„Ich kann den Unterschied hören“Bahn rodet in Siegburg – zum Entsetzen der Anwohner
- In Siegburg hat die Bahn entlang benachbarter Grundstücke an der Gartenstraße hat in Richtung Bahnhof mit Rodungsarbeiten begonnen.
- In der Böschung liegen auf gut 50 Metern Länge mächtige Stämme gefällter Robinien und große Haufen von Gehäckseltem.
- Einige Anwohner stört das gewaltig.
Siegburg – Noch freut sich Corinna Graumann über einen schmalen Streifen kräftigen Grüns im Schatten der hohen Bäume, dahinter ist das Gras ihres Gartens in der heißen Sonne zu trockenen Halmen verdörrt. Leider, denn ihr langgezogenes Grundstück an der Gartenstraße ist ein Idyll, mit vielen Spielgeräten für die Kinder.
Über all dem wacht der mächtige, etwas verwitterte Gartenzwerg „Hubert“, den die Pänz schon mehrfach vor dem Sperrmüll gerettet hätten.
Schattenspender in Gefahr
Die Brückbergerin sieht das kleine Paradies in Gefahr, denn entlang benachbarter Grundstücke an der Gartenstraße hat die Bahn in Richtung Bahnhof mit Rodungsarbeiten begonnen. Nur zwei Gärten weiter sind die Ergebnisse des Kahlschlags zu sehen. In der Böschung liegen auf gut 50 Metern Länge mächtige Stämme gefällter Robinien und große Haufen von Gehäckseltem.
Die Anwohnerin fürchtet, dass auch die Schattenspender für ihren eigenen Garten noch weichen müssen: „Kein Schatten, keine Tiere, kein Lärmschutz“, das könnten die Folgen sein. „Ich kann den Unterschied hören“, schildert ihre Nachbarin Claudia Staecker, vor allem beim Vogelgezwitscher. Graumann ärgert sich, dass weder Rhein-Sieg-Kreis noch Bahn über die Arbeiten informiert hätten, da müsse es doch eine Informationspflicht geben.
Bahn wurde zu einer Vorabinformation geraten
Daniela Blumenthaler von der Pressestelle der Kreisverwaltung nahm hierzu Stellung: Tatsächlich habe man der Bahn ausdrücklich zu einer Vorabinformation geraten. Die Maßnahmen hätten Verwaltung und Bahn bei einem Ortstermin abgestimmt. Blumenthaler betont, dass die Rodungen der Verkehrssicherung dienten – und diese habe Vorrang vor Fragen des Naturschutzes.
Claudia Staecker hat den schweren Brand in der unmittelbaren Nachbarschaft im August vergangenen Jahres selbst miterlebt, die Feuerwalze, die sieben Wohnhäuser zerstörte, gesehen. „Auch uns hätte es gut treffen können“, sagt sie, glaubt aber nicht, dass die Bäume hinter ihrem Garten zur Gefahr werden könnten und sich ein solches Unglück wiederholen könnte.
Flammeninferno
Am 7. August jährt sich der Großbrand auf dem Siegburger Brückberg, bei dem sieben Wohnhäuser zerstört und 32 Menschen verletzt wurden. Damals waren bei einem Böschungsbrand Flammen über die Gleise hinweg auf die Brückberger Seite hinübergeschlagen. (ah)
Auf Anfrage der Redaktion erläuterte ein Bahnsprecher den Hintergrund: „Extremwetterlagen“ mit schweren Stürmen sorgten immer häufiger für millionenhohe Schäden, Zugausfälle und Verspätungen.
Das Ziel: Eine sturmsichere Schiene
Die fraglichen Robinien hätten einen „hohen Vorschädigungsgrad“ und zeigten einen „deutlichen Schrägstand“ in Richtung Bahntrasse. Sie und vor allem Haselnusssträucher würden so zurückgeschnitten, dass sie neu austreiben könnten.
Mit den bisherigen Rodungen seien die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. „Ziel ist es, die Schiene sturmsicherer zu machen – damit die Fahrgäste bei Wind und Wetter verlässlich unterwegs sind“, hebt der Sprecher hervor. Schlechte Aussichten für die Schattenspender also.
Auch die Stadtverwaltung sei nicht informiert worden, sagt Pressesprecher Jan Gerull. Anwohner hätten die Sorge geäußert, das gehäckselte Holz könne zum Brandrisiko werden. Feuerwehrchef Thomas Glatz habe sich die Situation angesehen und keine erhöhte Gefährdung ausgemacht.
„Flach auf dem Boden liegendes Spanmaterial ist aufgrund der geringen freiliegenden Oberfläche nicht so leicht entzündlich wie stehendes Material“, heißt es in einer Mitteilung.