Plan in KaldauenStadt Siegburg plant ein 7,2 Millionen Euro teures Begnungszentrum

Die Sozialwohnungen in Kaldauen, wie hier an der Lendersbergstraße, werden künftig verstärkt von fest zugewiesenen Flüchtlingen in Anspruch genommen. Einrichtungen zur Integration seien deshalb dringend erforderlich, argumentiert die Stadtverwaltung.
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Siegburg –
Im Planungsausschuss war es nur eine Idee, im Förderantrag ist es mehr als konkret. Mit einer fundierten Analyse, die einen Blick auf die soziale Lage der Stadt und ihres größten Stadtteils Kaldauen wirft, bewirbt sich Siegburg um Zuschüsse aus dem NRW-Sonderprogramm „Hilfen im Städtebau für Kommunen zur Integration von Flüchtlingen“.
Die Idee ist ein „Haus der Begegnung“, dahinter verbirgt sich ein „offenes Stadtteilhaus“, dessen Kern eine neue fünfgruppige Kindertagesstätte bilden soll. Drum herum sind ein Jugendzentrum und eine öffentliche Begegnungsstätte vorgesehen. Platz finden sollen dort ein Elterncafé mit Angeboten der Erziehungsberatung, ein Migrationsbüro und Räume für Ehrenamtler in der Sprachförderung und Hausaufgabenhilfe. Auch an eine Kleiderstube, eine Tafel und Kulturveranstaltungen wie Lesungen und Filmvorführungen, Spieletage und Seniorenbetreuung ist gedacht.
Die Stadt tritt als Bauherr und Eigentümer auf, in Eigenregie sollen die Kaldauer, die auch an der Planung beteiligt werden, das Haus mit Leben füllen. Angedacht ist ein „Hausmanagement“ mit Vereinen und Ehrenamtlern, eventuell auch die Gründung einer Bürgerstiftung. Für den Start sei allerdings ein Stadtteilmanager in den ersten drei Jahren sinnvoll.
In Nachbarschaft der Feuerwehr
Das alles soll, wie berichtet, auf dem ehemaligen Kirmesplatz und in direkter Nachbarschaft mit dem geplanten Feuerwehrhaus für die Löschgruppen Kaldauen und Stallberg entstehen. Die Kosten schätzt Architekt Achim Becker auf 7,5 Millionen Euro. 200 000 Euro kommen für den Stadtteilmanager in den ersten drei Jahren hinzu.
80 Prozent davon erhofft sich Siegburg aus dem Fördertopf des Landes. Dass es gerade in Kaldauen an sozialen Einrichtungen fehlt, macht der Förderantrag mehr als deutlich. Im mit fast 8000 Einwohnern größten Stadtteil sind 20 Prozent Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, und mit rund 16 Prozent ist der Anteil an Ausländern oder Familien mit Migrationshintergrund, wie Spätaussiedler, die in den 90er-Jahren in die Neubaugebiete gezogen sind, für Siegburger Verhältnisse extrem hoch. Ebenso der sogenannte Unterstützungsbedarf. 56 Prozent der Sprachförderung in Kindergärten finden in Kaldauen und auf dem Deichhaus statt, 27 Prozent aller Kindeswohlgefährdungen und Erziehungshilfen registriert das Jugendamt in Kaldauen.
Auf dem Deichhaus, einem Stadtteil mit ähnlicher Demografie, sind es nur zehn Prozent. Denn dort gibt es einen offenen Jugendtreff, einen Jugendmigrationsdienst und ausgeprägte Angebote in Kindergarten und Grundschule. In Kaldauen? Fehlanzeige. In Siegburgs größtem Stadtteil gebe es keine Einrichtungen, in denen sich unterschiedliche Altersgruppen und soziale Schichten begegnen, geschweige denn integrieren könnten, heißt es im Förderantrag.
700 Flüchtlinge in Siegburg
Dabei sei der Bedarf an sozialen Einrichtungen schon jetzt groß und werde sich mit der Unterbringung von Flüchtlingen „nachhaltig verstärken“. Deren dauerhafte Unterbringung weg von Massenunterkünften zu dezentralen Wohnformen über das ganze Stadtgebiet verteilt, werde dazu führen, dass gerade in Kaldauen die vorhandenen Sozialwohnungen zunehmend Flüchtlinge in Anspruch nähmen. „Einheitlich aus einem Guss“ stellt sich die Stadt eine Integration für alle Bevölkerungsgruppen vor: „Woher sie auch kommen und wann immer sie zugewandert sind.“
Die Einschätzung der sozialen Lage und das Konzept zur Integration gilt freilich nicht nur für Kaldauen, es gilt für die ganze Stadt. Derzeit leben rund 700 Asylbewerber in Siegburg, davon sind 440 fest zugewiesen, 260 haben ein erstes Obdach in der vom Land Nordrhein-Westfalen betriebenen Erstaufnahmestelle in der Dreifachsporthalle am Schulzentrum Neuenhof bekommen.
Bis Ende des Jahres rechnet die Kreisstadt mit bis zu 2000 Flüchtlingen, die nicht nur eine Grundversorgung brauchen, sondern „in das Alltagsleben integriert werden müssen“.
Auffallend ist der Anteil von Kindern bis 18 Jahren, die 50 Prozent der zugewiesenen Flüchtlinge ausmachen. „Eine immense Herausforderung“ für die frühkindliche Förderung in Kitas und die Bildung in Schulen.
Und genug Diskussionsstoff für die Sitzung des Stadtrats am heutigen Donnerstag, 18 Uhr, im Rathaus. Denn auch wenn der Förderantrag längst abgeschickt wurde, muss ihn der Rat noch absegnen und sich verpflichten, das Projekt bis zum 31. Dezember 2018 zu stemmen. Eine Entscheidung, welche Kommune wie viel von den 72 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm von Nordrhein-Westfalen bekommt, soll Ende März fallen.