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"Katrins Traumtorten"Batman oder Bagger – Troisdorferin macht aus allem eine Torte

Lesezeit 4 Minuten

Troisdorf – Vorsichtig setzt Katrin Schult die kleinere Torte auf der größeren ab. Beide sind umhüllt von einer weißen Zuckerdecke, die die 28-Jährige glatt streicht und pudert. Mit Perlen aus Zuckerguss verfugt sie die Lücke zwischen den beiden Stockwerken. Dann lässt sie Zuckerzweige an der Hochzeitstorte emporranken und dekoriert ihr Werk mit süßen Blüten und Knospen. Zufrieden mustert Katrin Schult ihr Werk.

Vor etwa drei Jahren habe das angefangen, erzählt die junge Frau, die pinke Gummilatschen trägt und einen Pferdeschwanz. „Mit einem Hochzeitsgeschenk für eine Freundin.“ Ein fünfstöckiges Geschenk, sehr kalorienreich, für das sie 14 Stunden Arbeitszeit brauchte. Da sei sie inzwischen schneller, lacht Katrin Schult. Als sie ein Foto der Torte im Internet veröffentlichte, nahm alles seinen Lauf: Am Anfang backte sie vor allem für Freunde – dann auch für deren Freunde. „Irgendwann ging das so nicht mehr“, sagt sie. Schult entwarf ein Logo, ließ Schürzen bedrucken und meldete ein Gewerbe an: „Katrins Traumtorten“.

Zur Hauptsaison, wenn viel geheiratet wird, bringt es Schult inzwischen auf drei bis vier Torten pro Woche. Sie backt aber auch für Geburtstage, Taufen oder Jahrestage. Die meisten ihrer Kunden kommen aus Troisdorf. Einmal, so Schult, habe sie aber auch eine Kundin gehabt, die drei Stunden mit dem Auto fuhr, um eine Torte abzuholen. Dabei läuft das Geschäft immer noch über Mundpropaganda.

Einen Laden gibt es nicht, nur eine Facebook-Seite mit Fotos. Am Klingelschild in der Troisdorfer Innenstadt steht schlicht „Backstube“. Schon Schults Oma hatte hier gebacken und 1914 zur Straße hin ein Café eröffnet. Dann wurde auch der Vater Konditor, er übernahm das Geschäft. Als er sich zur Ruhe setzte, fand er nur für das Ladenlokal einen Nachmieter. So blieb die Backstube der Familie Schult erhalten. Anders wäre ihr das Tortengeschäft heute auch gar nicht möglich, sagt Katrin Schult. Eine Backstube zu mieten, wäre viel zu teuer.

Sie ist hier aufgewachsen, in der Wohnung direkt über der Backstube, in einer Welt aus Eiern, Butter, Zucker, Mehl. Damals half sie ab und zu mit, das wurde ein Nebenjob. Aber mehr erstmal nicht: Schult begann eine Ausbildung zur Erzieherin, sattelte um und wurde Steuerfachangestellte. Erst später fand sie zu den Torten zurück und übernahm das Rezept für die Buttercreme von ihrem Vater Paul Hebbecker.

Heute kümmert sie sich in der Firma ihres Mannes – einem Hausmeisterservice – um Organisation und Büro. Dabei hat sie flexible Arbeitszeiten – und das Tortenbacken als Nebenerwerb. Ganz offiziell, unter der Aufsicht von Gesundheits- und Ordnungsamt, von Gewerbeaufsicht und Finanzamt. Meistens läuft in der Backstube das Radio, wenn Karin Schult da ist. Alles hier wirkt ein bisschen zu groß – an einem Gitter hängen zehn riesige Schneebesen, neben der Spüle sind unzählige Spritzdüsen aufgereiht. „Am Anfang habe ich mich noch nicht an die Rührmaschinen getraut“, erzählt die junge Frau. Inzwischen gibt es keine Berührungsängste mehr.

Karin Schult hüllt ihre Werke in eine Schicht aus Fondant – eine Zuckermasse, die sich bunt einfärben lässt. Die klassischen Torten sind zweistöckig und rund, aber Schult kann auch anders, spielt mit Farben und Formen. „Ich habe noch nie einen Dekowunsch abgelehnt.“

Sie kann lächelnde Babys aus Zuckerguss modellieren. Auch Schnuffeltücher, Taufschuhe oder Comic-Figuren. Selbst eine Torte mit dem Umriss einer Gitarre war schon dabei. Nur Torten für Jungs seien schwierig, sagt sie. „Weil die so oft Autos wollen.“ Die klappten häufig erst im zweiten Anlauf.

In den drei Jahren ihrer Selbstständigkeit hat Schult schon viel Werkzeug angesammelt: Förmchen und labberige Gummistempel. Sie hat extra eine Maschine gekauft, die Buchstaben aus Zuckerguss stanzt. In einem Kästchen liegen Lebensmittelfarben und Stifte. Damit kann Schult ihren Zuckerfiguren Augenbrauen oder Wimpern malen. Hier lagert sie auch Modellierwerkzeug – „für Augenhöhlen und Ohren“. Die abgerundeten Plastikstäbe sehen aus wie Spielzeug-Zahnarztbesteck.

Zukünftig möchte sie noch mehr vegane oder glutenfreie Rezepte für ihre süßen Kunstwerke testen. „Es gibt keinen Tag, an dem bei uns keine Torte auf dem Tisch steht“, sagt die junge Frau, die erstaunlich schlank ist. Sie experimentiert immer wieder, wenn Familie und Freunde Geburtstag feiern. Oder sie backt einfach vor sich hin. Dabei verrät sie: Bei fremden Buffets isst sie selbst am liebsten Rührkuchen. Ganz schlicht zur Abwechslung.

Ihre eigene Website baut Katrin Schult gerade auf, bei Facebook hat sie ein öffentliches Künstlerprofil mit Fotos ihrer Kreationen. www.katrinstraumtorten.de

facebook.com/katrinstraumtorten