Bağlama-Unterricht in TroisdorfZwischen Rap und alten Weisen

Mustafa Bozoglan (l.) unterrichtet an der Baglama. Dilan (r.) und Berdan Uzun haben bei ihm jede Woche Unterricht.
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Troisdorf – Der elfjährige Berdan hört in seiner Freizeit am liebsten Rap-Musik. Seine Schwester Dilan (13) liebt englische Songs. Das Lied aber, dass die beiden Schüler im Haus International ihrem Instrument entlocken, ist ein Klassiker der türkischen Volksmusik. „Sobald ich auf die Welt kam, begann mein Kampf“, hat Asik Veysel, einer der berühmtesten Volkslied-Dichter einst getextet, der in „Uzun İnce Bir Yoldayım“ das Leben als endlose und harte Wanderschaft beschreibt. Der typische Klang dazu entströmt der Bağlama, seit eineinhalb Jahren haben Berdan und Dilan Unterricht.
Einstieg in die Welt der Töne
Damals hat Mustafa Bozoğlan im Troisdorfer Mehrgenerationenhaus, seit vielen Jahren Anlaufstelle (längst nicht nur) für Menschen mit Migrationshintergrund, die ersten Schüler unterrichtet. „Wir möchten, dass die Kinder den Bezug zur Musik bekommen“, erklärt die Leiterin Claudia Hoffmann, wie es damals zur Aufnahme des Instruments in das Angebot der städtischen Musikschule kam, die Kooperationspartner ist. Der Bağlama-Unterricht liefert den Einstieg in die Welt der Töne „mit dem Instrument, das sie von zu Hause kennen“. So wie Samed aus Sankt Augustin, den es „fasziniert hat, auch mal selbst zu spielen“. Heute hört er nur noch wenig Rap, beherrscht die Bağlama seinen Musikkonsum. Keine Überraschung übrigens für Mustafa Bozoğlan. „In der Türkei spielt die traditionelle Musik trotz Rock und Pop eine ganz große Rolle“.
Zwei Dutzend hochwertige Instrumente hat die Musikschule angeschafft, rund 20 Schüler nehmen derzeit an den Gruppen teil, die sich am Montag, Dienstag und Donnerstag Nachmittag an der Nahestraße treffen. „Mindestens acht Jahre“ sollten die Anfänger alt sein, so der Lehrer. Ein bisschen lesen sollten sie können, und ganz ohne Mathematik kommt niemand aus, der einen Rhythmus verstehen will. Nach oben gibt es keine Grenze. Da spielen Vater und Sohn gemeinsam in einem Kurs; gerade hat sich ein türkischer Arzt angemeldet. Der muss seinen Unterricht allerdings selbst bezahlen, während Jugendliche bis 15 Jahre umsonst geschult werden.
„Es ist nicht mehr schwer, wenn man’s kann“, sagt Dilan über die auch als „türkische Laute“ bezeichnete Bağlama; doch vor den Erfolg haben die Götter das Üben gesetzt: Die ersten zehn bis 15 Wochen lernen Anfänger erst einmal die Noten, es folgen Übungen und erst im vierten Monat greifen die Neulinge zum Instrument mit dem bauchigen Klangkörper und dem langen Hals.
Viermal pro Woche übt Dilan, wenn im Altenforst-Gymnasium Klassenarbeiten anstehen. Sonst ist es täglich eine halbe Stunde. Neben der Praxis spielt im Unterricht auch die Theorie eine Rolle, Hintergrund gibt es zudem zu den Stücken, die geübt werden.
Ein Meister seines Faches ist der 35-jährige Lehrer Mustafa Bozoğlan. Fünf Jahre hat er am Ege-Konservatorium in Izmir türkische Volksmusik und europäische Musik studiert, außerdem ist der Sieglarer auch Instrumentenbauer. Hauptberuflich ist er bei der alevitischen Gemeinde Köln angestellt – für die islamische Glaubensrichtung spielt der Klang des Instruments, das über Vierteltöne verfügt, eine wichtige religiöse Rolle. „Man kann aber auch Mozart spielen, Jazz und Blues“. Den Beweis dafür tritt Bozoğlan gleich an: Mit Mozarts Rondo „Alla turca“, dem türkischen Marsch.