Einmal pro Woche kommen in den Gemeinden Menschen zusammen, die allein sind, oder einfach nicht genug Geld haben, um sich zu versorgen.
AngebotKirchen in Hennef und Troisdorf versorgen Bedürftige und Einsame mit einem Mittagessen
Gute Laune herrscht am Mittwochmittag in den Kirchen in Troisdorf-Oberlar und Hennef. „Essen in Gemeinschaft“ ist das Motto der Aktion, die im März in der evangelischen Christuskirche in Hennef begonnen hat. Einmal pro Woche kommen im Gemeindesaal Menschen zusammen, die allein sind, Gesellschaft suchen oder einfach nicht genug Geld haben, um sich selbst zu versorgen.
Ob Reisgerichte, Nudelgerichte oder ein Kartoffelauflauf: Das Angebot an warmen Mahlzeiten variiert von Woche zu Woche. Dazu gibt es selbstgemachten Salat und Nachtisch. „Wir achten darauf, viel Regionales anzubieten. Dazu sind die meisten unserer Gerichte vegetarisch oder vegan“, sagt Pfarrerin Annekathrin Bieling.
Mittagstisch in Hennef und Troisdorf: Niemand muss sich outen
Und das Angebot wird dankend angenommen. Schon vor dem eigentlichen Beginn um 12.30 Uhr versammeln sich die Gäste im Gemeindesaal an den Tischen. Doch man muss sich nicht schlecht oder bedürftig fühlen. „Niemand muss sich hier outen“, betont die Pfarrerin. Das Essen ist hier vielmehr ein Mittel zur Begegnung, „dass man ins Gespräch kommt und merkt, wo es hapert und wo man noch weiterhelfen kann“, sagt Renate Bonzol, eine der Ehrenamtlichen.
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Obwohl das Angebot alle anspricht, sind hier vor allem ältere Menschen anzutreffen, die allein leben und deshalb Gesellschaft suchen. So erzählt Hans Schröder (87): „Ich bin seit 16 Jahren verwitwet, die Kinder wohnen weit weg. Da bin ich froh, wenn man ein bisschen Gesellschaft hat.“ Auch im Kirchenchor ist er aktiv.
Die Gesprächsthemen an den Tischen sind alltäglich: ob es Probleme beim Anziehen der Socken sind oder wie man sich daran erinnert, über den Tag genug zu trinken. Dass das Altwerden nicht leicht ist, da sind sich alle einig.
Daniel Pöhler gehört mit seinen 44 Lebensjahren zu den jüngeren Gästen. In der Schule habe er immer hinten gesessen, doch hier habe er sich gern zu den anderen nach vorn gesetzt. Der Bürgergeldempfänger geht hier essen, da sein Kühlschrank öfter leer sei. Die Gäste können sich nämlich auch etwas mitnehmen. Dazu bringen sie ihre eigenen Tupperdosen mit. Wer möchte, gibt eine Spende. Doch die Kirche bekommt auch Fördermittel von der Stadt Hennef und der Landeskirche.
Manchmal kommen den Ehrenamtlichen die Tränen
Lydia Jüschke, eine der 20 Ehrenamtlichen in Hennef, beschreibt es als Win-win-Situation: „Eigentlich müsste man schon für diese Arbeit bezahlen. Es ist so schön zu sehen, wie die Menschen sich freuen und ihre Dankbarkeit ausdrücken. Da kommen einem die Tränen.“
Nachdem das Angebot in Hennef ziemlich erfolgreich gelaufen war, wurde im Juli auch in Troisdorf-Oberlar die katholische Kirche Heilige Familie jeden Mittwoch zum Mittagessen geöffnet. Die Aktion aus Oberlar trägt den Titel „Mahlzeit+“ und ist ein ökumenisches Projekt.
Anders als in Hennef wird die warme Mahlzeit hier direkt im Kirchenraum angeboten, also dort, wo auch die Messen stattfinden. Entsprechend kalt ist es hier im Winter. Aber die Suppe wärmt von innen, die eine nahegelegene Metzgerei zur Verfügung stellt. Es ist jedoch geplant, einen separaten Veranstaltungsraum zu errichten, der sich vom Kirchenraum abgrenzt. Auch eine neue Küche und neue Sitzmöbel soll es geben.
Zielgruppe sind sozial Bedürftige, Obdachlose und Senioren
Die Zielgruppe von „Mahlzeit+“ sind sozial Bedürftige, Obdachlose und Senioren, bei denen die Rente nicht ausreicht. Auch ukrainische Flüchtlinge gehören zu den Gästen. „Wir können natürlich keine soziale Beratung geben, aber im Zweifel vermitteln wir unsere Gäste auch an die Diakonie oder die Caritas“, berichtet Diakon Klaus Ersfeld. Er hat das Projekt mit dem evangelischen Pfarrer Michael Lunkenheimer und Thomas Zumstrull von der Caritas ins Leben gerufen.
Auch in Troisdorf trifft sich regelmäßig eine Gruppe älterer Herren, die allein leben und sich freuen, wenn sie mal nicht selbst kochen müssen und jemandem zum Reden haben. Ein 83-Jähriger erzählt, seine Frau sei vor 19 Jahren gestorben. Er komme vor allem zum Mittagstisch, um sich mit Gesprächen geistig fit zu halten.
Die 65-jährige Nadiia Korolova ist Ende März 2021 aus der ukrainischen Stadt Tscherkassy mit ihrer Familie nach Troisdorf geflohen. Sie war 31 Jahre lang Lehrerin und hat mehrere Bücher geschrieben. Jetzt ist sie im Ruhestand und hat bereits mehrere ukrainische Kulturabende in Troisdorf organisiert. Auch sie kommt regelmäßig zum Essen in die Kirche nach Oberlar und trifft sich hier mit ukrainischen Landsleuten.
25 Ehrenamtliche stemmen das Mittagangebot in der Troisdorfer Gemeinde
Damit das Mittagessen jede Woche zustande kommen kann, arbeiten insgesamt 25 Ehrenamtliche an dem Projekt mit. Außer den Kräften für Küchendienst und Essensausgabe gibt es auch Ehrenamtliche, die einfach nur mit den Gästen sprechen. Sie ermutigen sie, zeigen Interesse für die Menschen und ihre Probleme. In der Küche spülen Anita Richter (78) und Michaela May (74) Kaffeetassen, Teller und Besteck. Warum sie das machen? Aus Dankbarkeit. Sie hätten ein so schönes Leben, da könne man Menschen, denen es nicht so gut gehe, doch mal was zurückgeben.
„Es war ja schon ein Wagnis, aber das Projekt wurde von Anfang an gut angenommen und es spricht sich schon herum“, sagt der Ehrenamtler Hans Jürgen Jungbluth. Man spüre nicht nur die Dankbarkeit der Gäste, auch die Ehrenamtler untereinander verstünden sich gut.
„Mahlzeit+“ findet jeden Mittwoch von 12 bis 14 Uhr in der Katholischen Kirche Heilige Familie in Troisdorf-Oberlar statt.
Der Mittagstisch in Hennef wird jeden Mittwoch ab 12.30 Uhr in der evangelischen Christuskirche angeboten.