Auf der gesperrten Siegtalstraße zwischen Siegburg und Mudersbach nutzten zahlreiche Radfahrer das schöne Wetter. Vereine sorgten für Volksfeststimmung.
Volksfest„Siegtal pur“ lockt tausende Radfahrer auf autofreie Strecke – Ärger mit der Bahn
Tausende Menschen radelten am Sonntag bei Siegtal pur auf der gesperrten Siegtalstraße zwischen Siegburg und Mudersbach. Zwischen der Kreisstadt und dem Bahnhof Au in Windeck organisierten Bürgervereine und Karnevalsgesellschaften zahlreiche Verpflegungsstationen, die Freizeit- wie Extremradler gerne annahmen.
Am Vormittag ist die Wahnbachtalstraße in Siegburg noch wie ausgestorben, kaum ein Radfahrer oder Skaterin ist unterwegs. Ähnlich sieht es auf der Frankfurter Straße in Hennef aus. Das hat Auswirkungen auf den Waffelverkauf von Diego und Nino Schräder, die an der Dondorfer Straße wohnen. „Die Jungs bessern so ihre Ferienkasse auf, für's Phantasialand und und und“, sagt Vater Stefan. 2,50 Euro für eine Waffel übersteigen allerdings selbst Sportplatzpreise bei Jugendspielen. „Das ist qualitativ hochwertiger Waffelteig“, entgegnet Schräder. „Die Hälfte des Erlöses geht an die Kinder- und Jugendhilfe in Hennef.“
In Eitorf und Windeck ist die Siegtalstraße voller Räder und E-Bikes
Die Schüssel der beiden Jungs und ihrer Freunde ist allerdings noch fast voll. „Es ist noch früh, die Leute wollen noch keine Pause machen. Einige haben sich aber schon für den Rückweg angekündigt – wenn die Jungs bis dahin nicht alles aufgegessen haben“, witzelt Schräder.
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Nach 11 Uhr haben auch die Pessimistischsten erkannt, dass das Wetter an diesem Sonntag gut werden wird. In Eitorf und Windeck ist die Siegtalstraße voller Räder, E-Bikes und Roller. Oft sind die Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer besser ausgerüstet als Normal-Radelnde. Der neueste Trend sind offenbar Headsets, um sich während der Fahrt unterhalten zu können.
Interessant zu sehen ist, womit die Leute so unterwegs sind: Zu den größten Blickfängen gehört sicher Thomas Schmitz' E-Trike mit Fahrradwohnwagen. 2,08 Meter mal 89 Zentimeter habe er dort Platz, sogar ein solarbetriebener Kühlschrank passt hinein. Schmitz fährt von einem Fahrradwohnwagen-Treffen in Eitorf heim nach Wissen.
Immer wieder sind auch Autos auf der Strecke unterwegs
Auch wenn Siegtal pur als Motto „Autofreier Sonntag“ hat, ist die Strecke auf einigen Abschnitten für Autos geöffnet. Hinter der Siegbrücke in Alzenbach missachtet ein Autofahrer das Gebot, nach links zu fahren und biegt stattdessen verbotswidrig nach rechts Richtung Stromberg ab. Über mehrere Kilometer fährt er, immerhin rücksichtsvoll, hinter den Radelnden her.
Anders ist das in Rosbach, wo die östliche Ortseinfahrt geöffnet ist. Es kommt zu engen Überholmanövern zwischen Autos und Zweirädern. Zwischen Schladern und dem Kreisverkehr an der Präsidentenbrücke geben Autofahrer kräftig Gas, wenn sich vor ihnen eine Lücke auftut. „Hier heizen auch viele Motorräder durch. Die nutzen irgendwelche Schleichwege, die sie kennen und fahren dann über die Strecke“, sagt ein Ordner an der Kreuzung mit der L312 in Herchen. Einige würde er der Polizei melden.
In Hoppengarten dreht sich am Mittag das „Spießbraten-Moped“, eine Antriebswelle für das geschnürte Stück Fleisch vor dem Feuer. „Heute um 7 Uhr haben wir aufgebaut und sind mittlerweile beim 15. Spießbraten“, sagt Torsten Bangel. Organisiert haben den Boxenstopp der Bürgerverein und die Singgemeinschaft. Bangel würde selber gerne mal mitfahren, aber die Leute zu verköstigen mache auch viel Spaß. „Es spricht sich rum, jedes Jahr haben wir mehr Zulauf“, sagt er. Das Straßenfest in Hoppengarten ist nur eines von vielen entlang der gesperrten Siegtalstraße. Überall halten zu können macht eigenen Proviant eigentlich überflüssig.
Biergärten und Gaststätten am Rande der Strecke sind gut besucht
Ebenso gut besucht sind die Biergärten der Gaststätten am Wegesrand. Am Siegtaler Hof in Herchen machen Dirk Busse, Thomas Lück und Ronny Kläring aus Hennef eine Pause. „Die machen wir jedes Jahr genau hier“, sagen sie. In Etzbach seien sie gestartet und wollten nun mit den Rädern zurück. Ihre E-Bikes hätten sie bereits am Vortag mit ihren Autos an den Startpunkt gebracht, um dem Gedränge in der S-Bahn zu entgehen. „Voriges Jahr hatten wir eine lange Diskussion mit dem Lokführer, der keine Fahrräder mehr mitnehmen wollte, das wollten wir uns dieses Mal sparen“, sagt Lück.
Ärger mit der Bahn habe es trotzdem gegeben. „In Au hielt der Zug plötzlich, obwohl er bis Wissen durchfahren sollte. Der Lokführer hat die Fahrgäste stehen lassen und es gab keine Information, wie es weitergehen soll“, beschreibt er. Dennoch würden sie jetzt das gute Wetter genießen. „Die Atmosphäre ist toll, es macht viel Spaß“, fügt Kläring hinzu. Dass ab und zu Autos über die Strecke führen, findet Busse in Ordnung. „Die haben sicher ein gerechtfertigtes Anliegen. Bei uns in Hennef ist in der Nähe heute jemand gestorben, da fährt jetzt sicher die Familie hin – und es liegt genau in der Zone“, wirft er ein.
Am Bahnhof Au herrscht Volksfeststimmung. Der Bürger- und Verschönerungsverein Au/Sieg verkauft Kaffee und Kuchen aus dem – Achtung, Wortspiel – „Stand der Dinge“ heraus. Auf dem großen PLatz gibt es außerdem Vöner, veganen Döner, auf Spendenbasis. Der Erlös kommt einem Projekt mit verfolgten Frauen zu gute. Auch hier kehren viele Menschen, mit und ohne Rad, ein. Und wer will, fährt gleich weiter nach Rheinland-Pfalz.