Siegburg – Wann er das letzte Mal beim Friseur war? Gar nicht so lange her, erzählt Olli. „Aber mit einem anderen Style“, scherzt der Mann auf dem Frisierstuhl. Einen modischen Undercut bekommt er an diesem Tag verpasst: hochrasiert an den Seiten, das Deckhaar etwas länger. Mit Gel und Fön sorgt Tarik Ari für das Finish – kostenlos, wie alle an diesem Tag auf Bezahlung verzichten. Einen Wellnesstag hat die Initiative „Siegburg hilft“ auf die Beine gestellt, ein Geschenk für „Menschen in besonderen Situationen“.

Ein Rundumpaket sei geplant, berichtet Angela Holtmann, Gründerin der Initiative und deren 1. Vorsitzende: Farbberatung und Bartschneiden gibt es auf dem Nogenter Platz ebenso wie Kopfmassage. Wie bei der Essensausgabe zwei Mal in der Woche am Foodtruck, der nun auf dem ehemaligen Firmengelände von Opel Bässgen steht, gehe es weniger ums Sattwerden. „Dass wir uns kümmern, dass wir uns freuen, wenn sie da sind“ – das genießen die Besucher von Foodtruck und Wellnesstag.

Den Anstoß zum Wellnesstag hatte Pia Bruchmann gegeben, die am Nogenter Platz ihren Friseursalon „unique“ betreibt. „Wir sind schon lange karitativ unterwegs“, sagt die Chefin; Mitarbeiterin Juliet Högner war schon mehrfach mit den „Barber Angels“ auf Tour, um Obdachlose zu frisieren.

Angela Holtmann war von der Idee ebenso schnell überzeugt wie Tarik Ari, Inhaber von „Der Barber“ in der Marktpassage, der sich mit dem kompletten Team beteiligt. Nach und nach nehmen die ersten Kunden auf den Stühlen Platz: Draußen unter dem Pavillon die Herren, drinnen – wo allen die Haare gewaschen werden – die Damen.

Es sind Menschen, die auf der Straße leben, und solche, die eine eigene Wohnung haben. Stress mit dem Vermieter im Westerwald hat einer der Besucher, als Helfer im Schaustellergewerbe ist ein anderer besonders von der Coronakrise getroffen.

Mit viel Scham ist das Gespräch über die eigene Situation verbunden. Auch Senioren mit mehr als knapper Rente werden von „Siegburg hilft“ mit Essen versorgt und genießen an diesem Montag ein kostenloses Verwöhnpaket. Das ein gemeinsames Abendessen einschließt, serviert in der „Weinschmiede“ von Jörg Lehnen. „Die sollen alle kommen“, hat er auf die Anfrage von Petra Stahl aus dem Siegburg-hilft-Team geantwortet, für bis zu 30 Personen hat Lehnen gekocht.

Die Bürgermeisterkandidaten Ulla Thiel (CDU) und Stefan Rosemann (SPD) haben zugesagt, als Kellner einzuspringen. Für Angela Holtmann ein symbolträchtiger Einsatz der politischen Rivalen. „Es ist uns egal, woher jemand kommt und was er macht – wir brennen alle für dieselbe Sache.“