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Vom DJ zum FilmemacherDrei Siegburger krempeln wegen Corona ihr Berufsleben um

Lesezeit 4 Minuten

Sascha Gansen hat sich auf das Drehen von Imagefilmen verlegt, nachdem für den DJ die Aufträge ausblieben.

Siegburg – Die Krise als Chance – das muss keine Floskel sein. Andreas Helfer hat mit drei Siegburgern gesprochen, die wegen Corona ihr Berufsleben umgekrempelt haben.

Vom DJ zum Filmemacher

„Ich bin geschäftlich ein Stehaufmännchen“ lautet die Selbsteinschätzung von Sascha Gansen, und daran kann selbst die Corona-Krise nichts ändern. Als im Frühjahr ein Auftrag nach dem anderen für den DJ platzte, wechselte er kurzerhand vom Plattenteller an die Videokamera und baute sich ein zweites Standbein auf. „Da wollte ich beruflich sowieso hin“, schildert der 48-Jährige, Corona habe das beschleunigt.

Einige Werbe- und Imagefilme hat er seitdem gedreht, für die Gastronomie, eine Importfirma für italienische Lebensmittel, einen Vermögensberater und eine Pferde-Dressur-Schule unter anderem. „In der Corona-Krise wird das Digitale immer wichtiger, sich zu präsentieren, ohne dass Kunden ins Unternehmen kommen müssen.“ Bereits seit 2010 beschäftigt er sich mit dem Filmen, hinzu kommt Objekt-Fotografie. Corona habe ihm die Chance und die Zeit für einen richtigen Einstieg in das Metier gegeben.

Ein Neuanfang ist für Gansen nichts Ungewohntes. Als junger Mann lernte er Maschinenschlosser und arbeitete in der Bundesbahnschule in Oberlar, viele Siegburger kennen ihn auch als langjährigen Inhaber der Disco Basement in der Marktpassage von 2004 bis 2011. Vor sechs Jahren machte er einen Abschluss als Veranstaltungskaufmann. Aufträge als DJ bekam er auch vom WDR 4, wohlgemerkt nach dem Wandel vom Schlager- zum Rock- und Pop-Sender. „Ich war im Leben noch keinen Tag lang arbeitslos“, betont Gansen. „Das wäre für mich die allerletzte Option.“

Vom Kochlehrer zum Mietkoch

Die Hände in den Schoß zu legen kommt auch für Mario Körber nicht in Frage, der drei Kochschulen in Troisdorf-Spich, Bad Honnef und Köln unter dem Namen Eventetage betreibt. Doch auch diesem Geschäftsmodell machte der Teillockdown einen Strich durch die Rechnung, ein Schicksal, das der 42-Jährige mit Café- und Restaurantbetreibern teilt. „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg zum Propheten“, habe er folglich gedacht, „dann koche ich eben bei den Kunden zuhause.“

Mario Körber dreht das Prinzip um: Nicht die Kunden kommen in seine Kochschule, sondern er kocht bei den Kunden zu Hause.

Vier- bis Zehngänge-Menüs sind im Angebot, und die Karte hat einiges zu bieten. Beispielsweise Lachstatar mit Avocado und Kaviar, eine weihnachtliches Kürbis-Mango-Süppchen mit Ananas-Zimt-Spieß, Zanderfilet auf Beluga Linsen, Kalbsfilet mit Spitzmorcheln und Kartoffel-Wirsing-Törtchen oder Tonka-Pannacotta mit Waldbeeren und Crunch. Gern wird das ganze als Showkochen gebucht: „Das ist dann wie ein privater Kochkurs.“

Genauso gut können seine Kunden aber auch eine Runde spazieren gehen, wenn sich Körber an die Arbeit macht. „Ich bringe alles mit, auch Gläser, Geschirr und Besteck.“ Wegen der Coronavorschriften kocht er im familiären Kreis. Körber, der in seiner Kochschule sonst zwölf Mitarbeiter beschäftigt, hatte für November und Dezember eigentlich auf 20 gebuchte Kochkurse gehofft. Einen Namen hat er sich auch mit einem anderen mobilen Gastroangebot gemacht: 1995 ging er als „Flying Barkeeper“ an den Start.

Vom Techniker für Veranstaltungen zum Weihnachtsbaumverkäufer

Um alternative Geschäftsmodelle ist auch der Veranstaltungstechniker und DJ Mario Scholz nicht verlegen. Und sei es, dass er seinen Lkw-Führerschein nutzt, um für einen großen Discounter und andere Kunden Waren zu transportieren. Noch im März sah das anders aus, da blickte der 33-Jährige auf eine arbeitsreiche Karnevalssession zurück. „Danach ging es schnell bergab“, resümiert er, das Maifest in Mülldorf wurde ebenso abgesagt wie das Weinfest in Siegburg oder der Partytower in Olpe. Schon im April nahm er den Job am Lkw-Steuer an, „das ist besser, als auf der Couch zu sitzen“. Veranstaltungstechnik aus seinem Fundus konnte er hier und da vermieten, zudem mit seinem festangestellten Mitarbeiter bei TV-Produktionen mitarbeiten.

Mario Scholz nutzt in der Veranstaltungsflaute seinen Lkw-Führerschein für Transporte. Derzeit verkauft er auch Weihnachtsbäume.

Voll im Trend ist sein Angebot, technisch und organisatorisch bei Streaming-Videokonferenzen zu helfen, von kleinen bis hin zu größeren Veranstaltungen. Er geht davon aus, dass in seiner Branche erst Ende 2021/Anfang 2022 wieder richtig Geld verdient wird. Dann könnten sogar die Preise klettern: Denn viele Solo-Selbstständige wie etwa die „Rigger“, die beim Aufbau großer Lichttraversen anpacken, hätten sich andere Arbeit gesucht.

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„Wir sind uns für nichts zu schade“, betont er. Unlängst habe er für einen Kunden eine Küche abgebaut, und in seiner Lagerhalle, in der ansonsten die Veranstaltungstechnik lagert, geht es derzeit recht weihnachtlich zu: Scholz ist auch in den Weihnachtsbaumverkauf eingestiegen, und für drei Märkte des Henrich Bauzentrum kümmert er sich um festliche Lichtdeko.