Die Fassade des ab 1906 erbauten Kirchturms ist ein Sicherheitsrisiko und wird derzeit saniert.
Kirche St. AnnoBis zum Sommer bleibt Siegburgs höchstes Gerüst noch stehen
Zwei Jahre ist es her, dass die Kirche St. Anno ihr weithin sichtbares Kreuz wiederbekam, als Höhepunkt der Sanierung des Turmhelms, der mittels eines riesigen Autokrans vollzogen wurde. Doch nach wie vor verhüllen ein Gerüst und weiße Stoffbahnen einen großen Teil des Turms.
Bei den Arbeiten trat eine böse Überraschung zutage, und Architekt Max Ernst erläuterte jetzt vor Ort, warum dem fast 120 Jahre alten Gemäuer nicht zu trauen war: Bei einem Rundgang hatte er festgestellt, dass es zwischen dem Kern des Turms aus Backsteinmauerwerk und den Fassadenplatten aus Tuffstein keine feste Verbindung gab, lediglich eine Mörtelschicht.
7800 Stahlanker für den höchsten Kirchturm Siegburg
„Das Risiko, das so zu lassen, war zu groß“, lautete Ernsts Einschätzung. „Sicherheitsrelevanz war ein großes Thema“, pflichtete auch Arno Schleicher, Baureferent beim Erzbistum, bei. Das Gerüst blieb also stehen, der Vorplatz gesperrt. Derzeit sind Mitarbeiter der Kölner Steinmanufaktur Schwieren dabei, mit 7800 Stahlankern Fassadenplatten und Mauerwerk zu verbinden. „Der Turm ist zur Hälfte fertig“, berichtete Steinmetzmeister und Bauleiter Dominique Bierbaum, „wir arbeiten von oben nach unten.“ Er zeigte sich zuversichtlich, planmäßig im Sommer fertig zu werden. Anita Boscheinen vom Ortsausschuss Anno-Treff fragte schon nach einem Termin für ein Fest.
St. Anno hat mit 76 Metern den höchsten Kirchenturm in Siegburg. Max Ernst zufolge war er erst 2007/2008 saniert worden, offenbar nicht vollständig, sodass jetzt außer den Verankerungen auch nachverfugt werden müsse.
Ernst sorgt auch dafür, dass die maroden Schallläden vor den Glocken erneuert werden. Sie werden aus Lärchenholz gefertigt, das der Witterung gut standhalten, ohne dass es lackiert werden muss. Auch Reinigungsarbeiten und einige „Kleinigkeiten“ am Naturstein fallen noch an. Mit Kosten von rund zwei Millionen Euro wird insgesamt für die Sanierung des Turms kalkuliert.
Auch das Bleidach des Hauptschiffs ist schadhaft
Ernst und Schleicher sorgen sich auch um den Zustand des Hauptschiffs, dessen markante Betonarchitektur in bewusstem Gegensatz zur Neogotik des Turms steht und das 1973 eingeweiht wurde. „Das Bleidach ist schadhaft“, schildert Ernst, zwischen dem Blei und einer Folie bilde sich Schwitzwasser, das wiederum dem Beton zusetze.
„Der Dachdecker muss ständig flicken“, erläutert der Architekt weiter, die Abstände zwischen den Arbeiten würden dabei immer kürzer. „Wir überlegen, ob es Alternativen zum Blei gibt, Kupfer oder Aluminium.“ Blei sei die teuerste Variante. Mit der Dachsanierung soll begonnen werden, wenn der Turm fertig ist. Detlef Kossendorp, Verwaltungsleiter der Kirchengemeinde St. Servatius, erwähnte in dem Zusammenhang, dass gleich an die Kirche ein neues kleineres Pfarrheim gebaut werden solle, was bei der Sanierung mitbedacht werden solle.
Neue Ideen für das Gemeindeleben
Der Anno-Treff sorgt dafür, dass nicht nur die Sorge um die historische Architektur das Leben in und um die Kirche prägt. „Wir hatten alleine im letzten Vierteljahr zehn Chöre hier“, hebt Anita Boscheinen hervor.
Eine Attraktion ist derzeit noch die große Krippe rechts des Haupteingangs: Vor rund 40 Jahren wurde er in der Gemeinde gefertigt, und im Ortsausschuss macht man sich um den Erhalt des strapazierten Gewebes Gedanken, das Siegburger Kirchen und andere Sehenswürdigkeiten zeigt. Um ihn eines Tages rekonstruieren zu können, wurden bereits digitale Aufnahmen gefertigt.
Der Anno-Treff rückte das Taufbecken, das früher etwas versteckt rechts des Altars stand, an den Beginn des Hauptgangs und ordnete Kirchenbänke neu an. In der Sakramentskapelle, die Verbindung zum Turm darstellt, wurde Platz für Sondergottesdienste in kleinerem Kreis geschaffen. Auch ein kleines Gemeindecafé organisiert der Anno-Treff.
Pfarrer Karl-Heinz Wahlen hatte im Mai 2022 auf einer Pfarrversammlung nach Menschen gefragt, die nach den Einschränkungen durch Corona neues Leben rund um den Kirchturm von St. Anno bringen wollten. Heute hat der Anno-Treff neun feste Mitglieder, und Anita Boscheinen freut sich: „Es gibt viele Leute, die mitanpacken.“