Das Bürgertheater Attitüde spielt den „Ring des Nibelungen“ im Schnelldurchlauf im Klostergarten der Abtei.
Theater in SiegburgMord und Totschlag am Michaelsberg
Etwas verloren liegt der menschliche Finger im Johannisgarten am Michaelsberg in Siegburg und tatsächlich dauert es einen Moment, ehe die Theater-Requisite wieder aufgefunden wird. Für anderthalb Stunden verwandelt das Bürgertheater „Attitüde“ die Naturbühne im Schatten der ehrwürdigen Abtei in einen Ort, in dem Sex and Crime an der Tagesordnung sind.
Gegeben wird der „Ring des Nibelungen“, der nicht ganz zu Unrecht als die erste deutsche Seifen-Oper gilt. Statt auf vier zeitintensive Aufführungen verteilt, dampfen die Siegburger Mimen den wuchtigen Stoff ordentlich ein, entkernen ihn vom bräsigen Pathos und setzen stattdessen auf schnelle Pointen und schräge Effekte. Prompt sorgt dann halt Heino statt Wagner für den Soundtrack des Stücks.
Das Bürgertheater Siegburg besteht aus Lehrern, Verkäufern und Schulleitern
Das Bürgertheater Attitüde entstand unter der Begleitung der Studiobühne, die vor etwa einem Jahr theaterbegeisterte Laien suchte. Das vom Verein Theaterschatz getragene Projekt sollte „spielfreudigen Menschen eine Bühne und professionelle Unterstützung bei der Umsetzung von Stück-Ideen“ bieten, hieß es. „Wir wollten das Projekt offen gestalten, haben aber auf ein Vorsprechen der Interessenten bestanden, um ein gewisses Niveau zu gewährleisten“, erinnert sich Claudia Böttcher von der Studiobühne Siegburg.
So fand sich ein elfköpfiges Ensemble zusammen, dessen Mitglieder im bürgerlichen Leben Lehrer, Verkäufer, Schulleiter oder Musikmanager sind. „Ich habe immer schon gerne Theater gespielt und wollte das jetzt intensivieren“, erzählt Benedikt Vogt, der im Stück die Rollen von Hunding und Alberich spielt, letzteren mit überaus fragwürdiger Perücke.
Zu Beginn der Proben setzte Regisseur und Schauspieler Bardia Rousta auf das Erlernen ausgewählter Schauspieltechniken. Das Stück hat sich das Ensemble selbst ausgesucht. Bei der Probe im Johannisgarten zeigt sich: Die Truppe im Alter zwischen 17 und 55 Jahren ist längst zu einer Einheit zusammengewachsen.
Das Stück setzt die mittelalterliche Bebauung auf dem Michaelsberg in Szene
Bardia Rousta kann sich in der letzten Probenphase auf das Korrigieren von Feinheiten konzentrieren: „Bei so einem komödiantischen Stoff kommt es entscheidend auf das Timing und Tempo an.“ Der Enthusiasmus des Ensembles sorgt für den Rest: Da wird nicht nur die mittelalterliche Bebauung gekonnt in die Inszenierung eingebaut, die Requisiten reichen vom Bauhelm bis zum Henkersbeil.
Auch schauspielerisch kommt auf die Zuschauer einiges zu: So gibt Arnd Sünner einen herrlich schmierigen Wotan (sehr elegant mit Lacoste-Socken), der allerdings angesichts der Frauen-Power in der germanischen Sagenwelt nicht viel zu lachen hat. Bereits jetzt steht fest: Die Truppe will weitermachen.
Im Juni und September sind insgesamt vier Aufführungen des „Ring des Nibelungen“ geplant, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit: „Bei Nieselregen treten wir auf, dafür gibt es Umhänge“, sagt Claudia Böttcher. Bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 80 Prozent oder Gewittergefahr wird spätestens eine Stunde vorher abgesagt.
Premiere ist am Freitag, 14. Juni, (20 Uhr), weitere Aufführungen am Samstag, 15. Juni (20 Uhr) sowie am 7. und 8. September, jeweils um 19 Uhr. Die Karten kosten 15 Euro.