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Gaststätte „Zum Fass“Traditionshaus eröffnet nach fast anderthalb Jahren Leerstand

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Eine lange und bewegte Geschichte hat das Haus an der Luisenstraße. Seit 126 Jahren werden hier Gäste bewirtet.

Siegburg – Ehemalige Stammgäste drückten sich seit einigen Wochen die Nase an den Fenstern platt. Versuchten zu erkennen, was hinter den altdeutschen Scheiben geschah: In die Traditionsgaststätte „Zum Fass“ an der Luisenstraße kehrt wieder Leben ein.

Am 19. Dezember 2019 öffneten sich um 17 Uhr die Türen zum Wirtshaus, das im vergangenen Jahr 125-jähriges Bestehen hätte feiern können (siehe Infokasten). „Im Grunde eine Kneipe“ werde das Fass wieder sein, erklärte Torsten Schulz. Der 45-Jährige aus Lohmar ist Betriebsleiter Gastronomie für die Lokale der KJ Gastronomie GmbH mit Sitz in Köln.

Eine lange Theke wollte Torsten Schulz unbedingt realisieren. Der Verzicht auf den Kachelofen machte den Umbau möglich.

Außer „Gilberts Pinte“ und „Schmitze Lang“ in Köln betreibt die Firma der Geschäftsführer Jens Dellhofen und Hartmut Ast in der Region mehrere Irish Pubs. Kein Wunder, dass Biere aus Irland und Großbritannien auch in Siegburg eine wichtige Rolle spielen werden. Zehn Bierleitungen laufen vom Keller zum Zapfhahn.

Veedelsgaststätte und Schreibstube

Im Jahr 1893 eröffnete ein Schulrektor die Gaststätte „Zum Fass“. Ferdinand Becker bewirtete damals die Reisenden an der Provinzialstraße zwischen Köln und Altenkirchen. Seit 1927 ist das Haus im Besitz der Familie Bleifeld/Ilbertz.

Auch zu Kriegszeiten blieb das Lokal geöffnet; nach dem Krieg richteten die amerikanischen Besatzungstruppen im ersten Stock eine Schreibstube ein und gaben Ausweise aus.

Von 2003 bis 2017 führte Bernd Ilbertz, ein ehemaliger Banker und Enkel der Familie Bleifeld, das Lokal an der Luisenstraße 1 – mit maßgeblicher Hilfe von Mitarbeitern: Ilbertz war schon 1972 mit seiner Familie von Siegburg in den Taunus gezogen.

Im Herbst 2017 übernahm eine Pächterin das Veedel-Gasthaus, doch nach nicht einmal einem Jahr gab sie im Sommer des vergangenen Jahres die Schließung bekannt. (dk/coh)

Lange Theke sollte her

Vom Fass gibt es unter anderem Guiness und tschechisches Staropram, Newcastle Brown Ale und Kilkenny, Peters Kölsch und Jever Pils. Weitere zehn Sorten werden in Flaschen angeboten – einiges, aber doch nicht ganz die 50 Sorten, von denen in der Nachbarschaft gerüchteweise die Rede war.

„Es waren unheimlich viele Nachbarn hier, die hier mal gefeiert oder geheiratet haben“, berichtet Torsten Schulz von der Umbauphase. Neben einer Brandschutzsanierung im gesamten Haus brachte diese Zeit vor allem eine Veränderung: „Wir wollten unbedingt eine lange Theke.“ Diesem Plan stand aber der Zugang zum Keller und damit zu den Toiletten im Weg.

Vor allem an hohen Tischen werden im vorderen Raum die Gäste bedient. Der Nebenraum zeigt sich eher als Restaurant.

Tradition der Live-Musik bleibt erhalten

Das Verschwinden des Kachelofens brachte die Lösung. „Der Ofen stand nicht unter Denkmalschutz“, betont der Betriebsleiter; Mitarbeiter der Denkmalbehörde hätten das vor dem Abriss in der Gaststätte begutachtet. Vieles werden Stammgäste wiedererkennen: „Fast das gesamte Mobiliar“ haben Torsten Schulz und Anika Schäfer übernommen, die als Betriebsleiterin in Siegburg arbeiten wird. Zwei festangestellte Kräfte und zwei in Teilzeit werden das Team bilden, Aushilfen kommen hinzu. Im vorderen Raum werden sie an hohen Tischen bedienen, der Nebenraum soll eher Restaurantcharakter haben.

„Gutbürgerliche Küche“ werde dort serviert, auf der „kölschen Speisekarte“ sollen zu maßvollen Preisen unter anderem 500-Gramm-Koteletts, Schnitzel oder „Himmel und Ääd“ stehen. „Super“ fand laut Schulz der neue Koch seinen Arbeitsplatz, wo neue Geräte ebenso installiert wurden wie im Nebenraum: In Zukunft strahlt ein Beamer Fußballübertragungen auf die Leinwand. Die Tradition von Live-Musik wollen auch die neuen Betreiber pflegen. „Wir gehen das ganz entspannt an“, versichert Torsten Schulz mit Blick auf die Eröffnung heute um 17 Uhr. „Wir wollten unbedingt vor Weihnachten eröffnen, damit die Leute sehen, dass auf ist.“