristige Schwankungen betrieblich reagieren zu können“, betont Kröger.