Coronakrise im Rhein-Sieg-KreisSpargelbauern fürchten um ihre Ernte
- Auch die Landwirtschaft ist von der Coronakrise akut betroffen.
- Immer mehr Landwirte fürchten um ihr Geschäft. Auch die Spargelbauern im Rhein-Sieg-Kreis trifft es hart.
- Wir haben uns mit Landwirten aus dem Kreis unterhalten.
Rhein-Sieg-Kreis – Durch das Coronavirus und die dadurch geltenden Reisebeschränkungen ist auch die Spargelernte gefährdet, die Anfang April beginnen sollte. „Bis jetzt weiß ich noch nicht, wie das funktionieren soll“, sagt Werner Mittermaier, der einen Hof in Niederkassel hat. Noch ist nicht klar, ob wieder alle 14 Helfer aus Osteuropa zur Unterstützung einreisen können.
In den nächsten Tagen müssten die Folien über die Erddämme gebreitet werden, damit die Pflanzen in der Wärme darunter gut austreiben können. Die Ernte der Spargelspitzen sei eine harte körperliche Arbeit, die morgens um 5 Uhr beginne, sechs Tage in der Woche dauere und Vorkenntnisse sowie Geschick erfordere, sagt Mittermaier. „Man kann nicht einfach einem ungeübtem Helfer Werkzeug in die Hand drücken und sagen: »Mach mal.« Das klappt nicht.“ Mittermaier hat jetzt schon in der Familie wegen Unterstützung herumtelefoniert. „Alle haben zugesagt, mir in dieser Notsituation helfen.“
Der Spargel wartet nicht
Früher habe die Ernte erst Ende April begonnen, „aber die Kunden wollen die Ware schneller“, berichtet der 55-Jährige. 90 Prozent der Kunden kaufen bei Werner Mittermaier weißen Spargel; grüner und violetter werden jedoch in den letzten Jahren auch immer stärker nachgefragt.
Messgerät bestimmt den Erntebeginn
Früher musste der Landwirt mit dem Spaten kontrollieren, wie weit der Spargel im Boden schon war und wann er die Oberfläche durchstoßen könnte. Da war Erfahrung gefragt. Die braucht es heute auch, aber nicht mehr das umständliche Verfahren. Ein spezielles Messgerät in 20 Zentimetern Tiefe in der Erde auf dem Feld zeigt an, wann der Erntezeitpunkt näher rückt.
Wenn das Thermometer 400 Grad addiert hat, kann es losgehen. „Ab einer Temperatur von fünf Grad wird alle 24 Stunden der Höchstwert gemessen“, erklärt Werner Mittermaier das Prinzip. Gut mehr als 300 Einheiten zeigte die Skala gestern auf dem Gerät schon an. „Bei dem guten Wetter dauert es nicht mehr lange, bis wir ernten können.“ (vr)
Thomas und Daria Nordhorn haben ihre Spargelfelder in Sankt Augustin. Auch sie machen sich Sorgen wegen der Ernte. „Zwei Saisonarbeitskräfte sind schon da“, berichtet der Landwirt. Sie könnten beim Auftragen der Folien helfen. Doch während der Haupterntezeit würden zwölf Helfer gebraucht. „Wir wissen jetzt noch nicht, wie wir das mit so wenig Personal schaffen sollen“, sagt Daria Nordhorn. Sehr wahrscheinlich könne nicht alles geerntet werden. „Der Spargel wartet ja nicht, bis er dran ist. Die Triebe schießen alle gleichzeitig durch die Erde ans Licht.“
Arbeitsschutzverordnung im Blick
Mit dem Traktor wurden die Spargeldämme auf den Feldern schon vorbereitet. Das ist der vorletzte große Schritt vor der Ernte. Wenn die Folie drüber sei, nehme die Sache ihren Lauf. „Wenn wir Pech haben, dann kann die Hälfte nicht geerntet werden“, befürchtet Thomas Nordhorn. Dauernde Überstunden wegen der Personalknappheit seien nicht erlaubt.
Das bestätigt auch der Kreis. „Es gibt eine Arbeitsschutzverordnung, die nicht einfach außer Kraft gesetzt werden kann“, erläutert Antonius Nolden von der Pressestelle der Kreisverwaltung in Siegburg. Ändern könne dies nur der Gesetzgeber. Die Kreisverwaltung habe nicht die Befugnis, Sonderregelungen zu erlassen.
Landwirt Karl-Josef Engels in Niederkassel hat gleich zwei Probleme. Wegen des Kontaktverbots könnten die Kunden nicht mehr zum Selbsternten kommen. An den Wochenenden stünden sonst bis zu 1000 Autos an seinem Hof, berichtet er. Auch ein Mindestabstand von zwei Metern bei der Ernte sei nicht zu realisieren. „Wer will das denn kontrollieren?“ Es droht, dass die Felder für Selbstpflücker sich selbst überlassen werden müssen. „Die Verluste ersetzt mir dann keiner“, sagt Engels sorgenvoll.
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Doch hat er noch ein zweites Problem. In großen Folientunneln sind bald die ersten Erdbeeren erntereif. Diese Ware wird auf Märkten verkauft. Dazu braucht Engels weitere Hilfskräfte, die er zurzeit noch nicht hat. „Ende April geht es los. Wenn dann nichts geklärt ist, wird es schwierig.“ Er sei telefonisch täglich in Kontakt mit sechs Rumänen, die gerne wieder als Helfer kommen würden. Doch leider wäre nicht geklärt, wie das mit der Einreise geregelt sei. Zum Glück seien schon vier polnische und fünf rumänische Hilfskräfte vor Ort, die sich um die Felder kümmern. Doch diese wollten alle über Ostern zurück zur Familie. Er könne das verstehen, aber „ob sie dann wieder zurückkommen dürfen, steht in den Sternen“. Zudem sei noch nicht abschließend geklärt, ob sie bei der Einreise in ihr Heimatland an der Grenze 14 Tage in Quarantäne müssten. „Ich bin jetzt 55 Jahre alt, so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Engels. Im vorigen Jahr hat er eine neue Lagerhalle gebaut, die abgezahlt werden muss. „Weil mein 26-jähriger Sohn Nils den Betrieb weiterführen will, ist das eine sinnvolle Investition.“