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Sichten vom AbteiturmKünstlerin betätigt sich bei Kunstprojekt in Siegburg als „Stadtzeichnerin“

Lesezeit 3 Minuten
Ein tropfenförmiges blaues Kunstprojekt hängt in einem Treppenhaus des Katholisch-Sozialen Instituts (KSI) in Siegburg

Ein gehäkelter Wassertropfen von Katharina Krenkel in einem Treppenhaus des Katholisch-Sozialen Instituts (KSI).

Künstlerin Katharina Krenkel sucht auf dem Turm der Abtei Michaelsberg den Überblick und hält die Stadt in Blautönen fest.

127 Stufen führen hinauf auf die Aussichtsplattform des Abteiturms, Katharina Krenkel hat mitgezählt: Mal fehlt Papier, mal Klebstoff, und so müht sie sich wieder und wieder über die enge Wendeltreppe mit den durch Generationen von Benediktiner-Mönchen ausgetretenen Stufen.

Von der Mühsal ist der Künstlerin allerdings nichts anzumerken, ganz im Gegenteil: In ihrem Kunstprojekt „Siegburg Sichten“ genießt sie diese Woche intensiv den Ausblick in der Höhe und betätigt sich begeistert als „Stadtzeichnerin“: Ermöglicht haben das Vorhaben das Katholisch-Soziale Institut (KSI), das Stadtmuseum Siegburg und die Rhenag.

Künstlerin Katharina Krenkel mit Zeichenutensilien auf der Aussichtsplattform des Siegburger Abteiturms

Ein fantastische Weitsicht in die Region genießt Katharina Krenkel von ihrem Arbeitsplatz aus

Aus dem Stadtmuseum ist die Künstlerin, die 1966 in Buenos Aires geboren wurde und in Püttlingen/Saarland lebt, bereits von ihrer Ausstellung 2022 „Ornament – Natur von der Rolle“ bekannt. Große, aus strahlend blauer Kunststoffschnur gehäkelte Wassertropfen schwingen derzeit im Kiosk vor dem Museum sanft vor sich hin, im leichten Luftstrom eines Ventilators. Im KSI, wo derzeit täglich neue Arbeiten Krenkels zu sehen sind, setzt sich das fort.

Kunst vom Abteiturm in Siegburg: Genau hinsehen lohnt sich

In einem Treppenhaus hängt ein großer Wassertropfen, in kleinen Wandbecken hat sie blaue Knäuel platziert, in Vitrinen sind die Früchte der Arbeit in der Höhe zu sehen: feine und präzise Landschaftszeichnungen in blauer Tusche oder auch der ausnahmsweise aus brauner Schnur gehäkelte Turmhelm der Abtei, gefüllt mit Holzwolle. Eine der Landschaftszeichnungen entpuppt sich bei näherem Hinsehen als etwas ganz anderes: Die vermeintlichen Federstriche sind feine, auf das Papier gestickte Fäden.

Künstlerin Katharina Krenkel legt ein blaues Banner aus gehäkelter Kunststoffschnur über die Brüstung der Aufsichtsplattform auf dem Siegburger Abteiturm

Ein blaues Banner signalisiert, dass Katharina Krenkel gerade arbeitet

„Die Landschaft ist durch das Wasser geprägt“, erklärt Kirsten Lange-Wittmann, Kulturreferentin des KSIs die Bedeutung des Blaus. Und auch wenn Katharina Krenkel vom Turm aus keinen direkten Blick auf Mühlengraben, Sieg oder Rhein hat, kann sie deren Verlauf erahnen, auch am Dunst, der am Morgen über der Region liegt.

Wenn die Künstlerin vom KSI auf Siegburg blickt, sieht sie wohltuende grüne Flecken

Geradezu wohltuend seien die grünen Flecken, insgesamt sehe sie doch eher mehr „Besiedelung als Landschaft“. ICE-Strecke nimmt sie als „Naht“ wahr. Die Vielfalt begeistert sei, die Weitsicht bis ins Siebengebirge und zum Kölner Dom sei überwältigend. Das sei auch anders als bei früheren Projekten, als sie den Turm der Stadtkirche von Bietigheim-Bissingen bestieg oder von St. Martin in Albstadt-Ebingen.

In einem Wandbecken im KSI liegt ein blaues Knäuel aus Kunststoffschnur

Die Kunstobjekte von Katharina Krenkel setzen im Katholisch-Sozialen Institut (KSI) unübersehbar blaue Akzente

Die Abgeschiedenheit in der Höhe gibt ihr Muße. „Es ist alles weit weg und tangiert einen nicht so.“ In die Höhe zu steigen, sich den Überblick zu verschaffen, sei auch im Sinne einer als „Schule des Sehens“, ein Begriff aus dem Bauhaus, dem sie schon als Kunststudentin begegnet sei. „Das schlägt bei mir unheimlich durch.“ Und der große Forscher Alexander von Humboldt sei schließlich auch auf jeden Berg geklettert.

Selbstbewusst zeigt sie auf dem alten Gemäuer Flagge: Bevor sie morgens den Blick über das 360-Grad-Panorama schweifen lässt und das Beobachtete zu Papier bringt, wirft sie ein langes, strahlend blaues aus der Kunststoffschnur gehäkeltes Banner über die Brüstung der Aussichtsplattform.

Zeichnungen in blauer Tusche zeigen Landschaften

Täglich entstehen in der Höhe des Abteiturms neue Zeichnungen


Die ständig erweiterte Ausstellung „Siegburg Sichten“ im Katholisch-Sozialen Institut an der Bergstraße 26 kann bis Freitag, 6. Oktober, täglich von 9 bis 17 Uhr besichtigt werden. Am Sonntag, 27. August, legt sie ein gehäkeltes Altartuch in der Kirche St. Anno aus, das seit 2011 auf Reisen ist, das bereits in mehr als 30 sakralen Räumen zu sehen war und stetig verlängert wird.