An diesem Dienstag hat die Gewerkschaft Verdi zum Warnstreik im Nahverkehr aufgerufen. So ist die Lage an den Bahnhöfen und auf den Straßen.
Warnstreik im ÖPNVAn den Bahnhöfen im Rhein-Sieg-Kreis regiert das Prinzip Hoffnung
Wer an diesem Dienstagmorgen zur Arbeit, in die Schule oder in die Uni muss, blickt oft hilflos zwischen Fahrplänen und leeren Bushaltestellen hin und her. Die Fahrerinnen und Fahrer der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) und der Stadtwerke Bonn (SWB) streiken. Zahlreiche Busse und auch die Stadtbahn-Linie 66 fallen aus.
Am Busbahnhof Siegburg fällt das um 8.45 Uhr auf den ersten Blick nicht auf. Denn die Subunternehmen der RSVG und der SWB fahren sporadisch. Die Anzeigetafel kündet zwar vom Streik, zeigt jedoch die regulären Abfahrtszeiten an.
Straßenbahnen bleiben am Dienstag komplett im Depot stehen
Die Stadtbahn-Linie 66 fällt komplett aus. Die einzige Alternative ist der Bus der Linie 640, vor dessen Türen sich die Leute drängeln. In der Schlange steht auch Laura Runte aus Siegburg. „Ich wusste vom Streik und wollte den Bus um Viertel vor neun nehmen – jetzt bin ich aber zu spät und muss den nächsten nehmen“, sagt die 21-Jährige. „Um halb zehn müsste ich in der Uni sein, der Bus kommt aber erst um Viertel vor an.“
Im Untergeschoss des Bahnhofs steht ein älteres Ehepaar vor dem Aushang-Fahrplan der Linie 66. „Wissen Sie, ob die Bahn nochmal fährt, zumindest zeitweise?“, will der Mann vom Reporter wissen. Tut sie nicht.
Das Paar aus Bad Neuenahr-Ahrweiler war drei Wochen lang im Oman und hat von der Ankündigung des Streiks nichts mitbekommen. „Für uns ist das natürlich lästig, die Angestellten kann ich schon verstehen, wegen der Inflation und so“, sagt der Mann. Doch der Bus nach Bonn um 9.13 Uhr fährt nicht. Das Ehepaar entschließt sich, ein Taxi zu nehmen. Andere Reisende stapfen frustriert zurück in Richtung Bahnhofsgebäude.
Warnstreik am Bahnhof Siegburg: Fahrende Busse und ratlose Pendler
Die nächste Person strandet am Prellbock der Stadtbahn. „Ich komme aus Lohmar: Von da fuhren die Busse nach Siegburg, deswegen dachte ich, die Bahnen würden zumindest ab und zu mal fahren“, berichtet eine Frau. „Aber wieso müssen die streiken? Bei Erzieherinnen und Krankenpflegern könnte ich es verstehen. Aber hier? Kann man sich nicht einfach zusammen an einen Tisch setzen? Das geht doch auch, ohne dass alle Leute drunter leiden“, schimpft die Frau, bevor sie sich auf den Weg zurück nach Lohmar macht.
Am Hennefer Bahnhof herrscht weniger Betrieb als sonst. Auch hier gilt Hoffen und Bangen: Elias Dorfmüller aus Dattenfeld muss nach Ruppichteroth. Ob der Schnellbus 53 Richtung Waldbröl, der in sieben Minuten abfahren soll, kommt? „Wenn nicht, habe ich ein Problem“, sagt der 19-Jährige, der extra früh aufgestanden ist.
Fahrern privater Unternehmen fehlt Verständnis für hohe Forderungen
Er habe gehört, der Streik beschränke sich auf Bonn und Siegburg, in Hennef führen mehr Busse. „Sonst muss ich den nächsten nehmen – Zeit habe ich ja genug.“ Doch er hat Glück, der Bus fährt. „Der nach Asbach fährt nicht, ne?“ ruft der Fahrer durch die offene Tür den Wartenden zu.
Einige private Busse parken am Rand des Busbahnhofs, die Fahrer machen Pause. Verständnis für ihre streikenden Kollegen hätten sie schon, sagen Ingo Marsiske, Harald Baumann und Patrick Höfer. „Aber nicht, was die verlangen: 500 Euro sind schon sehr happig“, findet Marsiske. Dabei seien er und andere Fahrerinnen und Fahrer unterbezahlt. „Dazu kommen die Arbeitszeiten. Ich bin oft zehn, elf Stunden unterwegs.“
Marsiske lenkt die Linie 516 von Hennef nach Vilich-Müldorf. Seine Fahrgäste seien froh, dass er überhaupt fahre, niemand beschwere sich. „Das geht über Birlinghoven, da wird alles ruhig bleiben. Hier sind ja fast nur private Unternehmen unterwegs. Der Kollege aber, der nach Uckerath fährt, hat den Bus gleich brechend voll.“