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ProzessPolizeihund findet Kokain unter der Theke und hinterm Fenstergitter von Siegburger Bar

Lesezeit 3 Minuten
Amtsgericht Siegburg

Eine Siegburger Schankwirtschaft als Drogenumschlagplatz: Einer der Kokain-Verkäufer landete vor dem Amtsgericht.

Der Angeklagte, der kein Wort Deutsch spricht und sich illegal im Land aufhält, wurde in Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt.

Es scheint wie ein Katz-und-Maus-Spiel zu sein. Drogenfahnder legen sich auf die Lauer, erwirken einen Durchsuchungsbefehl für eine Siegburger Bar, der Spürhund erschnüffelt Kokain, festgenommen wird der Verkäufer. Doch die Hintermänner agieren offenbar weiter, das sagte ein Kommissar im Zeugenstand vor dem Schöffengericht. 

Der Angeklagte, der kein Wort Deutsch spricht und sich illegal im Land aufhält, wurde in Fußfesseln in den Saal geführt. Der 38-Jährige saß seit seiner Verhaftung am 2. Februar mehr als fünf Monate in Untersuchungshaft.  Auf wessen Weisung er handelte, dazu kein Wort. Er sei wohl ein „Bauernopfer“, konstatierte der Staatsanwalt.

Polizei sieht Kokain-Schwemme auch im Rhein-Sieg-Kreis

Auf dem Gerichtsflur war vor der Verhandlung ein größerer Fisch aufgetaucht, der polizeibekannte Mann aus der Szene unterhielt sich mit dem Strafverteidiger; der habe vor einigen Tagen auch vor der Bar gestanden, schilderte einer der Fahnder im Zeugenstand. Ein Verwandter des Angeklagten? „Nein“, meinte der Anwalt, der versicherte, er sei von der Familie seines Mandanten aus der Türkei beauftragt worden.

Zur Last legt die Anklagebehörde dem Mann zum einen den Handel mit der harten Droge, die laut der Ermittler derzeit ganz Deutschland und auch den Rhein-Sieg-Kreis überschwemmt. 38 sogenannte Bubbles, verpackt in Tütchen, in einer Wattestäbchen-Box und in einem Stofftuch wurden an dem Vormittag in der Bar sichergestellt.

Sie lagen griffbereit unter der Theke, im Regal hinter Gläsern, aber auch in Hinterzimmern zwischen Fenstergittern und Glasscheiben.  Die verkaufsfertigen, fingernagelgroßen Portionen kosten laut der Fahnder etwa 25 bis 35 Euro im Ankauf und 70 Euro im Verkauf. 

Angeklagter hatte Bargeld, Pfefferspray und den Tresorschlüssel der Siegburger Bar in der Tasche

Der Angeklagte hatte zudem ein Pfefferspray in der Tasche, juristisch ein gefährlicher Gegenstand, und 755 Euro Bargeld in typischer Stückelung. Er sei erst kurz vor seinem Aufgreifen nach Deutschland eingereist, sagte der Strafverteidiger, sein Asylantrag sei in Vorbereitung. Einen festen Wohnsitz hat er nicht, schlief wohl im Hinterzimmer der Bar und bei Bekannten.

Wie auch eine Frau, ebenfalls illegal im Land, die bei der Polizeiaktion in einem Nebenraum entdeckt wurde. Der Angeklagte hatte wohl mehr Verantwortung in der Schankwirtschaft, er trug den Tresorschlüssel in der Hosentasche. Seine DNA wurde auf einigen Päckchen gefunden, andere Spuren waren nicht auswertbar.

Um den Stoff zu verticken, werden ein paar arme Schlucker angeheuert
Der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand zum Kokainfund in einer Siegburger Bar

Der Betreiber der Bar konnte durch die Behörden nicht ausfindig gemacht werden, häufig würden Strohmänner eingesetzt, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand. „Und um den Stoff zu verticken, werden ein paar arme Schlucker angeheuert.“

Staatsanwaltschaft sieht Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft

Die Staatsanwaltschaft wertete die Tat als minderschweren Fall, Strafrahmen sechs Monate bis zu zehn Jahre Haft. Ansonsten gelte eine Mindeststrafe vor fünf Jahren, dann wäre das Amtsgericht nicht mehr zuständig. Da die aufgefundenen Drogen nicht in den Verkauf gelangten, der Angeklagte bislang keine Vorstrafen und schon in U-Haft gesessen habe, sei eine Bewährungsstrafe angemessen.

Dem folgte das Schöffengericht, verhängte aber statt der geforderten 15 nur 13 Monate. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, der Angeklagte bekommt einen Bewährungshelfer, kommt er der Auflage nicht nach, binnen 14 Tagen eine meldefähige Adresse dem Gericht mitzuteilen, kann die Bewährung widerrufen werden.

Die Polizisten, die den Prozess bis zum Ende verfolgten, schüttelten den Kopf. Letztens habe es einen ähnlichen Fall gegeben, der verurteilte Albaner, der sich illegal im Land aufhält, sei seitdem abgetaucht, sagte einer der Ermittler. Die Siegburger Bar, kurzzeitig geschlossen und zwischenzeitlich renoviert, werde wohl bald wieder eröffnet.