„Ohne Plastik lebt man besser“Drei Paare führen neuen Unverpackt-Laden in Siegburg
Siegburg – Wenn Bonner Freunde im Laden von Christian Grohmann an der Siegburger Kaiserstraße einkaufen wollen, bittet er sie, das bleiben zu lassen. Ein Geschäftsmann, der Kunden auslädt? „Weil es uns ja um die Nachhaltigkeit geht“, begründet Grohmann das.
Dazu gehört neben der Müllvermeidung auch der Verzicht auf weite Wege zum Einkaufen. Grohmann ist einer von sechs Gesellschaftern des Geschäfts „Guter Laden“, der unverpackte Waren anbietet.
Seit Jahren kaufen sie selbst so ein
Die drei Paare, die den Laden im Juni eröffneten, kaufen selbst schon lange ohne Verpackung ein. Und als die Inhaberin des Unverpackt-Ladens an der Holzgasse aus persönlichen Gründen ihr Geschäft aufgab, bewarben sie sich unabhängig von einander um die Nachfolge.
„Wir fanden es schade, wenn es das Angebot in Siegburg nicht mehr gegeben hätte“ – schlussendlich gründeten sie gemeinsam eine GmbH. Denn, so postulieren sie es auf der Internetseite, „es ist unsere feste Überzeugung, dass man ohne Plastik besser lebt“.
Nudeln gibt es lose, Ketchup im Glas
Deshalb füllen sie lose Produkte wie Hafer, Linsen oder Nudeln und Reis in mitgebrachte oder im Laden erworbene Pfandgläser, Behälter oder Beutel. Ketchup, Nussmus oder Fertiggerichte wie Cili con Seitan liefern die Hersteller schon in Pfandgläsern, Essig und Öl laufen aus großen Behältern in Glas oder Flasche.
Zu haben sind aber auch feste Shampoos und Zahnputztabletten – wobei speziell die Letzteren nicht für jeden etwas sind, wie man im Guten Laden einräumt. Auch ohne Geld muss man das Geschäft an der Kaiserstraße nicht mit leeren Taschen verlassen: Über die Foodsharing-Initiative Siegburg werden Lebensmittel in einem speziellen Regal kostenlos angeboten, ein öffentlicher Bücherschrank liefert Lesestoff.
Produkte kommen möglichst aus der Region
Ein durchschnittlicher Unverpackt-Laden hat rund 70 Lieferanten, etwa 20 hat bislang das Siegburger Team, das den Laden nebenberuflich betreibt. „Möglichst regional, mit kurzen Transportwegen“ werden die 300 bis 400 unterschiedlichen Artikel geordert; gern kennt man die Lieferanten persönlich.
Seitan und Quinoa werden aus Köln geliefert, Getreide und Mehl aus Hennef, Milch aus Sankt Augustin. „Pfandgläser sollten nicht so weit fahren“, betont Dominique Clijsters. Waren aus Südeuropa werden daher in Papiersäcken geliefert werden, um die CO2-Bilanz zu verbessern.
Nachhaltig einkaufen braucht mehr Platz
„Es ist eine Umstellung der Einkaufsgewohnheiten“, räumt Christian Grohmann ein. „Es nimmt mehr Platz weg.“ Gläser brauchen eben mehr Raum als Folientüten.
Viele Kunden müssten sich auch daran gewöhnen, in anderen Maßstäben einzukaufen, weiß Samira Clijsters. Ihr Ehemann Dominic hat mehr als einmal erlebt, dass Kundinnen und Kunden an der Kasse ein blaues Wunder erlebten: „Der 100-Gramm-Preis steht überall dran“; schwer falle aber zunächst, das auf die Mengen im mitgebrachten oder erworbenen Pfandglas umzurechnen.
Ladenbesitzer sind sie im Nebenberuf
„Wir arbeiten daran, das greifbarer zu machen“, verspricht Software-Consultant und -entwickler Clijsters. Der übrigens, wie alle anderen im Team auch, nur im Nebenberuf Ladeninhaber ist. Denn „irgendwie will es ja finanziert sein.“
Und wo stößt das Konzept, unverpackt einzukaufen, an Grenzen? „Chips gibt es nicht unverpackt“, nennt Dominique Clijsters ein Beispiel. Immerhin sind aber Colafläschchen und andere Weingummiartikel im Sortiment.