Prozess in SiegburgLiebe brachte Frau vor Gericht
Siegburg – Es war wie im Märchen: Ein US-amerikanischer Geschäftsmann, der in Frankfurt arbeitet, kontaktiert auf einem Flirtportal eine Arbeitslose aus Hennef, die Frau entflammt binnen einer Woche, fiebert einem Treffen entgegen – sobald der Geliebte aus Ghana zurückkehrt, wo er Gold kaufen wollte, sollte es soweit sein. Alles Lug und Trug: Statt den Partner im Arm hatte die Frau eine Anklage wegen Geldwäsche am Hals. Richter und Staatsanwaltschaft zeigten Mitleid mit der Einsamen.
Die 53-jährige hatte dem Mann ihr Konto zur Verfügung gestellt. Darauf gingen 15 hohe Summen ein, die sie nach Afrika transferierte. Anfangs vierstellige Beträge, zuletzt fünfstellige. Er habe ihr weisgemacht, dass seine Debit-Karte nicht funktioniere, erklärte die Angeklagte: „Das Geld stammte angeblich von Geschäftspartnern, er wollte damit nach seinen Worten Gold einkaufen.“
Zu Sozialstunden verurteilt
Insgesamt rund 92 000 Euro wurden so „gewaschen“. Nicht nur über das Girokonto der verschuldeten Frau, sondern, als das gesperrt wurde, auch über das Konto ihrer Mutter. „Das klang alles so glaubwürdig, wir wollten nur helfen.“
Zwei große Summen habe sie verabredungsgemäß einem niederländischen Reedereiangestellten übergeben, in einem Hotel in der Nähe und in einem Schnellimbiss. Die Chats mit dem Kurier hat sie gespeichert auf ihrem Smartphone, auch die Wortwechsel mit dem fernen Geliebten, den sie persönlich nie zu Gesicht bekommen hat, „wir haben nur einige Male telefoniert, er sprach gebrochen deutsch mit amerikanischem Akzent“. Sein Angebot, doch einige Hundert Euro für sich abzuzwacken, lehnte sie ab, schrieb: „Ich liebe dich und mache das nicht wegen des Geldes. Ich will dich sobald wie möglich sehen.“
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Die Masche, „Love-Skimming“ (also Liebesfischen) genannt, ist der Justiz nicht unbekannt, die Täter kontaktierten oft gleichzeitig Frauen aus ganz Deutschland, so der Staatsanwalt. Die Angeklagte sei zu gutgläubig gewesen: „Auch leichtfertige Geldwäsche ist strafbar.“ Dabei sei es nicht entscheidend, ob sie von den Transaktionen profitierte. Die Staatsanwaltschaft verzichte aber darauf, die 92 000 von ihr einzuziehen.
„Sie hat sich etwas davon versprochen, war blind vor Liebe“, sagte ihr Verteidiger. Aufgrund der desolaten finanziellen Lage stellte das Gericht das Verfahren ein und verhängte lediglich 100 Sozialstunden. Sollte die 53-jährige Außendienstlerin, die durch Corona ihren Job verloren hat, wieder in Lohn und Brot kommen, können die Stunden in eine Geldbuße von 500 Euro umgewandelt werden. Die Angeklagte nickte und verkündete, sie habe im Anschluss noch einen weiteren Termin im Haus: beim Gerichtsvollzieher.