Hollywood in TroisdorfCasting für Agentenfilm mit Diane Kruger
Troisdorf – Zugegeben, die Figur verrät nicht mehr den Marathonläufer, und wie jemand aus dem Nahen Osten sehe ich auch nicht aus. Doch das trifft auf viele in der 200 Meter langen Schlange vor der Stadthalle zu. Sie alle wollen im Spionage-Thriller „The Operative“ – einem Kinofilm mit den Hollywood-Stars Diane Kruger und Martin Freeman – mitwirken. Und sei es nur als Komparse.
„Wir brauchen 30 sportliche Männer und Frauen, die Mossad-Agenten spielen werden“, außerdem iranische Gesichter. So hieß es im Casting-Aufruf der Agentur Eick. Aber auch deutsch Aussehende, die Lehrer, Passanten oder Restaurantgäste mimen sollen, dürfen sich Hoffnung machen.
Der blonde Dano Himmelrath etwa. „Aus Jux und Dollerei“ ist der 39-Jährige aus Niederkassel nach Troisdorf gekommen. Tochter Anna (10) ist dabei, Schulkinder sind nämlich ebenso gefragt. „Ich würde gern ein Restaurantbesucher sein, Mossad-Agent eher nicht“, sagt Himmelrath, der im realen Leben als Veranstaltungsberater arbeitet. Unsere erste Erkenntnis: Wer zum Film will, muss Geduld haben. Etwa eine Stunde steht man bis zum Einlass.
„Ich bin der René“, stellt sich ein Helfer vor. „Zuerst füllt ihr einen Datenbogen aus“, steht auf einem Schild mit den Konterfeis von Kruger und Freeman. Unter Schauspielern geht es halt locker-vertraut zu, denke ich mir und greife zum Kugelschreiber.
Eine der Fragen lautet: „Würden Sie sich für den Film den Bart abrasieren?“ Da muss ich als Nichtbärtiger eine Weile überlegen, ehe ich – kann ja nicht schaden – „ja“ ankreuze, wie auch bei „Hund vorhanden“. Sogar nach Schuhgröße, Halsumfang und der Marke meines Autos wird gefragt. Bei Letzterem könnte ich punkten, eine „Ente“ dürften die wenigsten haben. Ich sehe mich schon bei einer wilden Verfolgungsfahrt mit Freeman & Co....
Gute Karten hat sicher Noah Forouzan. Seine Eltern stammen aus dem Iran, was man dem 21-Jährigen ansieht. Außerdem studiert er seit einem Jahr an der Siegburger Schauspielschule. Seine Wunschrolle: „Ein Geheimagent, aber im Hintergrund mit ein oder zwei Sätzen vielleicht, das würde mich freuen.“
Seine Kommilitonin Eileen Umeh (23), deren Vater nigerianische Wurzeln hat, füllt auch den Bogen aus. Jetzt geht es zum Fotografen. Jeder bekommt ein DIN-A4-Blatt mit einer Nummer. Ich bin die TR0083. 007 wäre natürlich cooler. „Bitte einmal auf die Markierung stellen und die Haare aus dem Gesicht streichen“, ruft der Mann mit der Kamera und drückt ab. Damit wäre das Shooting schon mal erledigt.
In den Raum mit dem Schild „Video-Casting“ werde ich allerdings nicht gebeten. „Da spielen die Bewerber etwas aus dem Film vor“, erklärt Gregor Weber von der Agentur Eick. Die Regieassistenz ist vor Ort. In der Halle geht es zu wie in einem Taubenschlag. Weber behält die Übersicht und „sortiert“. Eine junge Frau („Als Schauspielerin interessiere ich mich natürlich für Sprechrollen“) schickt er hierhin, einen jungen Mann mit arabischem Äußeren dorthin: „Du wirst für einen Agenten gecastet.“
Dann spricht er zu einer Gruppe von Leuten, die den begehrten grünen Zettel erhalten haben. „Ihr werdet Passanten spielen. Gedreht wird am 19. Juli oder am 20. und 21. Juli in Köln. Schaut mal, ob ihr da könnt und schickt bis Dienstag eine E-Mail, dass ihr wirklich dabei seid.“
Renate Schönberg (69) ist dabei, mal wieder. „Ich kann es nicht mehr zählen“, sagt die Rheinbacherin, so oft habe sie schon vor der Kamera agiert. Reichlich Erfahrung hat auch Katja Pütz aus Niederkassel-Ranzel. „Ich stecke da drin, seit ich 16 war“, erzählt die Erzieherin. Angefangen habe es mit einer TV-Pilotserie, die jedoch nie ausgestrahlt worden sei. Danach folgten für die heute 20-Jährige Engagements für Nachmittagssendungen wie „Verdachtsfälle“ oder „Die Trovatos“. Die Gage nehme man natürlich mit, aber die Hauptsache sei, „es macht viel Spaß“.
Zwei zum Verwechseln ähnliche Männer kommen vom Fotografen. „Das sind bestimmt Zwillingsbrüder“, vermutet jemand. Für mich ein klarer Fall: „Die bewerben sich als Doppelagenten.“ Ich komme mit Prashant Jaiswal ins Gespräch. Den in Indien geborenen Schauspieler, Künstlername Prabhakar, kennt man unter anderem aus dem Stromberg-Film. Er ist aus Göttingen angereist. „Die suchen nicht unbedingt Inder“, sagt der 43-Jährige, aber man habe ihm gesagt, dass sich das einbauen ließe.
Vielleicht spielt er ja einen Ober, denn Dano Himmelrath strahlt: „Ich habe meine Traumrolle!“ Der Niederkasseler darf tatsächlich einen Restaurantgast geben – in einem indischen Restaurant. „Herzlichen Glückwunsch, du bist bei unserem Film ›The Operative‹ dabei“, steht auf seinem Zettel. Am Drehtag, 1. August, muss er von 6 Uhr morgens bis 21 Uhr abends in Köln zur Verfügung stehen. Die Tagesgage, „als kleines Dankeschön“, beträgt 90 Euro. Essen und Trinken gibt es kostenlos am Set.
Bedröppelt schaue ich auf meinen Zettel: „Vielen Dank für deinen Besuch unseres Castings...“ Na ja, kein Happy End, aber Thriller sind eh nicht mein Genre. Oh, das Handy klingelt – Hollywood?!
Dreharbeiten im Großraum Köln/Bonn
Von Mitte Juli bis Mitte August wird für den Kinofilm „The Operative“ im Großraum Köln/ Bonn/Troisdorf gedreht. Anfang Juni hat die internationale Co-Produktion in Israel begonnen. Das Casting für mehr als 400 benötigte Nebendarsteller und Statisten wurde in Troisdorf durchgeführt, weil die Agentur Eick aus Ennepetal dort vor drei Jahren schon einmal für den Kölner „Tatort“ gecastet hat. „Außerdem werden die Leute keine langen Anfahrten zum Set haben“, so Gregor Weber von der Agentur. (kh)