Siegtal purBoxenstopp für Radfahrer im Schweizer Haus
Rhein-Sieg-Kreis – Das Fahrrad geschultert, springt André Johann die Treppen zum Schweizer Haus in Eitorf hinauf. „Ich brauch ’nen 15er“, ruft der 50-Jährige. Die Hobby-Schrauber von der Tafel-Werkstatt grienen und reichen das Werkzeug an. Der eilige Johann, ein Profi-Mechaniker, erledigt den Boxenstopp lieber selbst. Derweil sausen 10, 20, 50 Leute auf Rennrädern, Mountainbikes, Trekkingrädern, und Inline-Skates auf der Siegtalstraße vorbei, die an diesem Tag für den motorisierten Verkehr gesperrt ist.
Ehrenamtler leisten Reparaturservice
Wohl Tausende sind es, die das „Siegtal pur“ zwischen Siegburg und Netphen von 10 bis 18 Uhr genießen. Und etliche Dutzend nutzen den Reparaturservice der Ehrenamtler in der früheren Kneipe an der Ecke Harmoniestraße.
Zu wenig Luft, ein Schlitz im Schlauch oder defektes Ventil, Bremsklotz gebrochen, Kette abgesprungen, das seien die häufigsten Pannen, berichten Günter Zschörner und Norbert Herkenrath, zwei der sieben Helfer in roten Shirts mit dem blauem Aufdruck „Fahrrad-Werkstatt“. Das Jahr über sind sie immer dienstags ausschließlich für Bedürftige am Start, heute helfen sie allen.
Arbeitslohn geht in die Kasse
Mit wenigen Handgriffen ziehen sie Reifen ab, wechseln Schläuche, aufgepumpt wird draußen im Hof mit Druckluft. Die Ersatzteile werden berechnet, der „Arbeitslohn“ kommt als Spende in die Tafelkasse vorn bei den Damen, die für den guten Zweck Kaffee, selbst gebackenen Kuchen und Würstchen anbieten. Sie standen zunächst hinterm Haus, wo die Jugend ein Hüpfkissen aufgebaut hat und alkoholfreie Cocktails mixt, und zogen nach zwei Stunden mit Tischen, Bänken und Sonnenschutz-Pavillons um an den Straßenrand: „Hier sehen uns mehr.“
Luft im Schweizer Haus holen
Die Pannenfahrer kommen gezielt, die Station ist auf dem Plan eingezeichnet. Ein Vater-Tochter-Gespann wurde gleich beim Start in Au von einem Platten gestoppt: Mit dem Zug ging’s zunächst nach Eitorf ins Schweizer Haus. Dann jetzt zurück nach Au, beginnt die Tour halt später.
Erst wenige Hundert Meter war eine junge Frau mit ihrem nagelneuen Mountainbike Richtung Merten unterwegs und kehrte um: „Ich glaub’, ich hatte nur zu wenig Luft.“ „Sonst ist alles in Ordnung“, bestätigt Zschörner.
Keine Unterstützung für E-Bikes
Nicht jedem kann geholfen werden. „Bei E-Bikes und Hydraulikbremsen heben wir die Hände“, bekennt Tafel-Leiter Paul Hüsson. Draußen warten schon die Nächsten. André Johann ist fertig, drückt Norbert Herkenrath den Schraubenschlüssel in die Hand, hebt das Bike von Ständer, wischt sich den Schweiß von der Stirn und atmet durch. Weiter, weiter: „Ich habe noch Ziele.“ Ein rasches Dankeschön, ein Blick zur Uhr. „Losgefahren bin ich in Siegburg vor 48 Minuten“, ruft er. „Und 22 Sekunden“, frotzeln die Tafel-Männer.