Mitglieder des Bau- und Sanierungsausschusses streiten um zwei Nutzungen unter einem gemeinsamen Dach.
Siegburger BildungscampusWarum eine Mensa und ein Theater schwierige Nachbarn sind

Schulzentrum Neuenhof, Mensagebäude, rechts im Hintergrund der Neubau für den Bildungscampus.
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Eine neue Mensa in einem eigenen Gebäude für den Bildungscampus Neuenhof, das erschien dem Siegburger Rat angesichts des ohnehin 100 Millionen Euro teuren Projekts zu teuer. Also fiel der Entschluss, den Bau zu streichen und die Mensa wieder in ihrem alten Gebäude anzusiedeln. Das allerdings wird auch für den Theaterschatz mit der Studiobühne Siegburg, der Schauspielschule und dem Theater Tollhaus für Kinder und Jugendliche gebraucht.
Im Bau- und Sanierungsausschuss zeigte sich jetzt, dass die gemeinsame Nutzung unter einem Dach ihre Tücken hat: Bekommt das Theater neben einem Neubau für die Bühne halbwegs ausreichende Räume für Büros, Maske, Lager und Kursräume zur gemeinsamen Nutzung mit den Real- und Gesamtschule, wird es für die Mensa eng – und andersherum.
CDU, Grüne und eine Architektin legten Anpassungswünsche vor
Planer Heiner Farwick ließ die bisherigen Vorplanungen Revue passieren und ging auch auf erst am 14. März eingereichte Anpassungswünsche ein, die die Mehrheit von CDU und Grünen mit den Theaterleuten und einer Architektin entwickelt hatten.
Farwick führte eine Reihe von Mankos auf: So gebe es für den Speiseraum mit 136 statt der nötigen 226 Plätze keine klare Orientierung, gleichzeitig werde der Raum zur Verkehrsfläche. Die Nutzung der WCs in der angrenzenden Sporthalle sei nicht möglich, der geplante Kiosk könne nur nach außen, nicht in den Innenraum verkaufen, was für Caterer unattraktiv sei. Der Zugang zur Sporthalle könne nicht attraktiv gestaltet werden.

Theaterleiter René Böttcher vor drei Jahren in der Gesamtschulmensa
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In der oberen Etage wäre ein hoher Raum nur schlecht durch ein Lichtband beleuchtet. Wenn man aber zu der Seite mit dem Bühnensaal hin neue Fenster schaffen würde, ergäbe sich für den Aufführungssaal nur noch eine Höhe von 3,50 Meter.
Anders als zuvor soll der Theaterteil jetzt nicht mehr einem zentralen Platz erreichbar sein, sondern von den Stellplätzen im Norden der Fläche her, wodurch der Campus-Charakter verloren geht. Westlich ist ein kleiner Eingang vorgesehen, der sofort in die Mensa führt. Die Integration der Mensa in das Theatergebäude verursachen Farwick zufolge zusätzliche Kosten von 900 000 Euro.
Hitzige Debatte und unterschiedliche Präferenzen
In hitziger Debatte zeichneten sich unterschiedliche Präferenzen für Mensa und Theaterschatz ab. „Wir sehen den Schwerpunkt im Theaterbetrieb, nicht im Mensabetrieb, der seit zehn Jahren vor sich hindümpelt“, betonte Jürgen Peter, zweiter Fraktionschef der CDU. „Warum soll ich in einen defizitären Bereich investieren?“ Im Ausschuss war die Rede von lediglich 45 Essen, die täglich ausgegeben werden. Stephan Langerbeins, Projektleiter für den Bildungscampus, nannte dagegen 60 Essen. „Natürlich brauchen wir fünf Meter Höhe“, sagte Jürgen Peter in Bezug auf den Theatersaal, das Lichtband müsse nicht sein. Stattdessen könne man etwa ein verglastes Sheddach oder Oberlichter bauen, um Licht hineinzulassen.
Michael Keller, Fraktionschef (SPD) bedauerte, man sei bislang auf einer Linie gewesen, habe sich davon aber verabschiedet. Den Theaterschatz sehe er persönlich als Glücksfall, und es gehe auch nicht um die Qualität von dessen Arbeit.

Der Eingang für den Theaterschatz soll an die hintere Seite des Mensagebäudes verlegt werden.
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Dass jemand aus dem Rat mit einem anderen Architekten Alternativpläne entwickle, habe er aber noch nie erlebt und gehöre sich nicht. „Das Gebäude ist für den Theaterschatz optimiert, nicht aber für die Schule.“ Die Mensa sei wichtig, die Anzahl der Schüler, die ein gemeinsames Essen bekommen, müsse erhöht werden. Auch eine Toilettenanlage fehle. Noch im Dezember hatte es einen Beschluss für eine großen Mensaraum gegeben, der auch als Foyer für das Theater dienen sollte.
Peer Groß (Die Grünen) sprach von einer guten Lösung. Bürgermeister Stefan Rosemann warf er vor, zu wenig Gespräche mit Theaterschatz und Schule geführt zu haben. Die Kommunikation sei nicht gut gewesen, sodass man sich damit habe beschäftigen müssen. Rosemann entgegnete, man könne darüber streiten, wie viele Gespräche nötig sind. Alle Fraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP hätten aber am 10. Februar von einer guten Planung seitens von Stadt und Planungsbüro gesprochen.
Technischer Beigeordneter bringt Sondersitzung ins Spiel
Gross schilderte, Theaterleiter René Böttcher sei angesichts der Pläne „leichenblass“ geworden. Er schlug eine gemeinsame Besprechungsrunde von Verwaltung, Theater, Schule und Politik vor, der Technische Beigeordnete Stephan Marks eine nochmalige Überarbeitung der Planung, die man auf einer Sondersitzung des Ausschusses besprechen könne.
Der für die Schulen zuständige Dezernent Matthias Bamberger warnte, Verpflegung und kulturelles Angebot nicht gegeneinander auszuspielen. 20 bis 30 Prozent der Schüler am Neuenhof stammten aus Familien in Sozialbezügen. Für viele gebe es keine Chance, ein warmes Mittagessen zu bekommen oder bei kulturellen Angeboten „mit aufzuspringen“.
SPD pocht auf ergebnisoffene Diskussion
Jürgen Peter pochte darauf, eine angemessene Foyergröße für den Theaterschatz und fünf Meter Höhe für den Saal als Prämissen festzuschreiben, was aber Michael Keller zurückwies: „Entweder wir können ergebnisoffen diskutieren, oder wir lassen es sein. Sonst ist das nichts als Augenwischerei.“ Für die Vertagung stimmten schließlich CDU, Grüne und Siegburger Bürgerunion.
Theaterleiter René Böttcher schilderte auf Anfrage der Redaktion, er habe im Januar mit der Stadt vereinbart, dass er regelmäßig aktualisierte Planungen bekommen solle. Dann aber sei dreieinhalb Wochen lang nichts geschehen, bis er mit Entwürfen konfrontiert worden sei. Schließlich wandte er sich direkt an die Ratsmehrheit.
Neben ausreichenden Büros für seine festangestellten Mitarbeitenden verzichtete Böttcher auf Räume, die besonders wichtig für die gemeinsame Arbeit mit den Schulen seien, ein Kamera- und ein Tonstudio wie auch eine Probebühne. CDU und Grüne hatten sich bereits zuvor für die Nutzung der ehemaligen Etage im Kaufhof durch die Studiobühne eingesetzt und zur Umsetzung die Stadtbetriebe eingeschaltet.