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47 jecke Jahre in SiegburgWarum Funkenpräsident Ferdi Büchel den Staffelstab weitergibt

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann mit Mütze auf einem Marktplatz

Ferdi Büchel gibt sein Amt als Präsident der Siegburger Funken Blau-Weiss ab.

Der Präsident der Funken Blau-Weiss aus Siegburg übergibt am Wochenende sein Amt an Peter Stangier. Im Interview erläutert er, warum.

Ferdi Büchel, Präsident der Funken Blau-Weiss, übergibt am Samstagabend beim Regimentsappell sein Amt an Peter Stangier. Im Gespräch mit Andreas Helfer erklärt er, warum er sich zurückzieht.

Zwei mal elf Jahre als Präsident der Funken Blau-Weiss, da kann man wohl von einer Ära sprechen. Wie sind Sie zum Karneval gekommen?

Karneval hat eigentlich schon lange mein Leben bestimmt. So richtig in Kontakt gekommen bin ich 1977, bei der Rathauserstürmung auf dem Nogenter Platz. Ich war vom Fleck weg begeistert vom Auftritt der Funken. Am selben Tag habe ich entschieden, selbst ein Funke zu werden. Damals habe ich auch meine Frau zum ersten Mal auf der Bühne gesehen.

Seit 47 Jahren bin ich in meinem Verein, meine Frau bereits seit mehr als 50 Jahren. Wenn du dann noch viele Jahre im Vorstand gemeinsam arbeitest, wird das irgendwann ein Teil des Lebens. Auch nach meiner aktiven Zeit als Tänzer war ich bis Mitte der 90er Jahre Trainer. Unsere Kinder Celina und Christopher wurden ebenfalls infiziert und sind schon lange mit dabei, das ist tief verwurzelt in der ganzen Familie. Schon mein Vater war in den 1950er Jahren aktiver Funke und seit Ende der 1970er Jahre Senator unserer Gesellschaft.

Ein Funke in blau-weißer Uniform mit Mikrofon in der Hand.

Ferdi Büchel in seinem Element: bei der großen Prunksitzung an Karnevalssamstag auf der Bühne.

Warum machen Sie nicht einfach weiter als Präsident?

Man soll ja bekanntlich gehen, wenn es am schönsten ist - und ich kann sagen, dass es 22 fantastische Jahre in einer wunderbaren Gesellschaft waren. Zu warten, bis jemand sagt, es ist besser, wenn du jetzt gehst, ist nicht mein Ding. Wir tragen, obwohl wir dies alles ehrenamtlich tun, die Verantwortung, dass die Jugendarbeit und die Brauchtumspflege in die Zukunft getragen werden. Und genau aus diesem Grund bin ich davon überzeugt, dass eine geordnete Übergabe in jüngere Hände auch zwingend erforderlich ist. Den Funken bleibe ich als Geschäftsführer noch erhalten, aber auch für diese Funktion arbeiten wir gemeinsam an der Nachfolge.

Die Nachfolge als Präsident ist geregelt?

Der schon im August gewählte Präsident Peter Stangier konnte sich in den Jahren intensiv mit dem Thema der Nachfolge auseinandersetzen. Unsere übereinstimmende Überzeugung ist, dass den Funken nichts passieren darf. Wir haben mehr als 120 junge Tänzerinnen und Tänzer. Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung, begleiten junge Menschen beim Erwachsenwerden. Und dann sind da noch die Sitzungen: Die Gäste kommen mit der Erwartung, dass diese gut laufen wird und sie gut unterhalten werden, da war es wichtig, dass Peter sich auch ein Stück weit ausprobieren konnte.

Man sollte die eigene Person nicht so wichtig nehmen.
Ferdi Büchel

Was bedeutet für Sie jeck sein?

Über sich selbst lachen zu können, über andere zu lachen ist einfach. Ich kann das, im Karneval gibt es aber einige, die sich zu wichtig nehmen. Das ist ein Habitus, mit dem ich ein Problem habe. Wer Präsident der Funken ist, interessiert im Wesentlichen die Mitglieder der eigenen Gesellschaft. Daneben gibt es vielleicht noch einmal 2000 Siegburger, die sich für den Karneval interessieren, aber das heißt auch, dass es mehr als 40.000 Siegburgerinnen und Siegburgern egal ist. Deswegen sollte man die eigene Person nicht so wichtig nehmen.

Ein Tanzgardepaar auf einer Bühne

Ferdi Büchel als junger Tanzoffizier mit seiner Frau Petra in der Beethovenhalle.

Haben sie Favoriten auf der Bühne?

Marc Metzger, der Blötschkopp, ist ein guter Entertainer, ein Gewinn für jede Veranstaltung und hat einen hohen Anspruch. Ich finde es toll, wenn Metzger oder Martin Schopps, wie früher sein Vater als Rumpelstilzje, jedes Jahr ein neues Programm haben. Und natürlich unsere eigenen Tanzgruppen. Ich bin jede Woche beim Training, der Kontakt zu den jungen Leuten ist für mich sehr wichtig, denn das ist die Zukunft. 80 Prozent des heutigen Vorstands sind ehemalige Tänzerinnen und Tänzer, das prägt die ganze Gesellschaft. Früher waren die Funken eine reine Männergesellschaft. Heute haben wir Minifünkchen und Marketenderinnen, von drei bis 92 Jahren bedienen wir das ganze Spektrum.

Wie sieht es mit Ihrem Kollegen, Sitzungspräsident Volker Weininger, aus?

Der hat mich zuerst irritiert, mit der Figur eines besoffenen Präsidenten konnte ich nichts anfangen. So etwas habe ich in der Realität auch nur einmal erlebt, bei einer Herrensitzung in der Eifel. Die Sitzung hatte um 11 Uhr begonnen, der Auftritt der Funken war für 15 Uhr geplant, Publikum und Elferrat granatenvoll. Plötzlich stand der Präsident auf dem Elferratstisch und fiel kopfüber nach vorne. Wenn wir da nicht mit ein paar Jungs gestanden hätten, wäre er auf die Bühnenbretter geknallt. Aber das war die einzige Begegnung dieser Art. Insofern kann ich heute über Volker Weiningers Rolle als Sitzungspräsident herzhaft lachen.

Heute feiern die Leute lieber, als zuzuhören.
Ferdi Büchel

Wie hat sich der Karneval über die Jahre verändert?

Die Sitzungen sind musiklastiger geworden, früher gab es mehr Redner und Redner-Duos, das Colonia Duett, den Weltenbummler, die Doof Nuss oder den Redner der blauen Partei, Toni Geller. Heute feiern die Leute lieber, als zuzuhören. Wir haben am Karnevalssamstag allerdings ein Publikum, das auch zuhört. Bernd Stelter zum Beispiel reagiert schon einmal deutlicher, wenn keiner zuhört. Zu uns kommt er aber immer gerne.

Haben Sie Lampenfieber?

Ja, bei jeder Sitzung und das ist auch okay. Für mich ist die Leitung einer Sitzung eine Aufgabe, die ich bestmöglich erfüllen möchte. Ich versuche, gewisse Rituale einzuhalten, trinke einen Kaffee und lese mir noch einmal die Moderation durch, die ich für die konkrete Veranstaltung vorgeschrieben habe. Diese benötige ich für die Veranstaltung in der Regel nicht – aber theoretisch kann ich auf das Geschriebene zurückgreifen. Irgendwann geht die Musik los, ein Schalter legt sich um– und los geht’s. Dann bist du im Flow, und alles ist gut. Aber vorher bin ich nervös.

Ein Publikum, das sich abwendet und quatscht, muss für einen Sitzungspräsidenten ein Albtraum sein. Was tut man dagegen?

Dem muss man entgegenwirken. Bei der Abmoderation einer Band kann man noch mitfeiern, aber bei der Anmoderation eines Redners muss man dem Saal klarmachen, die Nummer, die jetzt kommt, braucht Aufmerksamkeit, die braucht vor allem „euch“. Für die Großen wie Weininger, Cantz oder Metzger ist das kein Problem, für jüngere Künstler aber viel schwieriger. Wir müssen überhaupt mehr Nachwuchs auf die Bühne holen, da müssen wir Gesellschaften uns disziplinieren und ein bis zwei jungen Kräften am Abend eine Chance geben. Für mich gibt es nichts Größeres, als nach einer Veranstaltung zufriedene Gäste im Saal oder an der Theke anzutreffen – dann kann auch ich zufrieden nach Hause gehen.